Im Porträt

BMW-CEO mit langem Atem vor seiner vorletzten Bilanzvorlage

Oliver Zipse steht kurz vor seiner vorletzten Bilanzvorlage als Vorstandschef von BMW. Dennoch ist er weniger umstritten als die Chefs der Wettbewerber, deren Abschied noch nicht feststeht.

BMW-CEO mit langem Atem vor seiner vorletzten Bilanzvorlage

BMW-CEO mit langem Atem vor seiner vorletzten Bilanzvorlage

Von Stefan Kroneck, München

Wenn es nach den Plänen des Aufsichtsrats von BMW geht, wird Oliver Zipse am Freitag kommender Woche in seiner Rolle als Vorstandsvorsitzender seine vorletzte Bilanzvorlage abhalten. Ende September 2023 entschied das Kontrollgremium, seinen Vertrag vorzeitig um weitere zwei Jahre bis August 2026 zu verlängern. Der Münchner Autohersteller machte seinerzeit von einer Ausnahme bei der sonst üblichen Altersgrenze für Top-Führungskräfte von 60 Jahren Gebrauch. Zipse ist am 7. Februar 61 Jahre alt geworden. Wenn er im kommenden Jahr das Zepter an einen Nachfolger übergibt, ist er 62.

Die Entscheidung gegen die Gepflogenheiten war vor allem ein Vertrauensbeweis von Aufsichtsratschef und Ex-CEO Norbert Reithofer sowie den beiden Großaktionären Stefan Quandt und dessen Schwester Susanne Klatten für den erfahrenen Maschinenbauingenieur und Betriebswirt. Offensichtlich traute man ihm mehr zu, die derzeit kritische Phase des Übergangs zur Elektromobilität in geordnete Bahnen zu lenken, als einem Neuen an der Spitze des Unternehmens, der sich erst noch in die Position einarbeiten müsste. BMW hat nicht die Zeit für solche Experimente.

Eine Übergangsphase zeichnet sich ab

Als Favorit für seine Nachfolge aus den eigenen Reihen gilt Produktionsvorstand Milan Nedeljkovic (Jahrgang 1969). Der promovierte Maschinenbauingenieur leitet das Schüsselressort im obersten Führungsorgan seit Oktober 2019. Aber auch Finanzvorstand Walter Mertl (Jahrgang 1974) werden gute Chancen nachgesagt, Zipse zu beerben. Der Betriebswirt rückte im Mai 2023 in den Vorstand auf.

Damit zeichnet sich eine neue Ära beim traditionsreichen Unternehmen ab, Denn Reithofers designierter Nachfolger als Chefaufseher, der frühere Finanzvorstand Nicolas Peter (62), soll nach einer zweijährigen „Abkühlphase“ am Ende der diesjährigen Hauptversammlung am 14. Mai neuer Aufsichtsratsvorsitzender werden. Der 68-jährige Reithofer führt das Gremium seit nahezu zehn Jahren. Das Tandem Peter-Zipse wurde daher für eine Übergangsphase die Geschicke des Konzerns leiten, bis ein neuer CEO sein Amt antritt.

Fest im Sattel

In dieser Zeit ist aber Zipse auch dann keine sogenannte „lahme Ente“ an der Konzernspitze. Er wird stringent seine Strategie weiterverfolgen. Sein Nachfolger könnte nahtlos an diesem Konzept anknüpfen. Zipse sitzt weiterhin fest im Sattel. Denn im Vergleich zu den Wettbewerbern Mercedes-Benz und Volkswagen ist BMW unter seiner Regie erfolgreicher unterwegs in der Transformation von Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren (Benziner und Diesel) zu Pkw mit Hybridantrieb bzw. reinem batteriebetriebenem Motor. Während die beiden deutschen Konkurrenten im vergangenen Jahr Absatzrückgänge verzeichneten, konnten die Oberbayern Zuwächse verbuchen.

Zipse plädierte von Anfang an für „Technologieoffenheit", das heißt einem mehrgleisigen Antriebskonzept, statt beim Umbau einseitig auf E-Autos zu setzen. Er bewies einen langen Atem. Denn diese Strategie zahlt sich nun aus, da die Nachfrage nach E-Autos immer noch relativ zurückhaltend ist. Nach ersten Fehlern in der Modellpolitik kopieren manche Wettbewerber mittlerweile Zipses Ausrichtung, zumal die EU-Politik von ihren einst strengen zeitlichen Umstellungsvorgaben abrückt.

Trümpfe in der Hand

Wenn Zipse also am 14. März die Konzernbücher offenlegt, hat er auf operativer Geschäftsebene einige Trümpfe vorzuweisen. Bei einem weitgehend unverändert erwarteten Konzernumsatz rechnen Analysten allerdings damit, dass BMW 2024 einen Gewinnrückgang verbucht. Mehrkosten bei Bremssicherungssystemen und negative Bewertungseffekte bei Zinssicherungsgeschäften drückten zuletzt deutlich auf die Gewinnmarge.

Vor dem Hintergrund der nach wie vor schwierigen Lage der europäischen Autoindustrie wird sich das Interesse der Anleger vor allem auf den Ausblick von Zipse und seinen Vorstandskollegen für das laufende Jahr konzentrieren.

Der CEO steht für altbewährte Tugenden des Unternehmens. Er ist ein BMW-Eigengewächs. Sein gesamtes bisheriges Berufsleben verbrachte er beim weiß-blauen Dax-Mitglied. Der verheiratete Vater von zwei erwachsenen Söhnen arbeitet für das Unternehmen seit 34 Jahren. Nach außen strahlt er Ruhe, Gelassenheit und Ausgeglichenheit aus. Bei öffentlichen Auftritten wirkt er stets geordnet und aufgeräumt.

Aufstieg an die Konzernspitze war zufällig

Seit dem Frühjahr 2015 gehört Zipse dem obersten Führungsgremium an – zunächst mit der Verantwortung für die Produktion. Sein Aufstieg an die Konzernspitze war eher ein Zufall. Zipse folgte Mitte August 2019 auf den seinerzeit amtsmüde gewordenen CEO Harald Krüger. Sein Vertrag wäre ursprünglich bis August 2024 gelaufen.

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