Für Steffen Bätjer geht es bei Fielmann um Risikodiversifizierung
Für Steffen Bätjer geht es bei Fielmann um Risikodiversifizierung
Von Carsten Steevens, Hamburg
Wie Fielmann im abgelaufenen Geschäftsjahr abgeschnitten hat, will Finanzchef Steffen Bätjer nicht sagen. Das Treffen in seinem Büro in der Hamburger Firmenzentrale, in dem sich der designaffine Kunstliebhaber mit Stühlen aus den ersten Ladeneinrichtungen der größten deutschen Optikerkette aus den 1970er Jahren umgeben hat, findet noch zu früh im Jahr statt. Vorläufige Zahlen will das seit drei Jahrzehnten an der Börse notierte Familienunternehmen im Februar veröffentlichen, der Geschäftsjahresbericht soll Ende April folgen.
Der 55-Jährige, der im August 2023 im Vorstand zunächst für Controlling, Anfang 2024 dann auch für Finanzen, Recht und Compliance zuständig wurde, will im Gespräch mit der Börsen-Zeitung aber Zweifel an Fortschritten bei der Verbesserung der Profitabilität zerstreuen, die sich nicht zuletzt durch den 2024 um rund 15% auf 41,40 Euro gesunkenen Aktienkurs des SDax-Unternehmens manifestieren. Bätjer zeigt sich zuversichtlich, dass die prognostizierten Vorgaben für 2024 und 2025 erreicht werden. „Wir sind auf einem sehr guten Weg, alle Kennzahlenziele unserer ,Vision 2025´ zu erreichen“.
Die 2019 initiierte Strategie sieht unter anderem eine operative Rendite (Ebitda-Marge) in diesem Jahr von 25% in Europa und 19% im weltgrößten Augenoptikmarkt USA vor, in dem Fielmann seit den Übernahmen von SVS Vision, Befitting und Shopko Optical in den beiden vergangenen Jahren vertreten ist. Für 2024 avisiert der Konzern, der seinen Fokus 2023 von der Wachstumsbeschleunigung auf die Verbesserung der Profitabilität verlagert hat, Werte von 23 bzw. 10%.
Bei den Finanzzielen für die nächste Mittelfristperiode hält sich Bätjer bedeckt. Dazu will sich das Unternehmen Ende April und in der Hauptversammlung am 10. Juli näher äußern. Der CFO macht aber klar, dass es keinen Grund geben sollte, warum man in den USA nicht auf das gleiche Margenniveau wie in Europa kommen sollte. „In drei bis vier Jahren sollte das US-Geschäft das Margenprofil von Fielmann stützen."
Man arbeite daran, das Geschäftsmodell in den USA zu verändern, sodass Kunden künftig deutlich besser beraten und bedient werden könnten, erklärt Bätjer. Eine landesweite Präsenz von Fielmann im weltgrößten Branchenmarkt kann sich der CFO vorstellen, „weil es überall in den USA Menschen gibt, die einen deutlich besseren Service in der Augenoptik verdienen, als sie ihn heute bekommen können“. Verzetteln wollen sich die Hamburger, die in den USA vorerst im oberen mittleren Westen mit rund 80 Millionen Einwohnern präsent sind, aber nicht. Die Kundschaft im Mittleren Westen sei eine andere als in Kalifornien oder in Neuengland, erläutert der aus Niebüll in Schleswig-Holstein stammende Diplom-Ökonom.
Mit einem annualisierten Umsatz von rund 300 Mill. Dollar sind die USA für Fielmann bereits der zweitgrößte Einzelmarkt. Indes soll die Abhängigkeit vom deutschen Heimatmarkt, in dem der Marktführer 2023 auf Erlöse von 1,4 Mrd. Euro kam, weiter sinken, der Auslandsanteil am Konzernumsatz mittelfristig von rund 40 auf 50% steigen. Zwar bezeichnet Bätjer ein organisches Wachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich mit Blick auf die aktuellen Umfeldbedingungen in Deutschland als zufriedenstellend und ordentlich im Wettbewerbsvergleich. Doch nach zwei Jahren Rezession in Folge fügt der Fielmann-CFO auch hinzu: „Wir mögen den deutschen Markt, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland teilweise eine andere wirtschaftliche Entwicklung als andere Staaten aufweist.“
Rund 700 Mill. Euro hat Fielmann seit 2019 in Zukäufe in Slowenien, Spanien und den USA investiert. Die Shopko-Transaktion finanzierte der bis auf seine Mieten schuldenfreie Optikerkonzern durch einen Brückenkredit über 300 Mill. Euro, der bis Mitte 2025 durch eine längerfristige Finanzierung abgelöst werden soll. „Da hilft es, dass Fielmann ein börsennotiertes Prime-Standard-Unternehmen ist und Zahlen öffentlich verfügbar sind“, sagt Bätjer, der nach Stationen als CFO bei Techem, Apcoa Parking und Work Zone Safety nun als Finanzvorstand von Fielmann erstmals auch mit Aktienanalysten zu tun hat. Ein Ratingverfahren könne man sich dadurch ersparen.
Bätjer zufolge kommen bei der angestrebten Finanzierung durch Fremdkapitalinstrumente zwei Optionen in Betracht: ein Schuldschein sowie längerfristige Kreditverträge mit US-Versicherungen gegen eine vorher vereinbarte Verzinsung. „Wir gehen diese längerfristige Finanzierung ein, weil wir den US-Fremdkapitalmarkt für uns erschließen wollen." Der Markt könne in Zukunft für Fielmann noch wichtig werden.
Für das seit 1994 börsennotierte Unternehmen, das sich zu rund 73% im Besitz der Gründerfamilie befindet und das sich auf einen Umzug der Konzernzentrale im dritten Quartal vom bisherigen, seit 1988 genutzten Standort in ein vom Finanzinvestor Ardian vermietetes Bürogebäude im Stadtteil Barmbek-Nord vorbereitet, ist ein Rückzug von der Börse nach Angaben von Bätjer im Moment kein Thema. Dabei verweist der CFO auch auf die Ausrichtung des Konzerns: Er habe sich bewusst für den Wechsel zu Fielmann entschieden, weil es ein langfristig orientiertes Familienunternehmen mit einem Mehrheitsaktionär sei, der sehr auf ein stabiles Fundament, auf die Ausrichtung am Kundennutzen achte.
Für Fielmann, ergänzt Fußball-Fan Bätjer, der seit seinem neunten Lebensjahr selbst Brillenträger und nach eigenen Angaben seit 1982 auch Träger einer Fielmann-Brille ist, sei die Börsennotierung ein sehr gutes Steuerungsinstrument. Es helfe dabei, sich immer wieder selbst zu überprüfen. Aktienkurs und Investorengespräche spiegelten wider, wie Fielmann an der Börse wahrgenommen werde, so der CFO. „Das Feedback aus Investorenkonferenzen ist inspirierend, ich nehme gerne an Investorenkonferenzen teil.“