Großbritannien

Sunak setzt auf altbekannte Gesichter

Rishi Sunak hat zwar Posten in seinem neuen Kabinett neu besetzt. Doch bei wichtigen Ämtern hat Stabilität für ihn Priorität. Schatzkanzler, Außen-, Innen- und Wirtschaftsminister kennt man schon.

Sunak setzt auf altbekannte Gesichter

Von Andreas Hippin, London

Großbritanniens neuer Premierminister hat eine Reihe alter Bekannter in sein Kabinett geholt. James Cleverly (53), ein enger Verbündeter von Boris Johnson, hielt sich als Außenminister im Amt, obwohl er Rishi Sunaks Amtsvorgängerin Liz Truss bis wenige Tage vor ihrem Sturz den Rücken gestärkt hatte. Seine Mutter war aus Sierra Leone nach England gekommen. Sie arbeitete im Lewisham Hospital im Londoner Südosten. Seine Eltern konnten sich kein weiteres Kind leisten, doch ermöglichten sie ihm den Besuch der Colfe’s School, einer der ältesten Schulen der britischen Metropole. Cleverly kann auf eine Karriere im Verlagswesen zurückblicken. Sein politischer Aufstieg verlief dagegen holprig. Johnson, damals Bürgermeister von London, machte ihn zum Chef der London Fire Authority. Im Vergleich zu anderen Mitgliedern der neuen Regierung ist er ein unbeschriebenes Blatt.

Für Erstaunen sorgte die Rückkehr von Suella Braverman (42) ins Innenministerium, die eben erst von Truss entlassen worden war. Danach wollte sie sich eigentlich erneut um die Parteiführung bewerben, zog aber am Wochenende zugunsten von Sunak zurück. Ihre Ernennung spricht dafür, dass auch die neue Regierung beim Thema Migration eine harte Linie verfolgen wird. Die Cambridge-Absolventin hatte einen Deal mit Ruanda eingefädelt, um Zuwanderungswillige, die per Boot über den Ärmelkanal kommen, in das afrikanische Land ausfliegen zu können. Vermutlich ist die Personalie der Preis, den Sunak für die Unterstützung des rechten Flügels der Partei bezahlen muss. Ihre Eltern stammen aus Mauritius und Kenia. Sie beschrieb sich deshalb einmal als „Kind des britischen Empires“.

Dominic Raab (48) ist ein weiterer Rückkehrer. Sieben Wochen nach seiner Entlassung durch Truss kommt er als Justizminister und stellvertretender Premierminister wieder. Zu seinen Themen gehört die Grundrechtserklärung British Bill of Rights – eine Voraussetzung für den Ausstieg des Landes aus der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Zuständigkeitsbereich des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Michael Gove (55) erhielt seinen alten Posten als „Levelling-up“-Minister zurück. Damit ist er für die Angleichung der Lebensverhältnisse in den unterschiedlichen Regionen des Landes zuständig. Es ist bereits das zweite Comeback des ehemaligen Weggefährten von Johnson, dem er kurz nach dem EU-Referendum die Unterstützung versagte. Jeremy Hunt (55) war als Schatzkanzler unkündbar geworden. Seine Ernennung durch Truss hatte die Finanzmärkte beruhigt, an denen nach Vorstellung des Wachstumsplans seines Vorgängers Kwasi Kwarteng die Renditen britischer Staatsanleihen steil nach oben geschossen waren. Grant Shapps (54), der unter Truss ein paar Tage lang Innenminister war, ersetzte nun Jacob Rees-Mogg als Wirtschaftsminister.

Für Hunt hatte Sunak noch ein besonderes Schmankerl parat. Die Erschließung von Schiefergasvorkommen durch Fracking wird auch weiterhin nicht genehmigt. Im wohlhabenden südenglischen Wahlkreis von Hunt hatte sich schon vor Jahren erheblicher Widerstand dagegen geregt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.