Gamechanger im europäischen Markt der alternativen Investmentfonds
Gamechanger für alternative Investmentfonds
Die BaFin klärt Zweifelsfragen zur Auflage von Eltif in Deutschland und sorgt für sehr praxisnahe Regulierung
Von Markus Wollenhaupt *)
Am 10. Januar 2024 ist die geänderte Verordnung (EU) 2015/760 über europäische langfristige Investmentfonds („Eltif-VO“ oder kurz „Eltif 2.0“) in Kraft getreten. Kurz darauf, am 1. Februar 2024, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihre Verwaltungspraxis für in Deutschland aufgelegte Eltif in Form eines „BaFin-FAQ“ auf ihrer Website veröffentlicht. Damit ist erstmals auch in Deutschland der Weg frei für die Auflage und Verwaltung von Eltif durch deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen).
Eltif 2.0 dürfte zu einem Gamechanger im europäischen Markt der alternativen Investmentfonds für Privatanleger werden. Die BaFin-FAQ stellen eine sehr praxistaugliche Regulierung des Eltif in Deutschland dar und bieten dem deutschen Fondsmarkt ausgezeichnete Chancen Eltif-Produkte zu realisieren, ohne dass die Möglichkeiten der deutschen Eltif hinter Eltif aus anderen EU-Ländern, insbesondere Luxemburg, zurückbleiben.
Schwerpunkt Luxemburg
Obwohl die Möglichkeit, Eltif aufzulegen, bereits seit 2015 existiert, gibt es bisher nur wenige Eltif in Europa. Derzeit existieren circa achtzig Eltif mit einem verwalteten Vermögen von circa 11 Mrd. Euro. Mehrheitlich wurden die bisherigen Eltif in Luxemburg aufgelegt, wenige in anderen EU-Ländern. Unter deutschem Recht wurde bisher kein Eltif aufgelegt, weil unklar war, welche Anforderungen die BaFin an eine einen Eltif verwaltende KVG oder an die Produktausgestaltung eines Eltif stellen würde. Das dürfte sich nach Veröffentlichung der BaFin-FAQ nun ändern.
Eltif qualifizieren als alternative Investmentfonds (AIF), die mittels eines europäischen Vertriebspasses nicht nur an professionelle Anleger, sondern auch an Privatanleger in der EU vertrieben werden dürfen. Mit Eltif 2.0 wurde die bisher für den Vertrieb an Privatpersonen geforderte Mindestanlagesumme von 10.000 Euro sowie die Beschränkung, dass ein Privatanleger maximal 10% seines Vermögens in Eltif investieren durfte, aufgehoben.
Nunmehr kann ein Eltif an jeden Privatanleger vertrieben werden. Dafür ist lediglich eine Geeignetheitsprüfung durchzuführen, bei der die Kenntnisse und Erfahrungen des Privatanlegers, seine finanziellen Verhältnisse, seine Fähigkeit, die mit der Anlage verbundenen möglichen Verluste zu tragen, und seine Anlageziele zu berücksichtigen sind.
Demokratisierung
Eltif dürfen ihr Kapital in alternative Assets wie Infrastruktur, Private Equity, Immobilien und sonstige Sachwerte investieren und können sowohl Kredite begeben als auch Kreditforderungen erwerben (Private Debt). Eltif dürfen sowohl direkt investieren als auch über andere Fonds. Damit ist die Ausgestaltung eines Eltif sowohl als Dachfonds als auch als Feeder Fonds eines Master-Eltif zulässig.
Eltif 2.0 bietet damit einen sehr flexiblen Rahmen für die Gestaltung von alternativen Investmentfonds für Privatanleger. Asset Klassen wie Private Equity, Infrastruktur und Kredite, die bisher lediglich institutionellen Anlegern sowie wohlhabenden Privatanlegern offenstanden, können nun für Kleinanleger zugänglich gemacht werden, was zu einer „Demokratisierung“ dieser sogenannten Private Assets führen dürfte.
Anlagegrenzen gelockert
Eltif 2.0 sieht zudem gelockerte Anlage- und Konzentrationsgrenzen vor, insbesondere wurde der maximal zulässige Anteil des Eltif-Kapitals, der in ein einzelnes Asset (einschließlich Anlagen in anderen Fonds) investiert werden darf, von 10% auf 20% Prozent erhöht. Im Bereich der Dachfonds ist es jetzt auch zulässig, in jegliche in der EU aufgelegte und verwaltete alternative Investmentfonds zu investieren, sofern diese selbst in für Eltif zulässige Anlagen investieren. Ferner wurde für Eltif auch die Fremdkapitalaufnahmegrenze gelockert, so dass ein Eltif nun Fremdkapital in Höhe von bis zu 50% seines Nettovermögens aufnehmen darf. Eltif können als geschlossene Fonds oder als offene Fonds aufgelegt werden, d.h. Anlegern kann vor der Liquidationsphase des Eltif ein Rückgaberecht gewährt werden oder nicht.
Entwurf der ESMA
Dabei ist noch nicht vollständig geklärt, welche Anforderungen ein offener Eltif an die vom Anleger einzuhaltende Mindesthaltedauer hat und welche Rückgabeankündigungsfrist und zulässigen Rücknahmeintervalle eingehalten sowie welche Mindestliquidität im Fonds vorgehalten werden muss.
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat im Dezember 2023 auch zu diesen Themen ihren finalen Entwurf der Regulatory Technical Standards (RTS) zum neuen Eltif-2.0 veröffentlicht, der auf Widerstand bei Marktteilnehmern stieß. Am 6. März 2024 hat sich nun die EU-Kommission mit der Aufforderung an die ESMA gewandt, die RTS unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nochmals zu überarbeiten. Die Fortführung von Eltif-Auflegungen ist trotz dieser europäischen Regulierungsunschärfe möglich.
Die BaFin-FAQ können als „großer Wurf“ der deutschen Aufsicht gesehen werden, da alle wesentlichen bisher im deutschen Markt offenen Fragen im Zusammenhang mit der Auflegung von Eltif in Deutschland beantwortet sein dürften. Ein wichtiger Punkt ist, dass die BaFin gestattet, einen Eltif in Deutschland in jeder Rechtsform aufzulegen, die das Kapitalanlagesetzbuch (KAGB) zu bieten hat. Folglich dürfen Eltif als Sondervermögen, Investmentkommanditgesellschaften oder Investmentaktiengesellschaften aufgelegt werden.
Dabei ist sowohl die Wahl der offenen oder geschlossen Variante der jeweiligen Rechtsform gestattet. Beschränkungen des KAGB, nach denen bestimmte Rechtsformen bei bestimmten Vermögensgegenständen oder bestimmten Anlegergruppen nicht verfügbar sind, finden keine Anwendung. So könnte beispielsweise ein offenes Eltif-Sondervermögen zur Anlage in Private Equity genutzt werden.
Eigenständige Kategorie
Nicht minder gewichtig ist die Aussage in den BaFin-FAQ, dass Anlagegrenzen oder Anforderungen, die bei verschiedenen Produktkategorien des KAGB bestehen, für einen Eltif nicht gelten. Die BaFin sieht den Eltif als eine eigenständige Fondskategorie, so dass in Bezug auf mögliche Anlagegrenzen und -beschränkungen allein die Vorgaben der Eltif-VO Anwendung finden sollen. So wäre beispielsweise ein in Immobilien investierender Eltif nicht an die Beschränkungen gebunden, die nach dem KAGB für deutsche offene Immobilienpublikumsfonds gelten.
Bei der Neuauflage eines Immobilienpublikumsfonds in Deutschland – oder auch eines Infrastruktursondervermögens – stellt sich daher fortan die Frage, ob man nicht wegen der größeren Flexibilität gleich einen Eltif verwenden sollte und sich damit auch gleichzeitig noch die europaweite Vertriebsmöglichkeit an Privatanleger sichert. Für bestehende offene Immobilienfonds oder Infrastruktursondervermögen kann gegebenenfalls eine Umwandlung in einen Eltif in Betracht gezogen werden.
Ebenfalls sehr pragmatisch beantwortet die BaFin die Frage, ob eine KVG für die erstmalige Verwaltung eines Eltif eine formelle Erlaubniserweiterung benötigt. Dies ist nicht der Fall, wenn die bestehende Erlaubnis einer KVG die geplante Ausgestaltung des Eltif in Bezug auf die Assetklasse, offen oder geschlossen, und den anvisierten Anlegerkreis (Privatanleger oder professionelle Anleger) bereits abdeckt.
Frei kombinierbar
Dabei sind diese Merkmale aus der bestehenden Erlaubnis einer KVG frei kombinierbar, so dass beispielsweise eine bisherige Erlaubnis zur Verwaltung geschlossener Publikums-Immobilienfonds und offener Wertpapierspezialfonds auch die Verwaltung eines offenen Eltif, der in Immobilien investiert, ermöglichen würde.
Bei Master-Feeder-Strukturen und Dachfonds will die BaFin, nur im Falle eines geschlossenen Feeder-Eltif oder Dachfonds-Eltif, für Zwecke der Erlaubnis eine Durchschau auf die Vermögensgegenstände des Master-Fonds bzw. der Zielfonds vornehmen, so dass in diesem Fall auch die Verwaltung der Vermögensgegenstände des Master-Fonds bzw. der Zielfonds von der Erlaubnis der KVG umfasst sein muss.
Bei der Frage nach der möglichen maximalen Laufzeit gilt laut BaFin bei geschlossenen Eltif, die auch an Privatanleger vertrieben werden können, eine Obergrenze von 30 Jahren. Bei offenen Eltif gibt es dagegen, aufgrund der Rückgabemöglichkeiten vor Laufzeitende, keine solche Obergrenze.
Schließlich ist es gemäß BaFin-FAQ auch Finanzanlagenvermittlern im Sinne der Gewerbeordnung gestattet, Anteile an Eltif zu vertreiben.
*) Markus Wollenhaupt ist Partner im Bereich Investmentfonds bei Linklaters.