Eramet-Chefin Christel Bories beweist Widerstandsfähigkeit
Eramet-Chefin beweist Widerstandsfähigkeit
wü Paris
Gesche Wüpper, Paris
Die Liebe zu Metallen wurde ihr quasi mit in die Wiege gelegt. Denn Eramet-Chefin Christel Bories ist direkt neben einer Fabrik für Messingteile in der Nähe von Lyon in einer Ingenieurs-Familie aufgewachsen. Ihr Vater war technischer Direktor des Werks, ihre Mutter Chemikerin. Vielleicht kein Wunder, dass Bories heute an der Spitze des französischen Bergbaukonzerns steht, der als erstes europäisches Unternehmen Lithiumcarbonat in Batteriequalität für E-Autos produzieren wird, und zwar in einer Anlage in Argentinien, die im November in Betrieb gehen soll.
Teil der Wachstumsstrategie
Die Position von Eramet bei Lithium und andere für die Energiewende kritischen Metalle auszubauen, ist ein wichtiger Bestandteil der Wachstumsstrategie von Bories. Deshalb will der Bergbaukonzern, der 2023 eine Lithium-Konzession in Chile erworben hat, nächstes Jahr eine weitere Aufbereitungsanlage in Argentinien bauen.
Bories will aber auch das Wachstum von Eramet bei anderen Metallen vorantreiben, bei denen der Konzern die Nummer Eins oder Zwei ist, sagte sie der Tageszeitung „Le Monde“. Als Beispiel nennt die Firmenchefin Nickel in Indonesien, Mangan in Gabun und Mineralsand für Titan und Zirkon im Senegal.
Krise in Neukaledonien belastet
Ob die Strategie der 60-Jährigen aufgeht, wird sich am 24. Oktober zeigen, wenn Eramet die Ergebnisse des dritten Quartals präsentiert. Im ersten Halbjahr zumindest lief es für das von Bories seit 2017 geführte Unternehmen nicht rund. Der Konzern bekam nicht nur den Preisverfall von Nickel, Mangan und anderen Metallen zu spüren, sondern auch die Krise im französischen Überseegebiet Neukaledonien, wo der Betrieb der Mienen der Tochtergesellschaft SLN (Société Le Nickel) wegen der Unruhen im zweiten Quartal größtenteils nicht möglich war.
Halbjahresverlust
Obwohl der französische Staat den Bargeldabfluss und die Schulden von SLN bezahlt hat, hat Eramet in den ersten sechs Monaten mit -41 Mill. Euro den ersten Halbjahresverlust seit 2020 verbucht. Bories ist dennoch optimistisch für die zweite Jahreshälfte und das Gesamtjahr. Die Zukunft der Nickelbranche in Neukaledonien sei jedoch schwierig, sagte sie Ende Mai.
Die Eramet-Chefin ist bekannt dafür, dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt. Sie glaube an die Offenheit, sagte sie einmal. Deshalb habe sie seit Beginn ihres Mandats bei dem Bergbaukonzern gesagt, was ihr gefalle und was sie störe. Denn sie vertraue der menschlichen Natur. „Wenn die Menschen motiviert sind, können sie Berge versetzen.“ Das ist auch Bories gelungen. „Sie hat ein Unternehmen aufgeweckt, das eingeschlafen war“, meint Claude Tendil, der bis letztes Jahr im Verwaltungsrat von Eramet saß.
An ein Heiligtum gewagt
Damit hat sich die HEC-Absolventin, die ihre Karriere einst in den Unternehmensberatungen Booz-Allen & Hamilton und Corporate Value Associates begann, bei Eramet jedoch nicht nur Freunde gemacht. Denn sie hat es auch gewagt, die auf die industrielle Verarbeitung von Eisen spezialisierte Tochter Aubert & Duval auf den Prüfstand zu stellen. Der Zulieferer der Luft- und Verteidigungsindustrie sei „ein Heiligtum des Imperiums der Duvals“, so das Wirtschaftsmagazin „Challenges“. Die Familie Duval ist über ihre Holding Sorame et Compagnie d'Etudes Industrielles du Rouvray (CEIR) mit 37% an Eramet beteiligt und damit der Hauptaktionär vor dem französischen Staat, der 27% hält.
Nicht aus der Ruhe zu bringen
Wegen Aubert & Duval, aber auch weil sie seinerzeit an der neukaledonischen Tochter SLN festhielt, versuchten die Duvals, Bories 2021 abzusägen. Sie drängten den französischen Staat, ihr Mandat nicht zu erneuern. Doch Bories hatte die Unterstützung der Regierung und der 10.700 Mitarbeiter von Eramet, so dass ihr Mandat für vier Jahre verlängert wurde. Seitdem hat die Managerin, die zu den 14 Frauen an der Spitze eines Unternehmens aus dem SBF 120 gehört, Aubert & Duval an ein Konsortium von Airbus, Safran und Tikehau verkauft.
Dass sie sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt, hat Bories auch bewiesen, als der Aluminiumkonzern Alcan aus Kanada 2003 ein feindliches Übernahmeangebot für Pechiney machte. Damals war die Managerin, die in ihrer Freizeit gerne wandert und Ski fährt, Direktorin der Verpackungssparte des Aluminiumkonzerns. Sie habe sich gesagt, dass sie schon einen anderen Job finden werde, berichtete Bories später. Deshalb sei sie weniger gestresst als andere Kollegen aus dem Pechiney-Vorstand gewesen.
Vielleicht hat Alcan ihr auch deshalb einen Posten angeboten, genau wie Rio Tinto, als der Bergbaukonzern Alcan 2007 aufgekauft und dann 2011 Constellium, die von Bories geleitete Sparte, abgespalten hat.
Wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem neuen Mehrheitsaktionär Apollo kündigte sie jedoch später und landete dann nach einer Zwischenstation bei dem Pharmakonzern Ipsen bei Eramet.