Nadhim Zahawi fühlt sich diffamiert
Von Andreas Hippin, London
Der britische Schatzkanzler Nadhim Zahawi (55), der gerne die Nachfolge Boris Johnsons antreten würde, ist vom medialen Interesse an den Finanzen seiner Familie auf dem falschen Fuß erwischt worden. Dabei hätte er nach diffamierenden Berichten über die Ehefrau seines Amtsvorgängers, die durch ihren Steuerstatus ins Visier der Medien geriet, eigentlich vorgewarnt sein müssen. Im Gespräch mit der Sky-News-Moderatorin Kay Burley war der ambitionierte irakische Kurde, der zu den Gründern des Meinungsforschers Yougov gehört, bemüht sich als Opfer übler Nachrede zu präsentieren. „Ich bin offenkundig verleumdet worden“, sagte er. Ihm sei gesagt worden, die Betrugsbekämpfungsbehörde SFO, die National Crime Agency (NCA) und die Steuerbehörde HMRC ermittelten gegen ihn. „Ich wusste davon nichts“, sagte Zahawi. „Ich habe immer meine Steuern gezahlt und in Großbritannien eine Steuererklärung abgegeben.“ Er werde alle Fragen von HMRC beantworten. „Aber ich werde noch weiter gehen“, kündigte Zahawi an. „Sollte ich Premierminister werden, veröffentliche ich jährlich meine Steuererklärung.“
Der „Independent“ hatte zuvor berichtet, die Steuerbehörde prüfe unter der Hand seine Finanzen, nachdem die NCA Informationen an sie weitergereicht, selbst aber nichts unternommen habe. Der „Observer“ will erfahren haben, dass Beamte aus dem Cabinet Office Johnson vor der Ernennung Zahawis auf ein „Warnsignal“ von HMRC hinwiesen. Wie das Blatt unter Berufung auf eine nicht genannte Quelle berichtet, könnten solche Dinge verhindern, dass jemand in den Ritterorden Order of the British Empire aufgenommen wird. Die Idee, dass er Schatzkanzler oder gar Premierminister werden könnte, sei „unglaublich“, zitiert das Blatt seine Quelle.
Mittlerweile ist HMRC Zahawi unterstellt. Im Juni, als er noch als Bildungsminister fungierte, dementierte die Behörde, dass gegen ihn ermittelt werde. Sein Vermögen wird auf rund 100 Mill. Pfund geschätzt. Er gründete nicht nur Yougov, er ist auch im irakischen Teil Kurdistans bestens vernetzt und organisierte unter anderem einen Besuch Johnsons dort, bei dem der damalige Außenminister Theresa Mays mit einem AK47-Schnellfeuergewehr posierte. Von 2015 bis 2018 fungierte Zahawi als Chief Strategy Officer der irakisch-kurdischen Ölgesellschaft Gulf Keystone. Seine Ehefrau erwarb zuletzt durch ihre Firma Zahawi & Zahawi einen Co-op Superstore in Cambridgeshire für 6,3 Mill. Pfund. Er selbst hatte sein Amt als Direktor der Gesellschaft bei seinem Eintritt in die Regierung 2018 niedergelegt. Wie der „Mirror“ berichtet, erwarben Firmen des Ehepaars in den vergangenen sechs Jahren Gewerbeimmobilien im Wert von mehr als 80 Mill. Pfund. Sie verfügen zudem über Wohnimmobilien im Wert von 17 Mill. Pfund.