Klimabelange sollten bei M&A-Deals eine wichtige Rolle spielen
Helmut Kipp
Herr Lagoni , aufgrund des Klimawandels ist Dekarbonisierung fĂŒr Unternehmen zu einem zentralen Thema geworden. Gilt das auch fĂŒr M&A-Transaktionen?
UnternehmenskĂ€ufer nehmen das Thema Dekarbonisierung immer stĂ€rker bei ihren Transaktionen in den Blick. Dies ist nicht nur bei Impact Funds der Fall, fĂŒr die eine PrĂŒfung des Carbon-Footprints einer Zielgesellschaft quasi per Definition Standard ist. KĂ€ufer prĂŒfen im Rahmen ihrer Due Diligence hĂ€ufiger, wie sie den CO2-AusstoĂ verringern können. Eine Due Diligence im Hinblick auf die ESG-Faktoren ist mittlerweile Teil der ĂŒblichen PrĂŒfung geworden. AuĂerdem wurden Unternehmen mit einem niedrigen CO2-FuĂabdruck nach einer Studie von Goldman Sachs bereits 2020 gegenĂŒber solchen mit einem höheren CO2-FuĂabdruck um ĂŒber 14% besser bewertet. Dieser Trend dĂŒrfte sich fortsetzen.
Welche Rolle spielt dabei die zunehmende Regulierung?
Die EU hat mit der Offenlegungsverordnung den entscheidenden Impuls gegeben. Deren Standards sind zwar noch nicht klar definiert. Die Zahl der sogenannten Artikel-9-Fonds, die nachhaltige Anlageziele verfolgen, steigt jedoch stetig. Wir sehen aber auch bei anderen Marktakteuren Bestrebungen in diese Richtung, etwa bei Private Equity-Fonds.
Haben sich allgemein anerkannte Standards herausgebildet, um Dekarbonisierungskonzepte zu bewerten?
Bisher noch nicht. Wir befinden uns dabei in einem laufenden Prozess â wie bei vielen praktischen Umsetzungen im Bereich ESG. In den einzelnen Branchen etablieren sich derzeit zunĂ€chst Standards fĂŒr entsprechende Konzepte â zum Beispiel in der Immobilienbranche und im Industriesektor. Standards zur Bewertung dieser Konzepte werden sich erst noch herausbilden.
MĂŒssen Erwerber PrĂ€mien zahlen fĂŒr Akquisitionsziele mit ĂŒberzeugender Nachhaltigkeitsstrategie?
Nachhaltige Akquisitionsziele sind sehr umworben, dies fĂŒhrt zu höheren Preisen. Wir sehen aber auch immer öfter KĂ€ufer, die mit dem Thema sehr kreativ umgehen. So haben wir kĂŒrzlich einen KĂ€ufer beraten, der plant, bei einem Shopping-Center aus den neunziger Jahren die Glasabdeckung des groĂen Atriums zu öffnen. Stattdessen soll eine offene LadenstraĂe entstehen. Dadurch lieĂe sich der CO2-FuĂabdruck des GebĂ€udes deutlich verbessern. So wĂŒrde das GebĂ€ude ein ganz anderes Produkt werden, das beim Weiterverkauf auch fĂŒr nachhaltig orientierte KĂ€ufer interessant sein könnte. ZukĂŒnftig ist eher zu erwarten, dass Akquisitionsziele ohne eine ĂŒberzeugende Nachhaltigkeitsstrategie mit einem Abschlag versehen werden.
Welche Risiken drohen, falls man sich ein Klimarisiko ins Portfolio holt?
FĂŒr Fonds und börsennotierte Unternehmen, die der Offenlegungsverordnung unterliegen, wĂ€re dies ein Problem, da sie auf diese Klimarisiken hinweisen mĂŒssen und dies ihrer Strategie widersprĂ€che. Andernfalls kann es Nachteile bei der Finanzierung geben. Banken mĂŒssen ihre Eigenkapitalquote kĂŒnftig an der Nachhaltigkeit des finanzierten Unternehmens ausrichten und stĂ€rker bei ihrer Risikobetrachtung einflieĂen lassen. Deshalb sehen wir etwa bei Banken im Zusammenhang mit Immobilienfinanzierungen ein verstĂ€rktes Interesse an Green Leases, also an auf Nachhaltigkeit ausgerichteten MietvertrĂ€gen. Letztlich ist auch der erfolgreiche Exit durch nicht ESG-konforme Portfolio-Assets gefĂ€hrdet: Es droht unter anderem das Risiko sogenannter Stranded Assets, also dass Portfolio-Unternehmen durch klimabezogene Faktoren in vergleichsweise kurzer Zeit signifikant an Wert verlieren.
Welche RatschlÀge geben Sie KÀufern und VerkÀufern von Unternehmen?
Als KĂ€ufer sollte man dieses Thema ernst nehmen, denn sowohl die Regulierung als auch die allgemeine Bedeutung werden zunehmen. Die ESG-Kriterien sind spĂ€testens beim Exit zu berĂŒcksichtigen. VerkĂ€ufern ist daher zu raten, das Thema Dekarbonisierung proaktiv anzugehen. Dies können eigene Ăberlegungen fĂŒr ein Dekarbonisierungskonzept sein, das mit Hilfe von externen Lösungen erstellt wird. Die Chance, Akquisitionsziele so fĂŒr weitere KĂ€uferschichten interessant zu machen, besteht in jedem Fall.
Dr. Nicolai Lagoni ist Partner der Wirtschaftskanzlei Greenberg Traurig.
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