Großbritannien

Farage droht mit Revolte von rechts

Nigel Farage will zurück auf die politische Bühne. „Mister Brexit“ ist eine Gefahr für Premierminister Boris Johnson – auch weil er heute anders auftritt als in der Brexit-Kampagne.

Farage droht mit Revolte von rechts

Von Andreas Hippin, London

Ein alter Gegner von Premierminister Boris Johnson hat sich auf der politischen Bühne zurückgemeldet: Nigel Farage. Ihn muss Johnson mehr fürchten als Oppositionsführer Keir Starmer. Denn „Mister Brexit“ will ihm die Wähler im englischen Norden abspenstig machen, die den Tories bei den Unterhauswahlen eine überwältigende Mehrheit verschafften. In den sogenannten Red-Wall-Wahlkreisen, die einst als sichere Mandate für Labour galten, könnte die aus der von ihm gegründeten Brexit Party hervorgegangene Partei Reform UK den Konservativen erheblich schaden.

Denn der EU-Austritt wurde aus Sicht vieler Brexit-Befürworter nicht richtig vollzogen. Die „Net Zero“-Klimapolitik der Regierung ist für Normalverdiener mit erheblichen Kosten verbunden. Steigende Energiekosten werden von Steuererhöhungen begleitet. Zudem überqueren immer mehr Zuwanderungswillige mit Booten den Ärmelkanal, was die Behauptung, man habe durch das Verlassen der Staatengemeinschaft die Kontrolle über die eigenen Grenzen zurückerlangt, Lügen straft.

„Ich verstehe die Desillusionierung der Red-Wall-Wähler, die glaubten, dass der Brexit eine neue Politik einleiten wird“, schrieb Fa­rage in einem Beitrag für den „Daily Telegraph“. Dazu sei es nicht gekommen. Stattdessen sei es so wie immer: eine großstädtische Tory-Cliquenwirtschaft ohne jeden Bezug zum Rest des Landes. „Eine Revolte von rechts braut sich zusammen, und sie stellt eine große Bedrohung für den Premierminister dar“, behauptet der Vater von vier Kindern, der die Konservative Partei nach Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht 1992 verlassen hatte. Johnsons Vorgänger David Cameron und Theresa May bezahlten mit ihrem Amt dafür, dass sie die von Farage beschworene „Revolte von rechts“ unterschätzt hatten.

Es ist nicht das erste Mal, dass es dem ehemaligen Rohstoffhändler aus der Londoner City, der unter anderem für Drexel Burnham Lambert tätig war, im selbstgewählten Ruhestand zu langweilig wird. Nach dem EU-Referendum glaubte er, sein politisches Ziel erreicht zu haben, und verließ die UK Independence Party (Ukip), die in den Rechtsextremismus abdriftete. Farage ist staatsmännischer geworden. Er trägt Anzüge und lässt sich nicht mehr zu clownesken Handlungen hinreißen. Im Pandemiejahr 2020 kam er auf die Idee, die Brexit Party zur Anti-Lockdown-Partei zu machen. Allerdings war er mit Wahlkampfhilfe für seinen Freund Donald Trump ausgelastet. Reform UK wird vom Self­made-Millionär Richard Tice wie ein Unternehmen geführt.