US-Notenbank

„Erzfeind der Wall Street“ auf dem Weg in den Fed-Vorstand

Michael Barr, ein ausgewiesener Vorkämpfer strikterer Banken- und Finanzaufsicht, könnte binnen weniger Tage für eine Schlüsselposition im Vorstand der US-Notenbank bestätigt werden.

„Erzfeind der Wall Street“ auf dem Weg in den Fed-Vorstand

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Seit fünf Monaten steht in der US-Notenbank der Stuhl des Vize-Chefs mit Zuständigkeit für Bankenaufsicht leer, nun könnte der Senat nach dem Tauziehen um die Nachfolge von Randal Quarles die Schlüsselposition schnell besetzen. Sicher erscheint, dass eine Mehrheit der Parlamentarier Michael Barr bestätigen wird. Barr ist Rechtsprofessor und war früher Abteilungsleiter im Finanzministerium. Nun soll er einen der mächtigsten regulatorischen Posten übernehmen, den Präsident Joe Biden zu vergeben hat.

Barr arbeitete bereits unter dem ehemaligen Präsidenten Bill Clinton in der Treasury, kehrte aber nach sechs Jahren wieder an seinen Lehrstuhl an der University of Michigan zurück. Dort veröffentlichte er zahlreiche Werke über Finanzmarktregulierung und das effektive Management von Banken und anderen Finanzinstitutionen. Auch schrieb der als liberal geltende Demokrat ein viel beachtetes Buch über die Benachteiligung ethnischer Minderheiten, die für Finanzdienstleistungen mehr zahlten, weil sie oft keinen Zugang zu herkömmlichen Bankprodukten haben.

Während der globalen Finanzkrise holte der damalige Präsident Barack Obama den Juristen zurück ins Finanzministerium, wo Barr einer der Mitverfasser des Dodd-Frank-Gesetzes war, welches die Grundlage bildete für die neue Finanzmarktarchitektur. Auch hatte er eine Schlüsselrolle bei der Gründung der Verbraucherschutzbehörde Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) und ist ein Verfechter der sogenannten „Volcker-Regel“, die Banken den Eigenhandel mit Wertpapieren untersagte. Wegen seines Einsatzes für eine schärfere Regulierung, die bei Banken und anderen Finanzdienstleistern auf harten Widerstand stieß, wurde Barr der „Erzfeind der Wall Street“ genannt.

Nach der letzten Präsidentschaftswahl war Barr ein freiwilliges Mitglied jener Übergangsmannschaft, die den neu gewählten Präsidenten bei der Besetzung der wichtigsten Ämter im Finanzressort beriet. Nachdem Sarah Bloom Raskin, deren Bestätigung durch den Senat chancenlos war, ihre Kandidatur für die Nachfolge von Quarles zurückgezogen hatte, nominierte der Präsident den Rechtsprofessor.

Glänzende Chancen hat Barr deswegen, weil ihn der moderate Demokrat Joe Manchin, der Raskins Kandidatur wegen ihrer Ansichten zur Klimapolitik und ihrer kritischen Haltung gegenüber der fossilen Energieindustrie blockierte, unterstützen will. Zwar sind progressive Mitglieder der demokratischen Partei darüber unglücklich, dass Barr die striktere Beaufsichtigung von Finanzderivaten ablehnt. Die notwendige Mehrheit von 51 Senatorenstimmen wird ihm aber kaum zu nehmen sein.

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