Welche Fragen EDF-Chef Rémont 2025 klären muss
Welche Fragen EDF-Chef Rémont 2025 klären muss
Von Gesche Wüpper, Paris
Er wird für seine Kompromissfähigkeit gelobt, aber auch für sein großes Verhandlungsgeschick und seine Loyalität gegenüber dem französischen Staat. Als Luc Rémont vor gut zwei Jahren das Ruder von EDF (Electricité de France) übernommen hat, durchquerte der französische Stromriese gerade einen großen Sturm. Inzwischen ist die Rückverstaatlichung abgeschlossen und EDF nicht mehr an der Börse notiert. Nach einem Rekordverlust 2022 konnte der Versorger 2023 wieder einen Rekordgewinn ausweisen. Kurz vor Weihnachten konnte Rémont dann einen weiteren Erfolg feiern, als der erste französische EPR-Druckwasserreaktor in Flamanville in der Normandie nach einer Verspätung von zwölf Jahren endlich ans Netz ging.
Dennoch richten sich jetzt wieder alle Augen auf den 55-jährigen Manager und Reserveoffizier. Denn in diesem Jahr muss eine Antwort auf die Frage gefunden werden, welchen Strompreis Fabriken und Unternehmen dem staatlichen Versorger ab 2026 zahlen müssen. Rémont hat den französischen Staat davon überzeugen können, ihm dabei freiere Hand zu lassen. Doch bisher schreckte die französische Industrie angesichts der von EDF geforderten Preise davor zurück, neue Verträge zu unterschreiben, berichtet die Wirtschaftszeitung „Les Echos“.
Finanzierung der künftigen EPR-Reaktoren
Damit nicht genug, denn der Absolvent der renommierten Ingenieurhochschule École Polytechnique muss jetzt auch die Frage klären, wie die sechs Exemplare der neuen Generation der EPR-Reaktoren finanziert werden sollen. Ziel ist, den ersten bereits 2035 oder 2037 in Betrieb zu nehmen, was angesichts der Verzögerungen des EPR-Druckwasserreaktors in Flamanville äußerst ehrgeizig erscheint. Eine endgültige Investitionsentscheidung wird spätestens Anfang 2026 erwartet.
Die französische Regierung hat bereits anklingen lassen, dass sie dem zuletzt mit 54,2 Mrd. Euro verschuldeten Stromriesen dafür ein zinsloses Darlehen gewähren könnte. Dazu, welche anderen Investitionen EDF in den kommenden Monaten erwarten, dürfte Rémont etwas sagen, wenn er im Februar die Bilanz für 2024 präsentiert. Im ersten Halbjahr war EDF auf ein Nettoergebnis von 7 Mrd. Euro gekommen.
Um die Kosten der neuen EPR-Generation im Zaum halten zu können, soll sich der Hobby-Regattasegler Rémont für den Bau ein Zeitfenster von 70 Monaten gesetzt haben, heißt es in Frankreich. Zum Vergleich: In Flamanville sind zwischen den Vorbereitungsarbeiten und dem Anschluss des EPR-Reaktors ans französische Stromnetz Ende Dezember 18 Jahre vergangen. Und auch wenn der Reaktor inzwischen ans Netz gegangen ist, verbraucht er derzeit noch mehr Energie als er produziert. Das sei normal, da er sich noch in der Anlaufphase mit Stopps und Tests befindet, sagte EDF der Regionalzeitung „Ouest France“.
Im Namen des Staates
Bevor Remont Ende 2022 Jean-Bernard Lévy als Chef des Betreibers der 57 französischen Atomreaktoren abgelöst hat, war er von 2017 bis 2022 bei Schneider Electric als Generaldirektor für internationale Aktivitäten zuständig. Einen Großteil seiner Karriere hat der Vater von vier Kindern, dessen Frau Sophie für die staatliche Investitionsbank Bpifrance tätig ist, jedoch im Staatsdienst gemacht. So hat er nach dem Studium zunächst als Ingenieur in der Rüstungsbeschaffungsbehörde Direction générale de l’armement (DGA) begonnen.
Anschließend wechselte er ins Schatzamt, wo er während der zweiten Amtszeit von Jacques Chirac für alle Wirtschaftsminister des 2019 verstorbenen Präsidenten tätig war: Francis Mer, Thierry Breton, Hervé Gaymard und Nicolas Sarkozy. Damals hat er auch an der Teilprivatisierung von Staatskonzernen wie Aéroports de Paris, Areva und eben auch EDF mitgewirkt. Erst 2007 wechselte er in die Privatwirtschaft, zunächst zu Bank of America Merrill Lynch. Rémont ist dafür bekannt, dass ihm das Allgemeinwohl am Herzen liegt. „Für ihn ist die Idee, seinem Land zu dienen, stärker entwickelt als andere Ambitionen“, sagt ein früherer Kollege.