Viridium-Chef Tilo Dresig

„Guckt doch mal, wie gut wir sind“

Tilo Dresig leitet seit drei Jahren Viridium, einen Abwicklungsspezialisten für Lebensversicherungsbestände in Deutschland. Nach einem gescheiterten Bestandskauf muss die Aktionärsstruktur neu geordnet werden.

„Guckt doch mal, wie gut wir sind“

Abwicklung von Lebensversicherungsbeständen

„Guckt doch mal, wie gut wir sind“

Von Thomas List, Frankfurt
Von Thomas List, Frankfurt

Tilo Dresig (53) findet nicht, dass er sich mit Viridium, einem Abwickler von Lebensversicherungsbeständen, verstecken muss. Abwickler hört der seit August 2021 amtierende Vorstandschef im Gespräch mit der Börsen-Zeitung nicht gerne. Bestandsspezialist ist schon besser. Denn die Kunden würden von der Übertragung ihrer Verträge auf Viridium (die dort dann bis zum Vertragsende betreut werden) profitieren. „Die BaFin verlangt zur Genehmigung einer solchen Bestandsübertragung, dass sich die Kunden nicht schlechter stellen als zuvor. In der Praxis heißt das: Sie sollten sich besser stellen.“

Messbare Vorteile für den Kunden

Dresig ist überzeugt, dass der Kunde bei der Verwaltung seiner Verträge durch Viridium konkret messbare Vorteile genießt. Früher hätten Versicherer ihre Produkte in erster Linie mit dem Glauben an das Produkt und Vertrauen in das Unternehmen verkauft, weniger mit Zahlen und Fakten. „Wir können jetzt sagen: Guckt doch mal, wie gut wir sind.“ Das zeige sich am gestiegenen Kapitalanlageergebnis, an einer überdurchschnittlichen Überschussbeteiligung und geringeren Stornoquoten.

Im Gespräch ist deutlich zu merken, dass Dresig vom Viridium-Geschäftsmodell überzeugt ist. Und er hält es für etwas Besonderes: „So ein Profil ist bei Finanzunternehmen extrem selten.“ Immerhin ist Dresig in der Branche schon gut herumgekommen. Nach Studium und Promotion an der European Business School begann er seine berufliche Laufbahn im Jahr 2000 im Vorstandsressort Finanzen der Allianz Gruppe. Im Anschluss war Dresig von 2002 bis September 2018 in leitender Funktion im Investment Banking von Goldman Sachs in London und Frankfurt tätig. Im Dezember 2018 ging er als CFO bei Viridium an Bord.

Kernproblem für die Lebensversicherer ist aus Dresigs Sicht eine veraltete IT. „Früher haben die Versicherer eine hohe Anzahl verschiedener Tarife verkauft, die auf teilweise 50 Jahre alten IT-Systemen verwaltet werden. Die sind jetzt am Ende der Lebensdauer.“ Die Versicherer müssten sich jetzt die Frage stellen, ob sie die IT-Systeme, aber auch die Kapitalanlage selbst modernisieren wollen oder ob sie das an einen Spezialisten geben, „der nichts anderes tut als genau das und sich damit besonders gut auskennt“.

Wettbewerb belebt das Geschäft

Für Dresig ist die Wahl klar. Er schätzt aber auch den Wettbewerb sowohl mit Inhouse-Lösungen als auch mit anderen Run-off-Spezialisten. „Wettbewerb ist gut fürs Geschäft.“ Nachdem Viridium schon mehrere Bestände aufgenommen hat, könnten auf der Plattform durch die Verwaltung von 3,4 Millionen Verträgen Skaleneffekte realisiert werden. Damit wird Viridium noch attraktiver für Versicherer, die ihre Altbestände abgeben und sich auf das Neugeschäft konzentrieren wollen.

Bei Bestandsübernahmen musste Viridium allerdings eine Pause einlegen. Denn die BaFin hat erst im Januar 2024 ein Geschäft mit der Zurich Deutschland untersagt. Hintergrund sind Zweifel an der Zuverlässigkeit des Viridium-Großaktionärs Cinven, die aus einer gescheiterten italienischen Beteiligung des Private-Equity-Hauses entstanden.

Thema der Eigentümer

Auch da gibt sich Dresig entspannt. Die Neuordnung der Aktionärsstruktur sei „Thema der Eigentümer“. Der Prozess laufe. „Wir unterstützen dabei.“ Es gebe eine Vielzahl von Interessenten. „Klar ist: Es wird ein langfristiger Investor sein.“ Infrage kommen globale und regionale Wettbewerber, Erst- und Rückversicherer und Assetmanager. Ob es nur um den 70%-Anteil von Cinven oder auch um die 20% von Hannover Re und 10% von Generali geht, ließ Dresig offen. Auch zur Zeitschiene wollte er sich nicht äußern.

In der Zwischenzeit entwickelt Viridium ihre Plattform weiter und sondiert zukünftige Bestandskäufe. „Es gibt mehr Interessenten als gedacht“, freut sich Dresig. Das Geschäftspotenzial in Deutschland sei „riesig“. Trotzdem denkt er über eine Ausdehnung auf ein oder zwei Auslandsmärkte nach. „Frankreich steht ganz oben auf der Liste.“ An Mitarbeitern herrscht kein Mangel. „Wir rekrutieren Top-Leute.“

Man nimmt es Dresig ab: „Ich will meinen Job bei Viridium noch sehr lange weitermachen.“ Die Zeit für seine Frau und seine beiden Töchter bleibt damit auch in Zukunft eng bemessen.

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