Milliarden-Investitionen

Deutschlands Zukunftsprojekte mit Fragezeichen

Northvolt, Intel und Wolfspeed wurden mit viel Pomp und Milliarden nach Deutschland gelockt, doch hinter den Projekten stehen nun viele Fragezeichen.

Deutschlands Zukunftsprojekte mit Fragezeichen

Fragezeichen hinter Deutschlands Zukunftsprojekten

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Wenn man über Menschen schreiben möchte, mit denen man Industriepolitik in Deutschland assoziiert, kann man natürlich über den aktuellen Wirtschaftsminister Robert Habeck schreiben oder über Ursula von der Leyen, deren Entscheidungen als EU-Kommissionspräsidentin direkten Einfluss auf die Industriepolitik in Deutschland haben. Oder aber man greift drei Unternehmensführer heraus, mit denen sich die deutsche Politik kürzlich noch schmückte und denen die Verantwortlichen den roten Teppich ausgerollt hatten. Die aber mittlerweile in ihren Unternehmen in Ungnade gefallen sind und deren Scheitern eben auch Folgen für Deutschland haben wird.

Pat Gelsinger, CEO von Intel, wollte in Magdeburg ein Werk bauen.
Source: Bloomberg/Annabelle Chih

Die Rede ist von Peter Carlsson, Gregg Lowe und Pat Gelsinger. Die Chefs von Northvolt, Wolfspeed und Intel wurden allesamt Ende vergangenen Jahres vor die Tür gesetzt, weil ihr jeweiliges Unternehmen tief in der Krise steckt. Das hat weniger mit ihrem Engagement in Deutschland zu tun, dürfte aber hierzulande spürbar sein. Denn mit allen dreien wurden in Deutschland Vereinbarungen getroffen über Milliardeninvestments, unterstützt von der Politik ebenfalls mit Milliarden. Allein fast 10 Mrd. Euro hat der deutsche Staat Intel zugesagt, damit der US-Konzern ein Werk in der Nähe von Magdeburg errichtet. Das Projekt wurde von den Amerikanern auf unbestimmte Zeit verschoben, ebenso wie der Bau einer Produktionsstätte von Wolfspeed im saarländischen Ensdorf für rund 3 Mrd. Euro – 1 Mrd. Euro wollte die Politik beisteuern.

Veronika Wand-Danielsson, Schwedische Botschafterin, Daniel Günther, Ministerpräsident Schleswig-Holstein, Olaf Scholz, Bundeskanzler, Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister, Peter Carlsson, Ex-CEO und Gründer Northvolt, und Christofer Haux, CEO Northvolt Deutschland (von links) feierten im März den Baubeginn der Batteriezellfabrik von Northvolt bei Heide.
picture alliance / Chris Emil Janßen | Chris Emil Janssen

Die drei Manager sind weg, wobei Northvolt-CEO Carlsson sich lediglich von der Unternehmensspitze zurückgezogen hat und nun im Aufsichtsrat agiert. Projekte am Standort D liegen auf Eis oder verzögern sich.  Wenn überhaupt, planen Intel und Wolfspeed noch mit Investitionen in ihrem Heimatmarkt USA, Europa ist in der Prioritätenliste ganz weit nach hinten gerutscht. Und Northvolt aus Schweden ist nun erst einmal vor allem auf der Suche nach neuen Investoren.

Intel und Wolfspeed unter Druck

Ist das Scheitern von Carlsson, Gelsinger und Lowe nun auch ein Scheitern der deutschen Politik? Wahrscheinlich eher nicht, denn dass die Projekte in Deutschland nun zunächst nicht zustande kommen, liegt weniger an der Politik als an den Unternehmen selbst. So hat Intel bei herkömmlichen Computerchips und bei spezialisierten KI-Chips den Anschluss verloren und erwirtschaftet Milliardenverluste.

Ein ähnlich trübes Bild gibt Wolfspeed ab. Dem Batterieexperten Northvolt, erst im Jahr 2016 gegründet, wurde zum Verhängnis, dass man bei der Expansion des Unternehmens „etwas zu aggressiv“ vorgegangen sei, wie Carlsson bei seinem Rückzug einräumte. Zuvor hatte die Firma Gläubigerschutz nach Chapter 11 angemeldet. 

Notwendige Investitionen in die Infrastruktur

Mit der Industriepolitik in Deutschland hat das Scheitern der drei Konzerne und ihrer Manager also vorrangig nichts zu tun. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, wie sinnvoll es ist, einzelne Firmen mit Milliarden zu unterstützen, statt das Geld zu nutzen, um die Rahmenbedingungen für alle am Standort D zu verbessern – etwa durch Investitionen in die Infrastruktur. Um schon mal das Wahlkampfgetöse, das auch um diese Subventionen bereits entbrannt ist, ein wenig zu entkräften: Northvolt beispielsweise wurde auch schon von der Vorgänger-Regierung der Ampel und deren Wirtschaftsminister Peter Altmaier finanziell unterstützt. Zudem sollte die Hälfte der aktuellen Förderung vom Bundesland Schleswig-Holstein kommen, das von CDU-Ministerpräsident Daniel Günther regiert wird.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.