„Kontakt zum Endkunden ist hilfreich“
„Kontakt zum Endkunden ist hilfreich“
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt
Seit knapp drei Jahren leitet Antje Kelbert den Bereich Investor Relations (IR) der Hornbach-Gruppe. „Die Arbeit mit Menschen ist mir sehr wichtig“, sagt sie im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Und die IR-Arbeit ist eine Informationsdrehscheibe; sie hat viele Facetten, etwa Geschäftsmodell, Strategie, Kundenstruktur, Technologie, Finanzzahlen, Compliance und Nachhaltigkeit – das ist zwar komplex, aber auch spannend und bringt immer wieder etwas Neues. Es wird nie langweilig oder eintönig.“
Einzige gelistete Baumarktkette
Die häufigste Frage, die ihr von Investoren gestellt werde, sei: Was macht Hornbach aus? Kelbert weise dann darauf hin, dass es das einzige börsennotierte Baumarktunternehmen aus Deutschland ist. Darüber hinaus zeichne sich die Kette durch die im Branchenvergleich großen Flächen der Bau- und Gartenmärkte sowie Interconnected Retail – die Verzahnung von stationärem und Online-Handel – aus. Häufig würden auch Auskünfte über Finanz- und Effizienzkennzahlen wie die Flächenproduktivität oder zu den Wachstumsperspektiven erbeten. Mit den Jahren seien verstärkt Fragen zum Thema Nachhaltigkeit hinzugekommen. Die früher von Analysten und Investoren oftmals kritisierte Komplexität der Konzernstruktur sei dagegen kein Thema mehr. Das habe sich mit dem Delisting der Holding-Tochter Hornbach Baumarkt AG Ende Februar 2022, mit dem Hornbach dem Wunsch vieler Marktakteure nachgekommen sei, erledigt. Kelbert erinnert sich nur allzu gut an diese Transaktion, war sie doch erst am 1. Dezember 2021 zu Hornbach gekommen – also unmittelbar vor der heißen Phase des Delisting-Verfahrens und noch dazu in einer Zeit, in der es wegen der Corona-Pandemie viele, von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Einschränkungen gab. „Das war ein Sprung ins kalte Wasser“, sagt sie heute, „aber es war auch eine sehr intensive und effiziente Form der Einarbeitung, durch die man das Unternehmen sehr schnell kennenlernt und sich verzahnt hat.“ Auch die durch das Projekt von Anfang an notwendige, enge Zusammenarbeit mit dem Vorstand, dem IR-Team und externen Beratern wertet sie rückblickend als glücklichen Umstand und wertvolle Erfahrung.
Dass Investoren kaum noch Anstoß an der Konzernstruktur nehmen, überrascht trotz des Delistings der Baumarkt-Tochter ein wenig, denn die Muttergesellschaft der Gruppe firmiert als Hornbach Holding AG und Co. KGaA. Der Streubesitzanteil beträgt 62,5%, die übrigen 37,5% hält die Hornbach Familien Treuhand GmbH. Diese bestellt die Mitglieder der Hornbach Management AG, die als persönlich haftende Gesellschafterin auch die Leitung der Holding inne hat. Ganz so simpel ist die Konzernstruktur also auch heute noch nicht.
Negatives Feedback auf das Delisting habe man kaum bekommen, erinnert sie sich. „Seither können wir den Kapitalmarkt viel klarer und zielgerichteter ansprechen“, so Kelbert. Auch der Visibilität von Hornbach sei das zugute gekommen. Inzwischen werde die Holding-Aktie von neun Research-Häusern gecovert; vor dem Delisting der Baumarkt-Tochter seien es fünf gewesen. Das mag aber auch damit zu tun haben, dass Kelbert von Anfang an großen Wert auf den Ausbau der IR-Aktivitäten, mehr Präsenz auf dem Kapitalmarkt – etwa durch Nutzung von Social Media (Linkedin) – und aktive Ansprache von Investoren legte. „Das zahlt sich nun aus.“
Investoren würden es sogar begrüßen, dass die Hornbach Holding mit der Hornbach Familien Treuhand einen zuverlässigen Ankerinvestor an Bord hat, sagt Kelbert. Insofern sei die KGaA ein Vor- und kein Nachteil.
Gemäß Kelbert ist die KGaA-Struktur inzwischen aber selbst bei Investoren aus dem Ausland hinlänglich bekannt. Das mag auch daran liegen, dass einige Unternehmen aus dem Dax – Fresenius, Fresenius Medical Care, Henkel und Merck – diese Rechtsform haben.
Internationalisierung der Investorenbasis nimmt zu
Die Herkunft der Investoren, die Kontakt zu Hornbach bzw. zum insgesamt vierköpfigen IR-Team aufnehmen, hat viel mit der Verbreitung der Baumarktkette zu tun, die Filialen nicht nur in Deutschland und den Anrainerstaaten betreibt, sondern u.a. auch in Schweden und Rumänien. Praktisch aus ganz Europa würden sich Interessenten melden, die Fragen zu Hornbach haben. Doch auch aus Nordamerika, wo der Konzern Road-Shows und Investorenkonferenzen veranstaltet habe, kämen Anfragen. „Das trägt kontinuierlich zur zunehmenden Internationalisierung der Investorenbasis bei“, sagt Kelbert, was sich in der Entwicklung des Aktionärskreises spiegele.
Bevor Kelbert am 1. Dezember 2021 bei Hornbach anfing, war sie als Senior Managerin für die IR von Kion tätig. Davor hatte die Diplom-Betriebswirtin (Berufsakademie Mannheim, 1999 bis 2002; heute: Duale Hochschule Baden-Württemberg, DHBW), die berufsbegleitend im Januar 2011 ein MBA-Studium an der Fachhochschule für Ökonomie & Management (FOM) in Frankfurt abgeschlossen hat, Erfahrungen in der Software AG – ebenfalls als Senior Managerin IR –, bei MTU Aero Engines und Stada gesammelt.
Überhaupt werde die Tatsache, das Hornbach offen damit umgeht, ein Familienunternehmen zu sein – was langfristiges Denken und strategisches Handeln zur Folge habe –, von Investoren positiv gesehen. Auch in Gesprächen zeige sich dadurch, wer als Investor zu Hornbach passe. Dies treffe zum Beispiel eher auf Family Offices zu als auf Anleger, die taktisch investieren.
Holding hat drei Töchter
Die Hornbach Holding ist selbst nicht im operativen Einzelhandel tätig, sondern verfügt über drei Tochtergesellschaften, von denen die mit Abstand größte und wichtigste die Hornbach Baumarkt AG ist. Daneben gibt es die Hornbach Baustoff Union GmbH, die auf dem Gebiet des Baustoffhandels mit überwiegend gewerblichen Kunden tätig ist, und die Hornbach Immobilien AG, die einen Großteil des Immobilienvermögens der Hornbach-Gruppe besitzt. An diesen beiden Gesellschaften hält die Holding jeweils 100%, an der von der Börse genommenen Baumarkt-Tochter nach jüngsten Angaben 93,7%.
Mit Pressechef Christian Grether (44) – der genau ein Jahr nach Kelbert zur Hornbach-Gruppe stieß –, arbeite sie Hand in Hand, sagt Kelbert. Oft gebe es gleiche Themen, die dann im Sinne der One-Voice-Policy abgestimmt und zielgruppenspezifisch vorbereitet würden.
Kelbert berichtet – obgleich bei der Hornbach Holding angestellt – an Karin Dohm, Finanzchefin (CFO) sowohl der Hornbach Management AG als auch der Hornbach Baumarkt AG; das ist eine Folge der KGaA-Struktur.
Durch ihre Tätigkeit für Hornbach hat es Kelbert erstmals mit einem Unternehmen zu tun, dessen Kunden die Endverbraucher sind. „Es ist immer hilfreich, wenn man Kontakt zum Endkunden hat“, meint sie. Auch weil so ziemlich jeder Analyst und Investor schon eigene Erfahrungen in einem Baumarkt gesammelt hat.
Dank ihrer langjährigen Berufserfahrung verfüge sie über ein umfangreiches, internationales Netzwerk von Kapitalmarkt-Stakeholdern, hatte Finanzchefin Dohm seinerzeit in der Mitteilung über Kelberts Einstieg bei Hornbach wissen lassen.
Besonderheiten
Ein wichtiger Unterschied zu ihren früheren IR-Tätigkeiten – abgesehen von den Terminverschiebungen, die sich durch das Ende Februar endende Geschäftsjahr bei Hornbach ergeben – sei, dass Vertreter der Gründerfamilie mit an Bord sind. So steht Albrecht Hornbach als Sohn des Unternehmensgründers an der Spitze der Hornbach Management AG, also der persönlich haftenden Gesellschafterin der Hornbach Holding. Mit seiner langjährigen Erfahrung, seinem Weitblick und seiner tiefen Verwurzelung im Unternehmen sei Albrecht Hornbach auch bei den Kapitalmarktakteuren ein sehr geschätzter Gesprächspartner. „Das ist schon eine Besonderheit“, sagt Kelbert.
Kelbert ist langjähriges Mitglied im Deutschen Investor Relations Verband (DIRK), in dem sie bereits im Januar 2004 erfolgreich die Prüfung zum Certified Investor Relations Officer (CIRO) abgelegt hat. Seit Januar 2012 hat sie im DIRK die Regionalkreisleitung Rhein-Main inne. Zu ihren Aufgaben gehöre die Förderung des Austausches zwischen den IR-Tätigen und angrenzenden Berufen in der Region, etwa durch die Organisation von Treffen. Gemeinsam mit anderen IR-Expertinnen habe sie 2013 das Frauen-Netzwerk „Women in Investor Relations“ (WIR) ins Leben gerufen. Ende Oktober dieses Jahres wurde Kelbert in den Vorstand des DIRK gewählt.
Außerdem sei die Werbung von Hornbach etwas Besonderes, meint Kelbert. Diese ist mehrfach ausgezeichnet worden, aber nicht unumstritten.
Regulatorik hat sich deutlich erhöht
Kelbert, die auf 22 Jahre IR-Arbeit zurückblickt, findet, dass über die Jahre Geschwindigkeit und Breite von Themen und Regularien, die mit Investor Relations zu tun haben, stark zugenommen haben. So sei Nachhaltigkeit zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn ein Nischenthema gewesen; heute sei es ein zentrales und hochkomplexes Thema. Die Professionalisierung, aber auch die Dichte an Regulatorik, habe sich deutlich erhöht. Zuweilen habe es aber den Anschein, als seien Regeln nur Selbstzweck, dienten aber nicht der Transparenz und seien nicht nachvollziehbar. Auch Gesetze und Verordnungen, die zwar schon in Kraft getreten, aber – wie sich zeigt – „nicht voll entwickelt und finalisiert“ sind, seien ärgerlich. Grundsätzlich seien Informationen zur Nachhaltigkeit in Unternehmen aber begrüßenswert. Eine viel schnellere Entwicklung wird es nach Ansicht von Kelbert künftig bei Themen rund um Künstliche Intelligenz geben.
Parallelen zum Ehrenamt
Kelbert wohnt in Bad Vilbel. Das sei insbesondere für die Zusammenarbeit mit dem Kapitalmarkt ein großer Vorteil, wenn im wenige Kilometer südlich gelegenen Frankfurt ein Termin ansteht. Ansonsten fahre sie „fast auf die Sekunde genau anderthalb Stunden“ nach Bornheim in der Pfalz, wo die Hornbach-Gruppe ihren Sitz hat. „Ich bin da, wo ich gebraucht werde.“
Neben ihrer Tätigkeit als IR-Chefin von Hornbach ist Kelbert ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendarbeit der Evangelischen Christuskirche Bad Vilbel engagiert. Angepasst an das Alter der Tochter sei sie zunächst im Krabbel-Gottesdienst-Team engagiert gewesen, inzwischen organisiere sie in der Kirchengemeinde die Mutter-Kind-Wochenenden. Auf der einen Seite sei das ein schöner Ausgleich zum Job, auf der anderen Seite weist Kelbert auf die Parallelen von IR-Arbeit und ihrer Tätigkeit für die Gemeinde hin: „In beiden Fällen geht es darum, eine Geschichte aufzubereiten und zielgruppengerecht zu erzählen.“ Im beruflichen Kontext sei das die Equity-Story, im kirchlichen Umfeld vielleicht ein Gleichnis.