Donald Tusk ist in vielerlei Hinsicht ein Pionier. In seiner Heimatstadt Danzig gründete er in den siebziger Jahren ein studentisches Solidaritätskomitee, kurz darauf formierte er einen Studentenverband, 1989 initiierte er die Gründung einer liberalen Partei in Polen. Und 2014 übernahm er als erster Osteuropäer einen Spitzenposten in der Europäischen Union – er folgte dem Belgier Herman Van Rompuy als Präsident des Europäischen Rats.

Tusk startete seine politische Karriere Anfang der Neunziger im polnischen Parlament, dem Sejm. Nachdem er bei den Präsidentschaftswahlen 2005 gegen den später bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommenen Lech Kaczynski unterlegen war, eroberten die Liberalen unter Tusk bei der Parlamentswahl zwei Jahre später mehr Stimmen als die konservative PiS, die von Kaczynskis Zwillingsbruder Jaroslaw geführt wurde. Gemeinsam mit einem kleinen Koalitionspartner gelangten die Liberalen an die Regierung und übertrugen Tusk die Amtsgeschäfte des Premiers.

Tusk ist in vielerlei Hinsicht genau der Gegenentwurf seines langjährigen Widersachers Jaroslaw Kaczynski. Er bekennt sich leidenschaftlich zur europäischen Einigung, was ihm 2010 den Europäischen Karlspreis eintrug. Die Laudatio hielt seinerzeit übrigens Kanzlerin Angela Merkel.

Anders als Kaczynski ist Tusk weltgewandt und humorvoll. Er spricht fließend Deutsch und Englisch, wobei er selbstironisch zu Beginn seiner Zeit als EU-Ratschef über seine dialektale Färbung spottete: „I have to polish my English.“

Tusk ist nie zu einem echten Teil der Brüsseler Blase geworden. Seine diplomatischen Fähigkeiten im Sinne des Aushandelns von Kompromissen in Hinterzimmern gelten als überschaubar. Dafür wird Tusk als ambitionierter Kämpfer für europäische Positionen wahrgenommen – manchmal auch kantig und offensiv. Seit Oktober 2021 steht er abermals der liberalen Bürgerplattform in Polen vor. Donald Tusk wird am Freitag 65 Jahre alt.