CEO kämpft mit vielen Unwägbarkeiten

Chef von Infineon unternimmt neuen Anlauf

Jochen Hanebeck hat in seiner Position als CEO des Chipkonzerns Infineon derzeit mit vielen Unwägbarkeiten zu kämpfen.

Chef von Infineon unternimmt neuen Anlauf

Chef von Infineon unternimmt neuen Anlauf

Von Stefan Kroneck, München

Jochen Hanebeck steht unter großem Erwartungsdruck. Wenn der Vorstandsvorsitzende von Infineon am kommenden Dienstag die Zahlen fürs zurückliegende Quartal präsentiert, werden diese schwach ausfallen. Im Vergleich zum Dreimonatsabschnitt davor, also von Juli bis September 2024, rechnen Analysten mit einem Umsatzrückgang von nahezu 20% und einem deutlich überproportionalen Einbruch des operativen Gewinns von mehr als 40%.

Nach den Vorstellungen des CEO von Deutschlands größtem Halbleiterhersteller könnte mit den Herbstmonaten Oktober bis Dezember der Tiefpunkt erreicht worden sein. Der hochgewachsene Diplom-Elektotechniker (Jahrgang 1968) hofft, dass die Abnehmer ihre Chip-Lagerbestände so weit abgebaut haben, dass deren Bedarf für Neuanschaffungen wächst. Damit unternimmt Hanebeck in diesem Jahr einen zweiten Anlauf mit seiner Prognose, dass die Lage sich aufhellt und das zyklische Branchentief endlich überwunden wird. Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr hatte er sich verschätzt. Die Konjunkturschwäche erwies sich als zäher als gedacht. Der Konzernchef des Dax-Mitglieds mit Sitz in Neubiberg südlich von München musste seinen ursprünglichen Ausblick ad acta legen, dass alsbald ein Branchenaufschwung einsetzt. Hanebeck war seinerzeit zu optimistisch gestimmt. Die Wirtschaftsflaute in China dämpfte die Erwartungen der internationalen Chipindustrie.

Unbeirrt unterwegs

Wenn man den Analysten Glauben schenkt, dürften sich im laufenden und in den noch kommenden beiden Dreimonatsabschnitten des Geschäftsjahres 2025 (30. September) die Konzernerlöse und die Profitabilität des Hightech-Unternehmens schrittweise erhöhen. Allerdings ist in diesen Einschätzungen der Experten noch nicht Donald Trump berücksichtigt. Trotz seines zuletzt angekündigten Milliarden-Investitionscoup für KI, der ein Kursfeuerwerk an den Börsen auslöste, gilt der gerade in sein Amt eingeführte US-Präsident als Risikofaktor für den schwankungsanfälligen und kapitalintensiven globalen Chipmarkt. Die Furcht geht um, dass der exzentrische Republikaner einen abermaligen Handelskrieg entfachen könnte, der vor allem die Chipindustrie träfe.

Hanebeck lässt sich von diesen politischen Unwägbarkeiten nicht verunsichern. Angesichts der angespannten Gesamtsituation fährt er mit seinem Geschäftskonzept derzeit auf Sicht. Mit groß angelegten Szenerien für bestimmte Eintrittwahrscheinlichkeiten in der Geopolitik hält er sich nicht auf. Auch zuletzt aufgekommene Zweifel der Investoren, dass der Westen im Wettstreit um die Dominanz auf dem Feld der künstlichen Intelligenz (KI) gegenüber China ins Hintertreffen geraten könnte, prallen an ihm ab. Der kühne Vorstoß des chinesischen Start-ups sorgte jüngst an den Börsen bei der Bewertung etablierter Technologiewerte für Schockwellen, doch Hanebeck verfolgt unbeeindruckt sein strategisches Konzept eines Anbieters von Hochleistungshalbleitern auf diversen Wachstumsfeldern.

DAX-Underperformer

Dass bei dieser Ausrichtung der Eindruck am Markt derzeit überwiegt, bei Infineon handele es sich mehr um einen Zulieferer der Autoindustrie als um einen Chipvollsortimenter in der hochpreisigen Angebotspalette, ist dem Umstand geschuldet, dass rund die Hälfte des Konzernumsatzes elektronische Bauelemente für Steuerungssysteme batteriebetriebener Fahrzeuge und Pkw-Sensortechnik ausmachen. Infineon wird damit von manchen Anlegern als Teil der Elektromobilität wahrgenommen, die insbesondere im deutschen Heimatmarkt des Dax-Mitglieds ins Stottern geraten ist.

Die holprige Transformation zur Elektromobilität ist auch ein Aspekt, der die Kursperformance der Infineon-Aktie dämpft. Seit April 2022, als Hanebeck den Posten des CEO von seinem Amtsvorgänger Reinhard Ploss übernahm, hat das Papier gerade mal 8% an Wert gewonnen. Der deutsche Leitindex legte im gleichen Zeitraum um mehr als die Hälfte zu. Unter Hanebecks Regie erweist sich der Titel bislang als deutlicher Underperformer. Hanebecks Beharrlichkeit und sein Stehvermögen können aber dazu beitragen, dass sich eines Tages auf dem Kurszettel das Blatt für Infineon wendet. Zeit für mehr Überzeugungskraft hat der gebürtige Dortmunder noch. Sein Vertrag läuft bis Ende März 2027.