Bitcoins wie Fremdwährungen zu behandeln
Von Martin Dippel-Nissen und Florian S. Zawodsky*)
Die Bedeutung virtueller Währungen und Token (Kryptogeld) steigt stetig an, auch wenn die rechtliche Anerkennung international uneinheitlich ist. Sie rufen auch die deutsche Finanzverwaltung auf den Plan. Im Sommer reagierte diese mit einem Entwurfsschreiben zu Einzelfragen. Darin nimmt das Bundesfinanzministerium (BMF) erstmals umfassend Stellung. Ein finales Schreiben lässt jedoch noch auf sich warten.
Ertragsteuerlich fällt Kryptogeld wie Fremdwährungen in die Kategorie „andere Wirtschaftsgüter“ – in Abgrenzung zu Grundstücken und Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Damit werden Bitcoins vom Fiskus so behandelt wie US-Dollar oder auch Oldtimer. Privatpersonen können Gewinne aus Kryptodeals (nach einem Jahr) steuerfrei vereinnahmen, doch eine Verlustverrechnung gestaltet sich schwierig.
Der Entwurf des BMF wurde bereits sehnlich erwartet. Danach soll die ertragsteuerliche Behandlung folgenden Prinzipien folgen:
Kryptogeld ist wie eine Fremdwährung zu behandeln.
Die Nutzung führt zu steuerpflichtigen Einkünften.
Zahlungsvorgänge stellen einen Realisationsakt dar.
Dabei geht das Ministerium profiskalisch vor. Im Einzelfall dürfte dadurch die Notwendigkeit entstehen, Einkünfte nachträglich offenzulegen. Gleichwohl sind Art und Umfang der Einkünfte bei Investitionen in Kryptowährungen auch künftig klar vorhersehbar und damit auch steuerlich gestaltbar. Die Ertragsteuerbelastung hängt im Wesentlichen davon ab, ob das Investment im Privatvermögen oder über ein (rechtlich selbständiges) Investitionsvehikel erfolgt. Wie bei einer Fremdwährung ist der Erwerb von Kryptogeld im Privatvermögen nicht steuerpflichtig, stellt jedoch grundsätzlich einen Anschaffungsvorgang dar.
Wird die virtuelle Währung im Privatvermögen oder über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gehalten, sind Einkünfte daraus regelmäßig nach § 22 Nr. 3 EStG steuerpflichtig. Die Einkünfte unterliegen der Einkommensteuer und gegebenenfalls auch dem Solidaritätszuschlag, nicht aber der Gewerbesteuer.
Private Geschäfte
Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung von Kryptowährung im Privatvermögen werden als private Veräußerungsgeschäfte einkommensteuerpflichtig, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung maximal ein Jahr beträgt. Die Spekulationsfrist verlängert sich jedoch auf zehn Jahre, wenn die Kryptowährung selbst als Einkunftsquelle genutzt wird. Dies ist beispielsweise anzunehmen, wenn Bitcoins gegen Entgelt überlassen werden. Im Ergebnis werden Bitcoins damit anderen Wirtschaftsgütern des Privatvermögens gleichgestellt, etwa Dollars, Kunstwerken, Oldtimern und Jachten.
Als Veräußerung durch Tausch gilt auch der Einsatz als Zahlungsmittel, etwa zum Erwerb eines Pkw. Privatanleger müssen also die Veräußerungsfristen genau im Auge behalten, um eine Gewinnbesteuerung zu vermeiden bzw. Verluste steuerlich zu nutzen, wobei Letzteres nur eingeschränkt möglich ist. Im Übrigen bleibt ein Veräußerungsgewinn steuerfrei, wenn die Summe der aus sämtlichen privaten Veräußerungsgeschäften erzielten Gewinne weniger als 600 Euro im Kalenderjahr beträgt.
Besondere Aufmerksamkeit ist bei der Anlage über grundsätzlich vermögensverwaltende Personengesellschaften geboten, denn einzelne Tätigkeiten wie das Mining werden von der Finanzverwaltung als gewerbliche Tätigkeit eingeordnet. Zudem gilt: Werden Einheiten einer Kryptowährung „professionell“ gehandelt (wiederholter An- und Verkauf inklusive Tausch in Einheiten anderer Kryptowährungen, wobei das BMF die Kriterien zum gewerblichen Wertpapier- und Devisenhandel anwenden möchte), kann auch dies eine gewerbliche Tätigkeit darstellen. Dies birgt die Gefahr, dass die gesamten Einkünfte der Gesellschaft gewerblich „infiziert“ werden. Achtung: In dem Fall unterliegen die Einkünfte der Gewerbesteuer und ein Veräußerungsgewinn ist auch nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerpflichtig.
Im Privatvermögen gilt:
Veräußerungsgewinne können außerhalb der Spekulationsfrist steuerfrei realisiert werden.
Verluste können bei Veräußerungen nur innerhalb der Spekulationsfrist genutzt werden.
Werden Kryptowährungen unterschiedlich eingesetzt, z. B. zur Erzielung laufender Einkünfte oder als Spekulationsobjekt, sollte in der Regel die Nutzung unterschiedlicher Wallets oder Investitionsvehikel erwogen werden, um die steuerlichen Einkunftsarten zu trennen.
Die finale Fassung des BMF-Schreibens wird Ende des Jahres erwartet. Während das lokale Finanzamt grundsätzlich an dessen Aussagen gebunden ist, gilt dies nicht für die Finanzgerichte. Daher können Steuerpflichtige bei nachteiligen Steuerbescheiden Gerichtsverfahren in Erwägung ziehen. Gleichwohl muss jeder Steuerpflichtige seinen Offenlegungs- und Berichtigungspflichten nachkommen und diese gegebenenfalls für die Vergangenheit überprüfen.
*) Dr. Martin Dippel-Nissen ist Rechtsanwalt und Steuerberater von EY Law in Hamburg, Dr. Florian S. Zawodsky Steuerberater in Berlin.