Biotechnologie

Für Sarah Gilbert naht der Zahltag

Der Börsengang der Biotech-Firma Vaccitech wird das Vermögen der Oxford-Professorin Sarah Gilbert, die eine führende Rolle bei der Entwicklung des AstraZeneca-Impfstoffs spielte, um viele Millionen steigern.

Für Sarah Gilbert naht der Zahltag

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Sarah Gilbert hat ihr Leben dem Kampf gegen tödliche Krankheitserreger wie das Nipahvirus, das Lassavirus­ oder das Coronavirus gewidmet. Das Initial Public Offering der britischen Biotech-Firma Vaccitech an der Wall Street wird demnächst dafür sorgen, dass sich ein warmer Regen über die Oxford-Professorin er­gießt. Die Mutter von Drillingen hatte ihr Amt im Board im September vergangenen Jahres niedergelegt, um sich ganz um die Entwicklung des Impfstoffs gegen Sars-CoV-2 mit AstraZeneca kümmern zu können.

Gemeinsam mit Adrian Hill, dem Chef des renommierten Jenner Institute an der britischen Eliteuniversität, gründete sie Vaccitech vor elf Jahren. Sie hält 3% der Anteile. Dem „Telegraph“ zufolge könnten sie zwischen 12,5 Mill. und 19,5 Mill. Dollar wert sein. Abhängig vom Interesse der Anleger könnte es auch viel mehr werden. Biotechnologie ist ein Thema, mit dem man in New York höhere Bewertungen als in London erzielen kann. Das auf die Entwicklung von Impfstoffen und Immuntherapien spezialisierte Unternehmen wollte sich zu den Berichten über den bevorstehenden Börsengang nicht äußern. Unter den Investoren, die bereits mit an Bord sind, finden sich M&G, Tencent, Gilead Sciences, GV (zuvor: Google Ventures), Sequoia Capital China, Liontrust (zuvor: Neptune), Korea Investment Partners und Oxford Sciences Innovation.

Angeblich war Gilbert schon in der High School klar, dass sie Medizin studieren wollte. Geboren wurde sie im April 1962 in Kettering, Northamp­tonshire. Ihre Mutter war eine Englischlehrerin, die eine Vorliebe fürs Theater hatte, ihr Vater war der BBC zufolge „in der Schuhbranche“ tätig. Eine Schulfreundin be­schrieb sie als still, aber eisern. Schließlich studierte sie an der University of East Anglia Biologie. Nach dem Bachelorabschluss wechselte sie an die University of Hull, wo sie auch ihre Doktorarbeit schrieb. Allerdings konnte sie nach eigener Aussage mit dem „Tunnelblick“ der Wissenschaftler dort nicht viel anfangen. Dass sie einmal zu den führenden Impfstoffexperten zählen würde, zeichnete sich damals noch nicht ab. Sie fing bei der Brewing Industry Research Foundation an, nachdem sie bereits an Hefen geforscht hatte. Danach arbeitete sie für Delta Biotechnology in Nottingham.

Malaria, Ebola, Mers

Mitte der 1990er Jahre war sie be­reits an der Universität Oxford tätig. Damals beschäftigte sie sich in ihrer Forschung mit der Tropenkrankheit Malaria und einem möglichen Impfstoff dagegen. Sie wurde Professorin am Jenner Institute und arbeitete dort an einem universellen Grippeimpfstoff. Sie führte 2014 den ersten Versuch mit einem Ebola-Impfstoff. Als sich die auf ein Coronavirus zurückgehende Lungenkrankheit Mers im Nahen Osten ausbreitete, reiste sie nach Saudi-Arabien, um einen Impfstoff dagegen zu finden. Als Covid-19 auftrat, konnte sie auf ihr Vorwissen zurückgreifen. „Wir ha­ben das von Anfang an als Rennen gegen das Virus betrachtet, nicht als Rennen gegen andere Impfstoffhersteller“, sagte sie. „Wir sind eine Universität und tun das nicht, um Geld zu verdienen.“ Gilbert war immer im Einsatz. Ihre Mitarbeiter erhielten so­wohl spätabends als auch morgens um 4:00 Uhr E-Mails von ihr. Nun wird sie für ihre Anstrengungen be­lohnt.