Cum-ex-Aufklärer wegen Wirtschaftsspionage vor Gericht
Cum-ex-Aufklärer wegen Wirtschaftsspionage vor Gericht
dpa-afx Zürich
In Deutschland wird er als Aufklärer der dubiosen Cum-ex-Geschäfte gefeiert, in der Schweiz muss sich der Anwalt Eckart Seith aus Stuttgart erneut gegen den Vorwurf der Wirtschaftsspionage verteidigen. Die Staatsanwaltschaft hatte für ihn Sicherungshaft wegen Fluchtgefahr beantragt. Seith bezeichnete das in einer Verhandlungspause am Obergericht Zürich am Montag als „Kampfansage“. Richter Beat Gut stellte klar, ihm drohe keine Verhaftung.
Seiths Anwalt plädierte auf Freispruch. „Die Schweiz würde sich ja sonst als Rückzugsort der internationalen Finanzmarktkriminalität präsentieren“, sagte Seith der Deutschen Presse-Agentur vor der Verhandlung. Vor dem Gerichtsgebäude in Zürich demonstrierte unter anderem die frühere Kölner Cum-ex-Staatsanwältin Anne Brorhilker mit einem Plakat für den Freispruch von Seith. Als Seiths Verteidiger trat auch der frühere NRW-Justizminister, Peter Biesenbach, auf. Er äußerte Unverständnis darüber, dass das Verfahren nicht eingestellt werde. Schließlich habe Seith dazu beigetragen, „das größte Finanzverbrechen der vergangenen Jahrzehnte“ aufzuklären.
Zentrale Rolle von Seith
Seith hat vor Jahren illegale Anlagegeschäfte namhafter Banken für die öffentliche Hand aufgedeckt. Die Schweizer Staatsanwaltschaft sieht aber eine Straftat darin, dass er sich dafür interne Dokumente der Schweizer Bank J. Safra Sarasin besorgte und der deutschen Justiz vorlegte. Sie wirft ihm unter anderem wirtschaftlichen Nachrichtendienst vor und verlangt eine Haftstrafe. Die Vorfälle beziehen sich auf das Jahr 2013. Seith erstritt in Deutschland für einen Mandanten Schadenersatz, der durch die von der Schweizer Bank vermittelten Cum-ex-Anlagen 50 Mill. Euro verloren hatte.
„Er muss freigesprochen werden, weil er getan hat, was man von jedem Menschen erwartet“, sagte Brorhilker der dpa. „Als er eine schwere Straftat festgestellt hat, hat er die Behörden informiert.“
Kriminelle Cum-ex-Geschäfte
Erst Seiths Unterlagen hätten die Cum-ex-Ermittlungen ins Rollen gebracht, sagte Brorhilker. In Deutschland gab es inzwischen mehr als ein Dutzend Verurteilungen gegen Beteiligte an den Cum-ex-Geschäften. Damit wurden Anlegern Traumrenditen versprochen. Grundlage dafür waren verwirrende Aktienverschiebungen, die dazu führten, dass eine nur einmal gezahlte Kapitalsteuer mehrfach ausgezahlt wurde. Brorhilker war Cum-ex-Chefermittlerin bei der Staatsanwaltschaft Köln. Sie verließ den Staatsdienst mit scharfer Kritik an der aus ihrer Sicht unzureichenden Aufarbeitung des Steuerskandals. Sie ist heute Co-Geschäftsführerin des Vereins Finanzwende, der sich als für faire, stabile und nachhaltige Finanzmärkte einsetzt.
Die Schweiz und Finanzmarktkriminalität
Seith hatte Unterlagen auch Schweizer Behörden zur Verfügung gestellt. Die Staatsanwaltschaft Zürich ermittelte aber nicht gegen die Bank, sondern Seith sowie zwei Mitangeklagte, die ihm als Angestellte der Bank bei der Beschaffung der Dokumente geholfen haben sollen. Deshalb wirft die Staatsanwaltschaft ihm auch Anstiftung zur Verletzung des Bankgeheimnisses vor. Seith wurde im ersten Prozess 2019 weitgehend freigesprochen.
Der Fall ging dann aber durch weitere Instanzen und ist nun wieder beim Obergericht gelandet. Die Verhandlung wurde auf Donnerstag (12. Dezember) vertagt.