Kammann wird CEO

Generationswechsel bei Schwäbisch Hall

Beim Branchenprimus Schwäbisch Hall geht CEO Reinhard Klein zum Jahreswechsel in den Ruhestand. Die Aussichten für Bausparkassen beurteilt er nach dem Ende der Niedrigzinsphase positiv.

Generationswechsel bei Schwäbisch Hall

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Generationswechsel bei Schwäbisch Hall

Bei dem Branchenprimus übergibt Klein an Kammann

Von Thomas Spengler, Stuttgart

Dass es eines Tages so krass kommen würde, hätte sich Reinhard Klein kaum vorstellen können, als er damals als 54-Jähriger im Juni 2014 den Chefsessel bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall übernommen hatte. Doch die langanhaltende Niedrigzinsphase sowie der seit 2022 erfolgte, in seiner Rasanz nie dagewesene Zinsanstieg stellten alles in den Schatten, was man bis dato kannte.

Was der gebürtige Hesse daraus gelernt hat? „Nun, man muss jeden Tag damit rechnen, sich auf neue Situationen einzustellen – im Positiven wie im Negativen“, sagt Klein, nachdem sich der Bausparvertrag wieder zu einem Verkaufsschlager entpuppt hat. Der Branche sagt er, der zum Jahresende planmäßig in den Ruhestand geht, „sehr positive Geschäftsaussichten“ voraus – mit einem Neugeschäft im Bausparen für 2023 in etwa auf dem guten Vorjahresniveau.

Reinhard Klein
Annähernd eine Dekade lang stand Reinhard Klein an der Spitze der Schwäbisch Hall. Nun wechselt er in den Ruhestand. Quelle: Schwäbisch Hall/Jürgen Weller Fotografie

Weniger optimistisch ist Klein für das reine Baukreditgeschäft, das 2023 um 45% eingebrochen sei – bei Schwäbisch Hall wie in der gesamten Branche. Auch 2023 und 2024 werde Schwäbisch Hall seine Kreditbestände ausbauen. „Hinzu kommen 3 bis 4 Bill. Euro, die für die energetische Sanierung anstehen, um die Anforderungen an den klimaneutralen Gebäudebestand bis 2045 erfüllen zu können“, so der scheidende CEO.

Vor diesem Hintergrund geht Schwäbisch Hall von einem mittelfristigen Wachstum in Form eines höheren, zweistelligen Milliardenbetrags beim Neugeschäft aus. „Das Potenzial für Baufinanzierungen bleibt grundsätzlich groß in den kommenden Jahren“, so Klein. Als Haupttreiber des Bausparbooms erachtet Klein weiterhin das Bedürfnis der Sparer, sich die niedrigen Zinsen auf lange Sicht zu sichern. Hinzu kommen jene Sparer, die eine energetische Sanierung im Blick haben. Beide Gruppen zusammen sorgten für eine weiterhin immense Nachfrage. Daher sieht der Vorstand auch noch keinen Anlass dringenden Anlass, einen neuen Tarif mit einem höheren Ansparzins herauszubringen. Branchenweit zählen Verträge mit Guthabenzinsen von nahezu Null zu den Bestsellern.

Verhaltene Gewinnentwicklung

Bis die Gewinne bei Schwäbisch Hall wieder richtig sprudeln, dürfte es noch eine Weile dauern. Dennoch geht der neue Vorstandschef in spe, Mike Kammann, davon aus, dass sich die Effekte des Zinsanstiegs mittelfristig deutlich in der G+V widerspiegeln werden. 2023 werde das Ergebnis vor Steuern nach IFRS noch im zweistelligen Millionenbereich liegen, rechnet der 49-Jährige, der seit 2020 dem Vorstand angehört. Wohingegen nach HGB in 2023 ein Ergebnis um die 200 Mill. Euro erwartet wird.

Noch im Geschäftsjahr 2022 musste Schwäbisch Hall Rückstellungen in Höhe von 180 Mill. auflösen, um über die Gewinnschwelle zu kommen und einen Jahresbruttogewinn von 143 Mill. auszuweisen. Nach Planung des Vorstands will Schwäbisch Hall nun 2024 einen Zwischenschritt einlegen, um das Ergebnis kontinuierlich statt sprunghaft zu steigern „So gehen wir für 2024 von einem Gewinn im gut zweistelligen, mittleren Millionenbereich vor Steuern nach IFRS aus“, sagt Kammann. Mit Blick auf die kommenden fünf Jahre geht der künftige CEO davon aus, die eigene, führende Marktposition beim Bausparen um einen Prozentpunkt auf 31% auszubauen. Ebenso rechnet er damit, die Stellung von Schwäbisch Hall bei der Baufinanzierung sukzessive steigern zu können.

Neues Kernbankensystem

Seine Hoffnung auf eine Geschäftsausweitung gründet Kammann auch auf die Implementierung eines neuen Kernbankensystems, in das die Kasse einen dreistelligen Millionenbetrag gesteckt hat. Erst zum 30. September hat das Unternehmen im Kreditbereich das Kernbankensystem SAP S/4HANA implementiert – eine Migration, die auf Anhieb funktioniert habe, sagt Klein.

Ohnehin gehe die IT als Schlüsselkompetenz mit dem Auf- und Ausbau von Künstlicher Intelligenz (KI) in den eigenen Prozessen einher. Ganz ersetzen aber würde die KI die persönliche Betreuung der Kunden nie, ist Klein überzeugt. „Baufinanzierung wird beratungsintensiv bleiben“, ist er sich sicher. Schließlich würden lediglich 3% der Abschlüsse ausschließlich über das Internet getätigt. Dass es ihm, nach neuneinhalb Jahren an der Spitze des Branchenprimus Schwäbisch Hall, im Ruhestand langweilig werden könnte, weist Klein zurück. Einem vierwöchigen Urlaub in Neuseeland soll eine halbjährige Pause folgen, bevor der heute 63-Jährige schaut, was das Leben noch zu bieten hat.

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