Turnschuh-Analyst Trussell verlässt die Deutsche Bank
Von Norbert Kuls, New York
Der renommierte Aktienanalyst Paul Trussell wechselt von der Deutschen Bank zum größten amerikanischen Sportartikelhersteller Nike, wo er die Leitung der Investor-Relations-Abteilung übernehmen wird. Das geht aus einer Mitteilung von Trussell auf dem sozialen Business-Netzwerk Linkedin hervor. Trussell, der Nike und Einzelhandelsaktien wie Walmart oder Target für die Wall-Street-Dependance der Deutschen Bank beobachtete und regelmäßig im Wirtschaftssender CNBC auftrat, war auch der erste und einzige Afroamerikaner im Führungsgremium der Bank in New York.
„Paul war ein unglaublich wichtiger persönlicher Berater für mich in Fragen von Chancengleichheit, Integration und Vielfalt“, sagte Christiana Riley, die Amerika-Chefin der Deutschen Bank in einem ebenfalls auf Linkedin veröffentlichten Video, in dem sie gemeinsam mit Trussell auftrat. Trussell, der zehn Jahre für die Deutsche Bank tätig war, war zusammen mit Renée Cummins einer der Leiter des afroamerikanischen Mitarbeiternetzwerks „Black Leadership Forum“. Nach der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten hatten die beiden vor einem Jahr in einem internen Podcast ihrer Wut über die Tat Ausdruck gegeben und einen Bogen zur Diskriminierung am Arbeitsplatz geschlagen.
Die US-Finanzbranche gilt als notorisch weiß. Es gibt zwar vereinzelt afroamerikanische Spitzenmanager wie den 2018 abgetretenen, langjährigen American-Express-Vorstandschef Ken Chenault. Afroamerikaner und Latinos stellten auf den obersten Führungsebenen von US-Banken zuletzt aber weniger als 4% der Manager – obgleich Studien seit Jahren belegen, dass divers besetzte Teams bessere Entscheidungen treffen und höhere Erträge erwirtschaften. Riley, die auch dem Konzernvorstand der Deutschen Bank angehört, hatte ihr Exekutivkomitee vor dem Hintergrund der Proteste gegen Rassismus vor einem Jahr um einen Sitz erweitert, um „vielfältige Sichtweisen“ im Raum zu haben. Anders als die übrigen Mitglieder des 16-köpfigen Gremiums, bei denen es sich durchweg um Abteilungsleiter handelt, berichtete Trussell nicht direkt an Riley. Sobald ein nichtweißer Banker die Leitung einer Abteilung übernimmt, soll die Stelle wegfallen.
Die Deutsche Bank hat im vergangenen Jahr mehrere Diversitätsinitiativen gestartet und will etwa die Zahl der Afroamerikaner auf den höchsten Karrierestufen der Bank bis 2023 um 50% steigern. Mit Paula Price hatte die Bank im vergangenen September auch erstmals eine afroamerikanische Managerin in den US-Verwaltungsrat berufen. Price war zuvor Finanzchefin der US-Kaufhauskette Macy’s gewesen – ein Unternehmen, das Trussell ebenfalls analysierte.
Trussells Wechsel zu Nike, nach Angaben von Riley einer der wichtigsten Kunden der Deutschen Bank in der USA, stößt trotz aller Enttäuschung in der Bank auch auf Verständnis. Trussell gilt als „besessen“ von Nike. Im Fernsehen trat der Analyst ganz konservativ mit Anzug und Krawatte auf. Zu Sitzungen des Exekutivkomitees erschien er in Nike-Sneakern.