ESG-Chefin der Munich Re braucht Perspektiven
„Mehr Transparenz für den Verbraucher allein reicht nicht“
wbr Frankfurt
Von Wolf Brandes, Frankfurt
Die Munich Re sagt von sich, dass sie vorausschauend wirtschaftet und ihr Geschäftskonzept durch nachhaltiges Handeln auch in Zukunft erfolgreich sein wird. Verantwortlich für die Nachhaltigkeitsstrategie beim größten Rückversicherer der Welt mit einer 140-jährigen Geschichte ist seit Ende 2020 Silke Jolowicz. Als Head of Sustainability der Munich Re Group sitzt die 36-Jährige an der Schaltstelle des ESG-Themas im Konzern. Die Nachhaltigkeitsabteilung, der sie vorsteht, ist als Gruppe unter dem CEO aufgehängt. Mit ihrer steilen Karriere fällt sie auf. Das „Handelsblatt“ zählte sie zu den 100 Frauen, die Deutschland in den nächsten Jahren voranbringen. Und in ihrem Linkedin-Auftritt verweist Jolowicz auf die Auszeichnung „Top 40 unter 40“ des Magazins „Capital“. „Das Thema Nachhaltigkeit braucht klare politische Richtlinien, sonst führt es zu einer Überforderung des Einzelnen“, sagt Jolowicz und führt aus, dass es wahnsinnig schwierig sei, Nachhaltigkeit in allen Ausprägungen und Wechselwirkungen zu verstehen. Mehr Transparenz für den Verbraucher allein reiche daher nicht aus.
Eine Karriere als ESG-Managerin war keineswegs vorgezeichnet. Die studierte Agrarökonomin kommt ursprünglich aus dem entwicklungspolitischen Kontext und hat in Projekten in Äthiopien und Brasilien gearbeitet. Doch entwicklungspolitische Projekte seien oft sehr kurzfristig gedacht, der Wechsel in die unternehmerische Nachhaltigkeit war für sie spannend und mit mehr Perspektive verbunden.
Start bei ESG-Ratingagentur
Ihren Einstieg fand sie 2014 bei der damals noch deutschen ESG-Ratingagentur in München, einer der seinerzeit wenigen Arbeitgeber in dem Bereich. Bei Oekom erlebte sie das Wachstum im ESG-Geschäft hautnah mit, die Firma wurde 2018 von ISS gekauft und ist mittlerweile ein Teil der Deutschen Börse. Nach einem Jahr bei der Munich-Re-Tochter Meag als Spezialistin für Sustainability in allen Anlageklassen kam sie vor zweieinhalb Jahren zum Konzern.
Fahrrad statt Auto reicht nicht
Jolowicz hat sich, so sagt sie, schon immer damit beschäftigt, wie man eine nachhaltige Welt für die folgenden Generationen schaffen könne. „Ich habe einen Job gesucht, der mit einem Sinn verknüpft ist“, sagt sie. Es geht ihr um mehr, als jeden Tag zur Arbeit zu gehen und Geld zu verdienen. Fahrrad statt Auto, das reicht ihr nicht. Sie will mit ihrer Arbeit eine Wirkung erzielen.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit ist ihr klar, dass die Menschheit weltweit noch nicht auf dem Pfad ist, die Klimaerwärmung zu begrenzen. „Deswegen ist es wichtig, zweigleisig zu fahren", sagt die Managerin. "Wir müssen ambitioniert Treibhausgase reduzieren und uns gleichzeitig an die Klimarisiken anpassen, die nur noch schwer vermeidbar sind. Besonders verletzliche Bevölkerungsgruppen müssen geschützt werden.“
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