Japan

Kishidas Kabinett fällt am Markt durch

Viel Altes, wenig Neues: Japans neuer Regierungschef Fumio Kishida stellt seine Regierungsmannschaft vor. Die Börse reagierte darauf mit fallenden Kursen.

Kishidas Kabinett fällt am Markt durch

Von Martin Fritz, Tokio

Der 64-jährige Fumio Kishida ist neuer Regierungschef in Japan. Beide Kammern des Parlaments wählten ihn mit der Mehrheit der Koalition aus Liberaldemokraten (LDP) und Komei-Partei zum 100. Premier der Inselnation und damit zum Nachfolger des glücklosen Yoshihide Suga (72), der lieber zurücktrat, als um seine Wiederwahl zu kämpfen, weil die Wähler mit seiner Pandemiebekämpfung unzufrieden waren. Tatsächlich ist Kishida die Nummer 63, aber Japan zählt jede Wahl einzeln.

Der Neue will keine Zeit verlieren und Presseberichten zufolge das Parlament bereits Mitte Oktober vorzeitig auflösen. Dessen Neuwahl würde nach dem üblich kurzen Zwei-Wochen-Wahlkampf dann am 31. Oktober stattfinden. Auf diese Weise will Kishida den typischen Wählerbonus für einen neuen Regierungschef sowie das aktuelle Ende der Pandemie-Beschränkungen maximal nutzen und die Opposition dezimieren. Erst nach einem klaren Wahlsieg und einem überzeugenden Abschneiden bei der Oberhauswahl im Sommer 2022 hätte er seinen Job auf längere Sicht gesichert.

Seine Wirtschaftspolitik hatte der neue Regierungschef bereits unmittelbar nach seiner Wahl zum Vorsitzenden der LDP skizziert – einen „tugendhaften Kreislauf aus Wachstum und Umverteilung“ zugunsten von Familien mit Kindern, irregulär Beschäftigten, Frauen und Studenten. „Ich will einen neuen Kapitalismus, um die Einkommensunterschiede zwischen Arm und Reich zu verringern“, sagte Kishida. Sein oberstes Ziel sei die Überwindung der Deflation. Dafür werde er die Wirtschaftspolitik „Abenomics“ seines Vorvorgängers und Mentors Shinzo Abe, die sich durch eine anhaltend expansive Geld- und Fiskalpolitik auszeichnet, fortsetzen.

Sein neues Kabinett atmet denselben Geist wie er selbst – viel Altes, wenig Neues. Außenminister Toshimitsu Motegi und Verteidigungsminister Nobuo Kishi, ein jüngerer Bruder von „Königsmacher“ und Ex-Premier Abe, behielten ihre Jobs. Die Vergabe der Wirtschaftsposten barg ebenfalls keine Überraschungen, weil Kishida die Machtverteilung innerhalb der LDP berücksichtigte. Die Börse reagierte darauf mit fallenden Kursen.

Die Logik der Dauerregierung

Zwar sind 13 der 20 Kabinettsmitglieder Neulinge. Aber sie fügen sich der traditionellen Machtlogik der breit aufgestellten Dauerregierungspartei. Die größte Veränderung war die Ablösung von Ex-Premier Taro Aso (81), der rund neun Jahre lang Finanzminister war. Sein Posten bleibt in der Familie: Nachfolger Shunichi Suzuki (68), ein früherer Umwelt- sowie Olympia-Minister, ist der Schwager von Aso und gehört der von Aso geleiteten zweitgrößten LDP-Faktion an. Als unbeschriebenes Blatt im Finanzbereich dürfte Suzuki Analysten zufolge dem drängenden Wunsch von Kishida nach höheren Staatsausgaben nachgeben.

Neuer Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) ist Koichi Hagiuda (58), im vorigen Kabinett von Suga für Bildung zuständig und ebenfalls ein Verbündeter von Abe. Der neue Wirtschaftsminister Daishiro Yamagiwa, ein ehemaliger METI-Vize, gehört wiederum der Aso-Fraktion an. Der relative Neuling Takayuki Kobayashi (46) erhielt den erstmals geschaffenen Ministerposten für wirtschaftliche Sicherheit und soll die technologische Seite von Japans Wirtschaft stärken.