Nicolai Lagoni

Klimabelange sollten bei M&A-Deals eine wichtige Rolle spielen

Firmenkäufer sollten das Thema Dekarbonisierung ernst nehmen, mahnt Nicolai Lagoni, Partner von Greenberg Traurig. Verkäufern rät er, den Komplex proaktiv anzugehen.

Klimabelange sollten bei M&A-Deals eine wichtige Rolle spielen

Helmut Kipp

Herr Lagoni , aufgrund des Klimawandels ist Dekarbonisierung für Unternehmen zu einem zentralen Thema geworden. Gilt das auch für M&A-Transaktionen?

Unternehmenskäufer nehmen das Thema Dekarbonisierung immer stärker bei ihren Transaktionen in den Blick. Dies ist nicht nur bei Impact Funds der Fall, für die eine Prüfung des Carbon-Footprints einer Zielgesellschaft quasi per Definition Standard ist. Käufer prüfen im Rahmen ihrer Due Diligence häufiger, wie sie den CO2-Ausstoß verringern können. Eine Due Diligence im Hinblick auf die ESG-Faktoren ist mittlerweile Teil der üblichen Prüfung geworden. Außerdem wurden Unternehmen mit einem niedrigen CO2-Fußabdruck nach einer Studie von Goldman Sachs bereits 2020 gegenüber solchen mit einem höheren CO2-Fußabdruck um über 14% besser bewertet. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen.

Welche Rolle spielt dabei die zunehmende Regulierung?

Die EU hat mit der Offenlegungsverordnung den entscheidenden Impuls gegeben. Deren Standards sind zwar noch nicht klar definiert. Die Zahl der sogenannten Artikel-9-Fonds, die nachhaltige Anlageziele verfolgen, steigt jedoch stetig. Wir sehen aber auch bei anderen Marktakteuren Bestrebungen in diese Richtung, etwa bei Private Equity-Fonds.

Haben sich allgemein anerkannte Standards herausgebildet, um Dekarbonisierungskonzepte zu bewerten?

Bisher noch nicht. Wir befinden uns dabei in einem laufenden Prozess – wie bei vielen praktischen Umsetzungen im Bereich ESG. In den einzelnen Branchen etablieren sich derzeit zunächst Standards für entsprechende Konzepte – zum Beispiel in der Immobilienbranche und im Industriesektor. Standards zur Bewertung dieser Konzepte werden sich erst noch herausbilden.

Müssen Erwerber Prämien zahlen für Akquisitionsziele mit überzeugender Nachhaltigkeitsstrategie?

Nachhaltige Akquisitionsziele sind sehr umworben, dies führt zu höheren Preisen. Wir sehen aber auch immer öfter Käufer, die mit dem Thema sehr kreativ umgehen. So haben wir kürzlich einen Käufer beraten, der plant, bei einem Shopping-Center aus den neunziger Jahren die Glasabdeckung des großen Atriums zu öffnen. Stattdessen soll eine offene Ladenstraße entstehen. Dadurch ließe sich der CO2-Fußabdruck des Gebäudes deutlich verbessern. So würde das Gebäude ein ganz anderes Produkt werden, das beim Weiterverkauf auch für nachhaltig orientierte Käufer interessant sein könnte. Zukünftig ist eher zu erwarten, dass Akquisitionsziele ohne eine überzeugende Nachhaltigkeitsstrategie mit einem Abschlag versehen werden.

Welche Risiken drohen, falls man sich ein Klimarisiko ins Portfolio holt?

Für Fonds und börsennotierte Unternehmen, die der Offenlegungsverordnung unterliegen, wäre dies ein Problem, da sie auf diese Klimarisiken hinweisen müssen und dies ihrer Strategie widerspräche. Andernfalls kann es Nachteile bei der Finanzierung geben. Banken müssen ihre Eigenkapitalquote künftig an der Nachhaltigkeit des finanzierten Unternehmens ausrichten und stärker bei ihrer Risikobetrachtung einfließen lassen. Deshalb sehen wir etwa bei Banken im Zusammenhang mit Immobilienfinanzierungen ein verstärktes Interesse an Green Leases, also an auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Mietverträgen. Letztlich ist auch der erfolgreiche Exit durch nicht ESG-konforme Portfolio-Assets gefährdet: Es droht unter anderem das Risiko sogenannter Stranded Assets, also dass Portfolio-Unternehmen durch klimabezogene Faktoren in vergleichsweise kurzer Zeit signifikant an Wert verlieren.

Welche Ratschläge geben Sie Käufern und Verkäufern von Unternehmen?

Als Käufer sollte man dieses Thema ernst nehmen, denn sowohl die Regulierung als auch die allgemeine Bedeutung werden zunehmen. Die ESG-Kriterien sind spätestens beim Exit zu berücksichtigen. Verkäufern ist daher zu raten, das Thema Dekarbonisierung proaktiv anzugehen. Dies können eigene Überlegungen für ein Dekarbonisierungskonzept sein, das mit Hilfe von externen Lösungen erstellt wird. Die Chance, Akquisitionsziele so für weitere Käuferschichten interessant zu machen, besteht in jedem Fall.

Dr. Nicolai Lagoni ist Partner der Wirtschaftskanzlei Greenberg Traurig.

Die Fragen stellte .

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.