GastbeitragEnergie, Verkehr, Telekommunikation

Opportunitäten für Private-Equity-Investoren im Bereich Infrastruktur

Nur durch eine Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor kann eine effiziente Infrastruktur für die Zukunft gestaltet werden. Das erfordert weitere Anreize für Investoren wie Private Equity.

Opportunitäten für Private-Equity-Investoren im Bereich Infrastruktur

Infrastrukturausbau erfordert auch privates Kapital

Opportunitäten für Private-Equity-Investoren – Stabile Cashflows, hohe Einstiegskosten und immenser Bedarf – Zusammenarbeit mit öffentlichem Sektor

Von Dirk Janssen und Julian Kasper *)

Investitionen im Bereich Infrastruktur haben sich in den letzten Jahren zu einem der prägendsten Trends im Private-Equity-Bereich entwickelt. Getrieben von dem globalen Erfordernis der Reduzierung von CO2-Emissionen und dem wachsenden Fokus auf nachhaltige Projekte ist das Investitionsvolumen in diesem Bereich stetig gestiegen. Zwischen den Jahren 2018 und 2023 erreichten diese Investitionen laut einer Analyse der Boston Consulting Group (BCG) eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 18% und ein Gesamtvolumen von 1,1 Bill. Dollar.

Besonders gefragt sind dabei Investitionen im Energie- und Umweltsektor. Aber auch die Bereiche Transport (Flughäfen, Schienenverkehr, Straßen, Brücken, etc.), Telekommunikation (5G-Netzwerke, Glasfaserausbau, Datenzentren) sowie die soziale Infrastruktur (Krankenhäuser, Schulen, etc.) verzeichnen in den letzten Jahren einen stetigen Aufschwung.

Investmentdefizit

Infrastrukturprojekte sind seit jeher ein wichtiger treibender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung und den gesellschaftlichen Fortschritt eines jeden Landes. Traditionell wurden Projekte dieser Art fast ausschließlich durch Staatshaushalte finanziert. Doch um die ambitionierten Ziele, die unter anderem auch durch die Europäische Union (EU) gesteckt werden, zu erreichen, müssen hohe Summen in den Ausbau der Infrastruktur fließen.

Das kürzlich durch die deutsche Bundesregierung beschlossene Sondervermögen von 500 Mrd. Euro für den Infrastrukturausbau in Deutschland spiegelt die Investitionsbereitschaft der öffentlichen Hand zwar eindeutig wider, bei einem globalen Investitionsbedarf von über 94 Bill. Dollar bis 2040 (Global Infrastructure Hub) und einem bis dahin erwarteten Investmentdefizit von 15 Bill. Dollar (G20 Global Infrastructure Outlook) müssen neben staatlichen Mitteln dennoch auch private Gelder in den Infrastrukturausbau fließen.

Werkzeug zur Portfoliodiversifizierung

Infrastrukturanlagen gelten aufgrund ihrer Stabilität in volatilen Märkten und ihrer engen Verknüpfung mit makroökonomischen Faktoren wie dem Bevölkerungswachstum und dem Bruttoinlandsprodukt als verlässliche Inflationsabsicherung. Zusätzlich weist die Nachfrage nach Infrastrukturinvestitionen eine sehr geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen auf: Die Renditen von Infrastrukturprojekten korrelieren beispielsweise nur minimal mit denen von traditionellem Private Equity, Aktien, festverzinslichen Wertpapieren oder sogar Immobilien und können somit als effizientes Werkzeug zur Portfoliodiversifizierung genutzt werden. Langfristige Abnahme- oder Nutzungsverträge zu regulierten Preisen tragen ebenfalls zur Risikominimierung bei, während Subventionen und zinsgünstige Darlehen, wie etwa von der KfW, zusätzliche Anreize schaffen.

Im Gegensatz zu traditionellen fremdfinanzierten Übernahmen, deren Renditen vom Exit abhängen, bieten Infrastrukturprojekte bereits während der Haltedauer stabile Erträge. Essenzielle Projekte wie Kraftwerke und Straßen können nicht einfach abgeschaltet werden. Im Gegenteil, die Anforderungen an den Ausbau und die Sanierung steigen stetig, wobei aufgrund der hohen Kapitalanforderungen, regulatorischen Hürden und technologischer Komplexität der Wettbewerb noch überschaubar ist.

Nachhaltigkeit im Fokus

Mit einem globalen Fokus, der sich immer weiter in Richtung Nachhaltigkeit verschiebt, rücken grüne Infrastrukturprojekte wie erneuerbare Energien und nachhaltige Brennstoffe (z.B. Sustainable Aviation Fuels) und Transportlösungen stärker in den Mittelpunkt und es entstehen enorme Wachstumschancen, welche zusätzlich auch positive ökologische und soziale Effekte mit sich bringen.

Die Kombination aus immensem Investitionsbedarf, stabilen Renditen, geringer Schwankung und hoher gesellschaftliche Akzeptanz eröffnet attraktive Möglichkeiten für Private-Equity-Fonds. Diese nutzen auch immer mehr große Marktteilnehmer: z.B. Blackrock mit ihrer 12,5-Mrd.-Dollar-Übernahme von Global Infrastructure Partners, Blackstone mit ihrem 1-Mrd.-Dollar-Infrastruktur-Fondsvehikel BXINFRA oder auch Swiss Life AM mit ihrem European Long-Term Investment Fund (Eltif).

Greenfield oder Brownfield

Grundsätzlich ist im Rahmen von Infrastrukturprojekten zwischen „Greenfield“ und „Brownfield“ Projekten zu unterscheiden. Ersteres bezieht sich auf den Aufbau eines komplett neuen Assets, Zweiteres beschreibt den Erwerb von oder die Investition in bereits bestehende operative Assets. Brownfield Assets bieten meist einen bestehenden Cashflow, haben jedoch ein weniger großes Wachstumspotential. Das höhere Potenzial der Greenfield Projekte korreliert aber auch mit größeren Risiken und die Projekte haben in der Regel eine lange Anlaufzeit. Beispielsweise dauert der durchschnittliche Prozess allein für die Planung und Genehmigung eines Windkraftprojektes laut dem Bundesverband WindEnergie (BWE) vier bis fünf Jahre. Auch drohen finanzielle Risiken, denn insbesondere im Rahmen von Bauprojekten sind Kostenüberschreitungen und Verzögerungen in Kombination mit einem hohen Vorfinanzierungsbedarf üblich.

Beteiligung an Projektentwicklern

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund mangelt es auf dem Markt immer mehr an investitionsbereiten Projekten. In der Konsequenz gehen inzwischen viele Investoren dazu über, sich frühzeitig auch direkt an den Projektentwicklern zu beteiligen. Damit haben sie direkten Zugriff auf eine gefüllte Projektpipeline. Diese Investitionen können durchaus auch unter Beteiligung der öffentlichen Hand erfolgen, und zwar in Form von sog. Public-Private Partnerships (PPP). So ist es auf der einen Seite zwar einfacher, von staatlichen Garantien und langfristigen Verträgen zu profitieren, andererseits unterliegen PPPs aber strengeren Regularien, welche wiederum Renditen drosseln können.

Zur weiteren Risikominimierung wird teilweise auch eine hybride Strategie verfolgt, wobei bestehende Infrastruktur (z.B. im Rahmen eines Repowerings) weiterentwickelt und gleichzeitig gezielt in neue Projekte investiert wird. So lassen sich Wachstumschancen und technische Fortschritte nutzen, während die Notwendigkeit langer Genehmigungsprozesse begrenzt wird. Dies kann besonders in wettbewerbsintensiven Märkten von Vorteil sein, in denen reine Greenfield-Projekte schwer umsetzbar sind.

Hoher Beratungsaufwand

Groß- und Infrastrukturprojekte unterliegen, insbesondere bei Greenfield-Investitionen, strikten Regularien sowohl auf lokaler, nationaler als auch auf internationaler Ebene. Diese Regularien beziehen sich hauptsächlich auf Umweltauflagen, Bauvorschriften und Sicherheitsstandards. Das Genehmigungsverfahren, einschließlich Bedarfsanalyse, Voruntersuchungen sowie technischer Ausarbeitung, erfordert allein bis zur Antragsstellung erhebliche Finanzierungs- und Planungskapazitäten und verursacht einen immensen Beratungsaufwand sowohl auf juristischer als auch auf technischer Seite.

Lange Amortisationsdauer

Der hohe Aufwand und die hohen Kosten für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens sowie für den anschließenden Bau und die Inbetriebnahme von Infrastrukturprojekten verbunden mit einer langen Amortisationsdauer können nicht selten abschreckend wirken. Beispielsweise betragen die Kosten für einen Offshore-Windpark, je nach Standort, pro installiertem Megawatt (MW) Leistung rund 2,5 bis 4 Mill. Euro. Bei einem 400-MW-Projekt wie dem Windpark Borkum Riffgrund West wird somit über ein Investitionsvolumen von über 1 Mrd. Euro gesprochen.

Auch die Einführung neuer Gesetzgebung, wie beispielsweise die Einführung einer erneuten Energiepreisbremse, wie sie letztmalig Ende 2023 ausgelaufen ist, hat das Potenzial, die Rentabilität eines Infrastrukturprojekts schlagartig zu beeinflussen, und sorgt für Verunsicherung bei Investoren.

Weitere Anreize erforderlich

Investitionen in den Infrastruktursektor bieten Private-Equity-Investoren unter anderem durch die stetige Nachfrage und nachhaltige Natur solcher Investitionen attraktive Anlagemöglichkeiten, die eine stabile Rendite bei – je nach Projektstruktur – ausgewogenem Risikoprofil bieten. Um das erwartete Investmentdefizit von 15 Bill. Dollar bis 2040 auszugleichen, wird es zwingend notwendig sein, dass durch den Gesetzgeber noch weitere Anreize zur Investition in Infrastrukturprojekte geschaffen werden. Ob dies durch steuerliche Vergünstigungen, vereinfachte Genehmigungsverfahren oder die weitere Etablierung und Unterstützung von PPPs geschehen wird, bleibt abzuwarten. Aber eines ist klar: Nur durch eine Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor kann eine effiziente Infrastruktur für die Zukunft gestaltet werden.

*) Dr. Dirk Janssen ist Partner und Julian Kasper Associate von Watson Farley & Williams in München.

Dr. Dirk Janssen ist Partner und Julian Kasper Associate von Watson Farley & Williams in München.