Ex-Chef der Monte dei Paschi erhofft Freispruch
Von Gerhard Bläske, Mailand
Alessandro Profumo (65) dürfte die Freisprüche des Mailänder Berufungsgerichts im Rechtsstreit um strittige Finanztransaktionen mit Derivaten bei der Skandalbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) mit Interesse verfolgt haben. 13 ehemalige Spitzenmanager, darunter Ex-Präsident Giuseppe Mussari und Ex-CEO Antonio Vigni sowie Manager der Deutschen Bank und von Nomura, die erstinstanzlich in dem Komplex zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden waren, stehen nun mit weißer Weste da. Das könnte indirekt auch Folgen für den heutigen Chef des Rüstungskonzerns Leonardo haben. Der frühere Unicredit- und MPS-CEO, der im Oktober 2020 wegen Bilanzfälschung und Marktmanipulationen zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und der Zahlung von 2,5 Mill. Euro verurteilt worden war, kann nun auf ein ähnliches Urteil hoffen.
Profumo sowie der Manager Fabrizio Viola mussten sich in einem separaten Prozess verantworten, weil sie erst nach Mussari und Vigni als Präsident und CEO die Verantwortung übernommen hatten. Die beiden Männer sagen, sie hätten die dramatische Lage bei der damals drittgrößten Bank Italiens von ihren Vorgängern geerbt und Schlimmeres verhindert. Sicher ist ein Freispruch keineswegs. Vieles wird davon abhängen, wie das Berufungsgericht den Freispruch der 13 Manager begründet. Offen ist auch, ob die Staatsanwälte den Fall vor das Kassationsgericht bringen.
Bei dem Fall handelt es sich um einen der größten Finanzskandale Italiens. Insgesamt kostete die Schieflage der MPS dem Steuerzahler zweistellige Milliardenbeträge. Insofern wären Freisprüche ein Ergebnis mit einem Beigeschmack.
Die älteste noch existierende Bank der Welt war jahrzehntelang Spielball der von der Kommunistischen Partei und ihren Nachfolgern kontrollierten Lokal- und Regionalpolitik, wurde von inkompetenten Managern geführt, die Kredite nach Gutsherrenart vergaben, kulturelle und soziale Projekte großzügig förderten und schließlich aberwitzige Transaktionen einfädelten. Der Anfang vom Ende war die Übernahme der Bank Antonveneta für 9 Mrd. Euro, die Mussari quasi im Alleingang und ohne Bilanzprüfung einfädelte.
Die Zentralbank und das Finanzministerium stimmten trotz Zweifeln allem zu. Versuche, mit komplizierten Derivategeschäften die Situation zu verschleiern, scheiterten. Bei mehreren Kapitalerhöhungen wurden 21 Mrd. Euro privates und öffentliches Kapital verbrannt. 2017 musste die Bank schließlich mit einer staatlichen Kapitalspritze von 5,4 Mrd. Euro gerettet werden.
Die Privatisierung verzögert sich bis heute. Die Steuerzahler müssen größtenteils für eine weitere Kapitalerhöhung von mindestens 2,5 Mrd. Euro und weitere Maßnahmen geradestehen, damit MPS vielleicht noch einen Käufer findet. Neben dem Steuerzahler zählen auch die vielen Kleinanleger, die Titel der Bank erwarben, zu den Verlierern. Mussari lebt heute als Rechtsanwalt im süditalienischen Catanzaro.