Der Sportler Blume mag den Wettbewerb mit BYD & Co.
Der Sportler Blume mag den Wettbewerb mit BYD & Co.
Von Carsten Steevens, Hamburg
Seit September 2015 ist Oliver Blume Porsche-Chef, seit September 2022 steht der gebürtige Braunschweiger und promovierte Machinenbau-Ingenieur auch an der Spitze des Mutterkonzerns VW.
Der deutschen Delegation, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in den anstehenden Tagen beim Besuch in China begleitet, wird Oliver Blume nicht angehören. Das habe „terminlich nicht reingepasst“, sagt der 55-Jährige am Donnerstagabend bei seinem ersten Auftritt als Volkswagen-Konzernchef im Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten mit Verweis auf eine andere wichtige Auslandsreise. Das Fernbleiben in China habe er mit Scholz, mit dem es einen regelmäßigen Austausch über das Verhältnis zwischen Deutschland und China gebe, schon vor einigen Wochen abgestimmt.
Viel auf Reisen
Wenige Tage später, am Sonntag kommender Woche, werde er nach China reisen, fügt Blume hinzu. Für den 24. April, kurz vor Beginn der Beijing International Automotive Exhibition (Auto China), haben die Wolfsburger Investoren zu einem Kapitalmarkttag eingeladen. Da soll der in den vergangenen anderthalb Jahren eingeleitete Kurs im weltgrößten Automarkt erläutert werden, in dem der Konzern weiterhin eine führende Rolle spielen will.
Es gebe ja viele Bedenken, wie sich westliche Automobilhersteller in China behaupten, sagt Blume. Der VW-Konzern sei insgesamt mit einem Anteil von rund 14% nach wie vor Marktführer. Man tue sich aber schwer mit der Elektromobilität - den Anteil in diesem Segment beziffert Blume mit unter 5%. Es gebe viele neue Wettbewerber in dem Markt , zudem habe man den rasanten Hochlauf der Elektromobilität in China „etwas unterschätzt“.
Mehr Tempo
Beim Kapitalmarkttag will VW nach den Worten des seit September 2022 amtierenden Konzernchefs Pläne mit der komplett überarbeiteten, auf das chinesische Ökosysystem angepassten Produktstrategie vorstellen. In China für China, heißt die Losung. Das bedeutet auch „China Speed“. Blume verweist auf das neue größte Entwicklungszentrum des Konzerns außerhalb Deutschlands in der ostchinesischen Anhui-Provinz, das auf intelligente, vollvernetzte Elektrofahrzeuge ausgerichtet bis Ende dieses Jahres 3.000 Software-Entwickler beschäftigen und beim Aufholen von VW eine wichtige Rolle spielen soll.
Fortschritte in Chinas E-Fahrzeugsegment macht der VW-Chef am ID3 fest, der sich vor zwei Jahren „gar nicht verkaufen ließ“, nach einem Kostenprogramm und dadurch möglichen Preissenkungen inzwischen aber ein Bestseller sei. Blume verweist auf neue E-Fahrzeugprojekte, die auch mit neuen Partnern in China wie Xpeng entwickelt und in den kommenden zwei bis drei Jahren auf den Markt gebracht würden. Audi werde neu entwickelte Fahrzeuge bringen, Porsche in diesem Jahr neben dem Taycan den vollelektrischen Macan.
Drei Jahre Durststrecke
Die „Durststrecke“, bis es mit den geplanten E-Fahrzeugprodukten in drei Jahren, so der Konzernchef, „richtig losgehen“ werde, will der Konzern mit Verbrenner- und Hybridmodellen überbrücken, für die es außerhalb der Tier-1-Metropolen größere Nachfrage gebe.
Mit Blick auf Warnungen vor einer zu großen Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China erteilt Blume dem „Decoupling“ eine Absage. „Das wäre für unsere ganze Wirtschaft gar nicht möglich, weil hunderttausende Arbeitsplätze in Deutschland auch von der Zusammenarbeit mit China abhängen.“ VW werde in China weiter investieren, wie auch zusätzliche 2,5 Mrd. Euro für den Anhui-Standort zeigen. Man werde aber genau auf eine mit anderen Markregionen ausbalancierte Volumenverteilung achten.
Gegen Strafzölle
EU-Pläne für Strafzölle, die preisgünstigere E-Autos chinesischer Hersteller wie BYD in Europa verteuern würden, sieht der VW-Chef kritisch. Er sei „Freund eines freien Welthandels“ und plädiere eher dafür, noch mehr Handelsabkommen zu schließen. Ziel müsse sein, zu einem fairen Umgang in den Handelsbeziehungen zu kommen.
Wettbewerb sei positiv, sagt Blume weiter. „Ich bin selbst Sportler, da ist es genauso: Wenn man einen guten Wettbewerb hat, ist man selbst gezwungen, besser zu werden.“ Man dürfe sich „nicht verrückt machen lassen", wenn chinesische Hersteller nach Europa kämen, sondern müsse sich auf die eigenen Stärken besinnen. „Wir haben eine japanische Welle gehabt, wir haben eine koreanische Welle gehabt, da haben wir uns als europäische Automobilindustrie auch behauptet.“