Investor Relations in PersonKarl Steinle, Hannover Rück

Warum Kommunikation am Kapitalmarkt auch nach 15 Jahren Freude macht

Die Hannover Rück hat den Aktienkurs seit ihrem Börsengang vor 30 Jahren auf fast das 20-fache des Vergleichswerts gesteigert. Das färbt auch auf das Urteil über die Kapitalmarktkommunikation ab.

Warum Kommunikation am Kapitalmarkt auch nach 15 Jahren Freude macht

„Auch nach 15 Jahren sehr erfüllend“

Von Carsten Steevens, Hamburg

Seit 30 Jahren ist die Hannover Rück an der Börse. Am 30. November 1994 kam der Rückversicherer zu einem Emissionspreis von 75 DM – rund 38 Euro – in den Handel. Am vergangenen Freitag, am Tag vor dem IPO-Jahrestag, schloss die Aktie bei 247,10 Euro. Gemessen am Emissionspreis sowie unter Berücksichtigung eines Aktiensplits im Verhältnis 1:3 im Jahr 2002, der laut Unternehmen einen tatsächlichen Vergleichswert von 12,67 Euro ergibt, hat sich der Wert der Aktie seit dem Börsengang fast um das 20-fache erhöht.

Bezöge man die reinvestierten Dividenden ein, liege der Total Shareholder Return der vergangenen drei Jahrzehnte bei nahezu 6.000%, rechnet Karl Steinle, beim weltweit drittgrößten Rückversicherer für Investor Relations (IR) und Rating Agency Relations verantwortlich, auf Anfrage der Börsen-Zeitung vor. „Das entspricht einem jährlichen Return von 14,6%.“ Damit habe der Rückversicherer Indizes wie Dax und S&P 500 geschlagen.

Faktoren der Wertentwicklung

Drei Gründe sieht der 54-Jährige als wesentlich für die Wertentwicklung an: das Wachstum des Rückversicherungsgeschäfts, über dem Sektor liegende Eigenkapitalrenditen bei gleichzeitig unterdurchschnittlicher Ergebnisvolatilität in den vergangenen zehn Jahren sowie eine besondere Fokussierung auf die Steigerung des Unternehmenswerts. Als Beispiel führt Steinle selektives Underwriting an, durch das Geschäft gezeichnet werde, welches Mindestmargen erfülle. Ferner erhöhe eine möglichst schlanke Unternehmensstruktur mit niedrigeren Verwaltungskosten das Gewinnpotenzial.

Die relative Bewertung der Hannover Rück, die im März 2022 in den Dax aufrückte, sei höher als der Durchschnitt der Branche, unter anderem wegen höherer Eigenkapitalrendite und geringerer Ergebnisvolatilität. „Dennoch sind wir mit Blick auf Kurs-Gewinn-Verhältnis und Dividendenrendite im Vergleich zu anderen Branchen weiterhin attraktiv.“ Zur Rolle der Talanx-Mehrheitsbeteiligung von 50,2% an dem Rückversicherer sagt Steinle, die Aktionärsstruktur verbinde „das Beste aus zwei Welten“. Einerseits gebe der Ankeraktionär Stabilität, die auch eine auf langfristigen Erfolg ausgelegte Unternehmensentwicklung fördere. Andererseits sorge der relativ große Streubesitz von 49% für hohe Relevanz der freien Aktionäre bei gleichzeitiger Unabhängigkeit vom Hauptaktionär.

HSH Nordbank ohne Börsengang

Seit dem Herbst 2009 ist Steinle für den Rückversicherer tätig, zunächst zuständig für die Unternehmenskommunikation inklusive IR, Media Relations sowie interne Kommunikation und Marketing, später für IR, Rating und Financial Reporting. Nach Hannover kam er von der HSH Nordbank, die während der Finanzkrise in Turbulenzen geriet. Die Projekte Privatisierung und Börsengang der damaligen Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein wurden gestoppt. Für Steinle, seit 2007 Leiter IR/Rating und für das IPO-Projekt zuständig, Grund genug, sich beruflich neu zu orientieren: „Für mich war eine reine Fixed-Income-IR keine Option.“

Der aus Donauwörth stammende Schwabe, der eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann und ein Betriebswirtschaftsstudium absolvierte, kam nach Stationen beim Tondachziegelhersteller Creaton, in der Kapitalmarktkommunikation auch bei Krones, dem im MDax gelisteten Hersteller von Getränkeabfüll- und Verpackungsanlagen, beim Brokerhaus Equinet sowie der HSH Nordbank zur Hannover Rück. Das Geschäft eines Rückversicherers habe er vorher „in der Tiefe nicht, eher als Zeitungsleser und als wirtschaftlich interessierte Person“ gekannt, erklärt Steinle.

Arbeit an Investorenbasis

Wie sich die IR-Anforderungen seitdem verändert haben? Es sei „auch nach 15 Jahren sehr erfüllend, dass Rückversicherungsthemen so vielfältig und fachlich tiefgehend sind“, sagt der IR-Leiter der Hannover Rück. Kommunikativ waren unter anderem die Einführung des europäischen Aufsichtsregimes Solvency II Anfang 2016 sowie des eigens für die Versicherungsbranche zugeschnittenen Rechnungslegungsstandards IFRS 17 im Jahr 2023 zu begleiten. „Es wird uns noch eine Weile beschäftigen, bis das Verständnis der Rechnungslegung von allen Investoren durchdrungen ist“, so Steinle.

Die Hannover Rück, an der auch mehr als 70.000 private Anleger beteiligt sind, strebt nach Angaben des IR-Leiters eine weitere Diversifikation ihrer Investorenbasis an – geografisch und nach Investorentypen. Eine Ausweitung des IR-Teams mit seinen 13 Mitgliedern plant der Rückversicherer aktuell nicht.

Roadshows „etwas schwieriger“

„Wir sind gut aufgestellt und arbeiten zudem eng mit Teams aus anderen Fachabteilungen, unter anderem aus dem Underwriting, Rechtsabteilung, Accounting/Controlling und Unternehmenskommunikation, zusammen“, erläutert Steinle. Daher sei ein Ausbau derzeit nicht vorgesehen. Durch die überarbeitete EU-Finanzmarktrichtlinie Mifid 2 und auch die Corona-Pandemie seien Roadshows zwar „etwas schwieriger“ geworden. „Wir hatten und haben aber weiter einen guten Austausch mit unseren Investoren.“ Letztlich seien die Aus- und Nachwirkungen geringer als erwartet. Aus Sicht von Steinle legen Investoren weiterhin Wert auf persönliche Treffen, auch wenn virtuelle Roadshows an Bedeutung gewonnen hätten.

In diesem Jahr kommt der Rückversicherer bislang auf 23 Konferenzen und zehn Roadshows. Zudem seien Quartalsmitteilungen sowie Conference Calls im Rahmen der Kommunikation zu den Vertragserneuerungsrunden in der Branche „bei uns die durchschnittliche, reguläre Frequenz in der Kapitalmarktkommunikation“, so Steinle.

Mehr als 20 Analysten

Begleitet wird die Hannover Rück am Kapitalmarkt von mehr als 20 Analysten - seit mehr als 25 Jahren, wie der IR-Leiter mitteilt. „Da wir als Rückversicherer in einem sehr spezialisierten Bereich des Versicherungsmarktes tätig sind, kann sich das durchaus sehen lassen.“ Die Hannover Rück genieße bei institutionellen Investoren und bei Analysten einen sehr guten Ruf, was sich an der beständig guten, zum Teil über dem Sektor-Durchschnitt liegenden Bewertung der Aktie ablesen lasse, sagt Steinle. Auch der Wechsel vom MDax in den Dax im Jahr 2022 habe zu keinen wesentlichen Veränderungen in der Wahrnehmung der Investoren oder der IR-Arbeit geführt.


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