Mike Lynch geht straffrei aus
Autonomy-Gründer Mike Lynch geht straffrei aus
hip London
Der Autonomy-Gründer Mike Lynch (58) ist von einem Geschworenengericht in San Francisco in allen 14 Anklagepunkten freigesprochen worden. Einen weiteren Vorwurf, Kapitalanlagebetrug, hatte bereits der Richter gegen Ende des Prozesses fallengelassen.
Lynch drohten bis zu 25 Jahre Haft. Die Anklage warf ihm vielschichtigen Betrug über mehrere Jahre vor. Auf diese Weise habe er die Bewertung des von ihm geführten Softwareunternehmens vor der Übernahme durch HP (Hewlett-Packard) in die Höhe getrieben. Auch Stephen Chamberlain, zuvor Vice President Finance, wurde freigesprochen.
Lynch wollte keinen Deal
Wegen der drakonischen Strafen, die in solchen Prozessen drohen, kommt es meist noch vor Eröffnung des Prozesses zu Verfahrensabsprachen mit Strafminderung. Lynch wollte dagegen vor dem selben Richter, der seinen Finanzchef Sushovan Hussain 2018 zu fünf Jahren Haft verurteilt hatte, seine Sicht der Dinge darlegen. Anwälte der Kanzleien Clifford Chance und Steptoe standen ihm dabei zur Seite.
Lynch gab sich als IT-Experte und Start-up-Gründer, der sich mit den Bilanzierungspraktiken der Gesellschaft nicht in aller Tiefe auseinandergesetzt habe. An den Sitzungen des Prüfungsausschusses habe er nicht teilgenommen, sagte dessen als Zeuge geladener ehemaliger Vorsitzender Jonathan Bloomer. Die Anklage versuchte, Lynch als dominanten Chef darzustellen, der keine Kritik duldete.
Reue nach dem Kauf
Das Urteil ist nicht nur für die Staatsanwälte peinlich, sondern auch für HP. Der Hardwarehersteller hatte Autonomy im Sommer 2011 für 11,7 Mrd. Dollar erworben. Die Reue nach dem Kauf setzte schnell ein. Der IT-Konzern war der Meinung, einen zu hohen Preis bezahlt zu haben.
Eingefädelt hatte den Deal der damalige HP-Chef Léo Apotheker. Der Board ersetzte ihn schnell durch die frühere Ebay-Chefin Meg Whitman. Im November 2012 schrieb HP 8,8 Mrd. Dollar auf Autonomy ab und behauptete, in die Irre geführt worden zu sein. Von den 8,8 Mrd. Dollar seien 5 Mrd. auf Unregelmäßigkeiten bei der Bilanzierung zurückgegangen. Lynch warf HP vor, bei der Due Diligence geschlampt zu haben. Zudem habe das Unternehmen die Integration von Autonomy in den Sand gesetzt.
Auslieferungsabkommen in der Kritik
Lynch will sich dem „Telegraph“ zufolge nun für eine Reform des unter Tony Blair abgeschlossenen Auslieferungsabkommens mit den USA einsetzen. Er wolle dabei mit dem ehemaligen Brexit-Staatssekretär David Davis zusammenarbeiten. Lynch war seit den „Natwest 3“ der prominenteste Geschäftsmann, der in die Vereinigten Staaten überstellt wurde. Die Banker David Bermingham, Giles Darby und Gary Mulgrew wurden 2006 im Rahmen des Enron-Skandals ausgeliefert.