GastbeitragFinanzplatz London

Private-Equity-Branche bewältigt rechtliche Herausforderungen des Brexit

London hat fünf Jahre nach Vollzug des Brexit seine Attraktivität als zentraler Standort für das internationale Private-Equity-Geschäft behauptet. Neue Dynamik ist in München zu spüren.

Private-Equity-Branche bewältigt rechtliche Herausforderungen des Brexit

Private-Equity-Geschäft bewältigt
rechtliche Herausforderungen des Brexit

Tragfähige Konzepte für grenzüberschreitende Fondsstrukturierung

Von Ufuk Erdal Genc
und Tobias Bachmeier *)

Der Brexit und das damit einhergehende Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus dem Rechts- und Wirtschaftsraum der Europäischen Union haben seiner Zeit zu erheblicher Verunsicherung in beinahe allen Wirtschaftsbereichen geführt. Insbesondere die mit dem Brexit verbundenen Rechtsunsicherheiten stellten grenzüberschreitend agierende Marktteilnehmer vor große Herausforderungen.

Auch das internationale Private-Equity-Geschäft war hiervon betroffen. Während manche Experten eine geographische Neuordnung der PE-Märkte und ein Abwandern großer Teile der Londoner PE-Szene vorhersagten, sahen andere (weiterhin oder gar erst recht) große Chancen für das Private-Equity-Geschäft im Vereinigten Königreich.

London zentraler PE-Standort

Aus heutiger Sicht ist festzuhalten, dass die rechtlichen Herausforderungen des Brexits in der PE‑/M&A-Beratungspraxis weitgehend überwunden sind. Für gängige Fragen – insbesondere der grenzüberschreitenden Fondsstrukturierung oder Transaktionsabwicklung – liegen tragfähige Konzepte bereit und ehemals noch viel diskutierte Brexit-spezifische Problemstellungen sind zu Standardthemen des internationalen Beratungsalltags geworden.

Dies wird auch durch die Tatsache unterstrichen, dass die zunehmend in höhere Senioritätsstufen nachrückende Anwaltsgeneration in der Kanzleiwelt eine Pre-Brexit-Beratung aus eigener Erfahrung nicht mehr kennt.

Trotz Pre-Brexit gegebener Spekulationen zu einer möglichen Verschiebung der Kräfteverhältnisse im europäischen PE-Markt hat London auch fünf Jahre nach Vollzug des Brexit seine Attraktivität als zentraler Standort für das internationale Private-Equity-Geschäft weiterhin behaupten können. Nach wie vor werden im großen Stil Transaktionen mit Target-Unternehmen von London aus durchgeführt und gesteuert.

Dabei ist deutlich zu erkennen, dass London für viele international agierende (insbesondere auch nicht-europäische) Marktteilnehmer weiterhin ein fester Ankerpunkt ist, von dem aus in den kontinentaleuropäischen Markt investiert wird. Entsprechend sind auch nahezu alle weltweit agierenden Private-Equity-Häuser sowie zahlreiche kleinere Private-Equity-Fonds mit starken Teams in London vertreten.

Volle Deal-Pipeline

Daher stellt London auch in Zukunft einen essenziellen Markt für die Mandatsakquise von Kanzleien dar. Während internationale Einheiten bereits Pre-Brexit über starke Londoner Büros und eine volle Deal-Pipeline aus dem Vereinigten Königreich verfügten, haben vor allem auf PE-Transaktionen fokussierte US-Kanzleien ihre Präsenzen in London in der nahen Vergangenheit aufgebaut oder deutlich verstärkt. Auch darin zeigt sich die Erwartung der internationalen Beratungspraxis, dass der PE-Markt in London bzw. aus London heraus nachhaltig Bestand haben wird.

Dynamik in München

Trotz der fortbestehenden Bedeutung Londons haben sich in den vergangenen Jahren durchaus neue geographische Akzente auf dem PE-Markt herausgebildet. Die Bedeutung der kontinentaleuropäischen Finanzzentren für internationale Private-Equity-Häuser nimmt stetig zu. So befinden sich etwa Luxemburg, Amsterdam, Paris und Frankfurt stärker im Fokus internationaler Fonds.

Eine neue Dynamik ist insbesondere in München wahrzunehmen, welches sich als Zentrum für Mid-Cap-Transaktionen im DACH-Raum etabliert hat. Die gestiegene Bedeutung Münchens lässt sich an der vermehrten Präsenz von PE-Häusern samt Abwanderung von Beratern aus Frankfurt festmachen. Ein wesentlicher Treiber dürfte dabei die Wirtschaftsstärke und Innovationskraft der Region sein.

Darüber hinaus eröffnet der bevorstehende Generationenwechsel im deutschen Mittelstand eine Vielzahl attraktiver Mid-Cap-Investitionen, welche im Gegensatz zu Large-Cap-Transaktionen einfachere Exits und damit einhergehend die für PE-Häuser zunehmend wichtigen „Distributions to Paid-in Capital (DPI)“ ermöglichen. Die DPI-Rate gibt das Verhältnis der eingezahlten zu den ausgeschütteten Mitteln an.

Hinzu kommt die ungebremste Popularität von Plattform-Transaktionen samt „Buy-and-Build-Strategie“ mit Add-On Akquisitionen nahezu ausschließlich im Mid-Cap-Bereich. Im internationalen PE-Geschäft ist nach dem Brexit folglich eine gewisse Emanzipierung von London, einhergehend mit einer gesteigerten Bedeutung von München für Mid-Cap-Transaktionen in der DACH-Region, zu spüren.

Aktivität nimmt zu

Doch auch für Rechtsberater in Deutschland bleibt London aufgrund der zentralen Rolle als Private-Equity-Markt für die Mandatsakquise weiterhin von großer Bedeutung.

Im aktuellen Marktumfeld sind sowohl aus London als auch aus München heraus eine Vielzahl an Mid-Cap-PE-Transaktionen im DACH-Raum zu erwarten. Sofern während der zweiten Amtszeit von Donald Trump eine vermehrte Investitionsaktivität von US-Funds erfolgen sollte, wird sich dies auch in zunehmender Aktivität und weiterem Wachstum von auf den Einzelfall spezialisierter PE-Beratung spiegeln.

*) Dr. Ufuk Erdal Genc ist Managing Associate und Dr. Tobias Bachmeier ist Associate der Kanzlei Sidley.

Dr. Ufuk Erdal Genc ist Managing Associate, Dr. Tobias Bachmeier Associate der Kanzlei Sidley.

*) Dr. Ufuk Erdal Genc ist Managing Associate, Dr. Tobias Bachmeier Associate der Kanzlei Sidley.