GastbeitragIPO

Strukturierte Finanzierungen vor einem Börsengang

Verschiebt ein Börsenkandidat seine IPO-Pläne, braucht er mitunter eine alternative Finanzierung. Welche Instrumente dafür zur Verfügung stehen und wie sie strukturiert werden sollten.

Strukturierte Finanzierungen vor einem Börsengang

Strukturierte Finanzierungen vor einem Börsengang

Verschiebt ein Unternehmen sein IPO, sind häufig Zwischenlösungen erforderlich – Welche Rolle Equity Private Placements spielen können

Von Jan Penselin und David Rath *)

Volatile Märkte oder makroökonomische Ereignisse können es für Börsenkandidaten erforderlich machen, ihre IPO-Pläne – teils spät im Vorbereitungsprozess – zu verschieben. Bei Unternehmen mit akutem Finanzbedarf stellt sich in dieser Situation die Frage, ob eine alternative Finanzierung zur Verfügung steht, die sich auf ein weiterhin geplantes künftiges IPO abstimmen lässt. Wird eine solche Finanzierung von noch nicht an der Gesellschaft beteiligten Investoren zur Verfügung gestellt, wird sie häufig als Equity Private Placement (EPP) bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen Sammelbegriff, der völlig unterschiedlich strukturierte Finanzierungen erfasst.

Schwieriges Marktumfeld für klassische Finanzierungen

Die strukturell einfachste EPP-Variante stellt stets die klassische Eigenkapitalfinanzierung über eine Kapitalerhöhung dar (Straight Equity). Im bestehenden Gesellschafterkreis besteht jedoch nicht immer die Bereitschaft, vor einem IPO eine Anteilsverwässerung durch die Ausgabe zusätzlicher Anteile zu akzeptieren. Auch sind EPP-Investoren häufig an einer festen Verzinsung, der Rückzahlbarkeit des Investitionsbetrags und weiteren fremdkapitalähnlichen Strukturmerkmalen interessiert, die sich mit den Instrumenten des deutschen Gesellschaftsrechts nicht abbilden lassen. Firmiert der Börsenkandidat bereits in der Rechtsform einer AG oder SE, müssen etwaige Strukturierungswünsche in Einklang mit den strikten Vorgaben des deutschen Aktiengesetzes gebracht werden.

Hybride Finanzinstrumente

Reine Fremdkapitalfinanzierungen unterliegen zwar in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht kaum Einschränkungen. Sie weisen aber derzeit aufgrund des gestiegenen Zinsumfelds hohe Kapitalkosten auf. Zudem bieten sie dem Investor nicht die Möglichkeit, an einer künftigen Wertsteigerung des Unternehmens teilzuhaben. Häufig tragen dementsprechend weder reine Eigen- noch Fremdkapitalinstrumente den Bedürfnissen von Gesellschaft und Investoren ausreichend Rechnung. Bei Börsenkandidaten sind daher zuletzt vermehrt hybride EPP-Finanzinstrumente in den Blick gerückt, die Elemente von Eigen- und Fremdkapital verbinden. Sie weisen typischerweise einen niedrigeren Zinssatz auf als reines Fremdkapital. Rechtlich werden sie häufig als Anleihen oder Darlehen strukturiert, die im Zeitpunkt des IPO in Aktien der Gesellschaft wandeln.

Durch die Flexibilität bei der rechtlichen und kommerziellen Strukturierung kann mit hybriden EPP-Instrumenten eine breite Investorenbasis angesprochen werden. Hierzu zählen neben Private-Equity-Investoren auf hybride Strukturen spezialisierte Investoren, aber auch Debt Funds. Equity Private Placements bieten Börsenkandidaten so die Möglichkeit, eine Partnerschaft mit renommierten Investoren einzugehen, die das Unternehmen auf dem Weg zur Börse begleiten und die IPO-Story in der Vermarktung unterstützen.

Das Beste aus beiden Welten?

Hybride EPP-Instrumente können je nach Strukturierung stärker an Eigen- oder an Fremdkapital angenähert werden. Um eine im Vorfeld kalkulierbare Rendite auf das eingesetzte Kapital zu erreichen, sind hybride EPP-Instrumente typischerweise verzinst. Mit Blick auf das Liquiditätsmanagement mag es für einen Börsenkandidaten dabei attraktiv sein, den Zins auflaufen zu lassen und im Wandlungsfall ebenfalls in Aktien zu bedienen (PIK).

Der Wandlungsmechanismus selbst kann so strukturiert werden, dass die im Wandlungsfall zu liefernde Aktienzahl anhand des Platzierungspreises im IPO (gegebenenfalls abzüglich eines vereinbarten Abschlags) oder durch Bezugnahme auf eine vereinbarte Mindestrendite ermittelt wird. Dies ermöglicht dem Investor, eine Absicherung für den Fall einer negativen Unternehmensentwicklung (Downside Protection) mit der Teilhabe an künftigen Wertsteigerungen der bei Wandlung zu liefernden Aktien zu verbinden.

Da die Bandbreite kommerzieller Vorstellungen und vertraglicher Möglichkeiten sehr weit ist, ist ein effizient strukturierter Prozess unerlässlich. Der Emittent und seine Berater sollten Investoren ein vorabgestimmtes Termsheet mit den aus Sicht des Emittenten wichtigsten kommerziellen und rechtlichen Eckpunkten als Verhandlungsbasis zur Verfügung stellen. Dies begrenzt das Risiko, mit verschiedenen Investoren parallel über deren jeweils bevorzugte Transaktionsstruktur zu verhandeln und so Zeit zu verlieren.

Rolle der Bilanzierung

Eine wiederkehrende Frage bei ausländischen Investoren ist der Einbehalt von Kapitalertragsteuer. Da dies stark von der Strukturierung des Instruments und dem Sitz des Investors abhängt, bedarf es hier frühzeitiger Analyse auf Investorenseite sowie entsprechender Regelungen im Vertragswerk.

Eine wichtige Weichenstellung ist, ob das Instrument bereits ab Ausgabe bilanziell als Eigenkapital ausgewiesen werden soll, oder ob es ausreicht, wenn dies erst mit Wandlung in Aktien zum IPO der Fall ist. Eine bereits anfängliche Eigenkapitalbilanzierung schränkt die Flexibilität bei der Strukturierung erheblich ein. Hierfür muss bereits im Zeitpunkt der Ausgabe des Instruments die Anzahl der bei Wandlung zu liefernden Aktien berechenbar sein. Die Lieferung einer variablen Aktienzahl durch die Gesellschaft, die etwaigen Mindestrenditeerwartungen des Investors Rechnung trägt, scheidet daher aus.

Auch darf das Instrument keine Rückzahlung des investierten Geldes vorsehen. Gegenteilige vertragliche Klauseln würden das Instrument zu stark in die Nähe von Fremdkapital bringen. Spielt die Bilanzierung des Instruments eine wichtige Rolle, muss die geplante Struktur frühzeitig auch mit den Abschlussprüfern des Emittenten besprochen werden.

Mitspracherechte

Gegenstand intensiver Verhandlungen sind etwaige gesellschaftsrechtliche Mitspracherechte (Governance Rights) der Investoren sowie deren Ausstiegsrechte, sollte der Börsengang nicht innerhalb eines vorab definierten Zeitraums erfolgen. Vetorechte in Bezug auf strategische Geschäftsentscheidungen oder die Zusicherung eines Aufsichtsratssitzes müssen gegebenenfalls in bestehende Gesellschaftervereinbarungen eingebettet werden. Je stärker das Instrument mit festen Zins- und Rückzahlungszusagen Fremdkapital angenähert ist, desto weniger gesellschaftsrechtliche Mitsprache wird ein Investor typischerweise verlangen.

Einhaltung von Auflagen

Zusätzliche Komplexität ergibt sich, wenn der Emittent bereits anderweitig fremdkapitalfinanziert ist. Oft sind die bestehenden Fremdkapitalgeber in diesem Fall durch Kreditauflagen (Covenants) dagegen abgesichert, dass der Emittent über ein vereinbartes Maß hinaus Schulden aufnimmt. Insbesondere wenn eine Struktur gewählt wird, die keine (vollständige) anfängliche Eigenkapitalbilanzierung erlaubt, ist auf die Einhaltung von Verschuldungsgrenzen zu achten.

Holdinggesellschaft nutzen

Eine mögliche Lösung liegt darin, eine Holding oberhalb des fremdfinanzierten Teils der Unternehmensgruppe als Emittent des EPP zu nutzen. Die Erlöse werden dann im Wege von echtem Eigenkapital oder nachrangigen Gesellschafterdarlehen an die operativen Gesellschaften weitergeleitet. Hierdurch wird das Instrument gegenüber der bestehenden Fremdkapitalfinanzierung rechtlich und strukturell nachrangig gestellt. Aus Investorensicht stellen sich in dieser Variante allerdings Folgefragen. So muss beispielsweise sichergestellt werden, dass die zur Bedienung eines etwaigen Barzinses erforderlichen Mittel auch an den Emittenten ausgeschüttet werden können.

Brückenfinanzierung

Für Börsenkandidaten, die ihr IPO verschieben müssen, können Equity Private Placements aufgrund der flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten eine interessante Form der Brückenfinanzierung darstellen. Starke Mitspracherechte sowie die Renditeerwartungen potenzieller Investoren, wie sie insbesondere bei eigenkapitalähnlich strukturierten EPP-Instrumenten anzutreffen sind, können auf den Börsenkandidaten und seine Gesellschafter unter Umständen abschreckend wirken. Deshalb bedürfen vor allem hybride EPP-Instrumente intensiver Strukturierung und guter Vorbereitung. Sie müssen individuell auf die spezifischen Bedürfnisse des Emittenten und die Erwartungen der jeweiligen Investoren zugeschnitten werden.

*) Jan Penselin und David Rath sind Partner von Latham & Watkins in Frankfurt.

Jan Penselin und David Rath sind Partner von Latham & Watkins in Frankfurt.

*) Jan Penselin und David Rath sind Partner von Latham & Watkins in Frankfurt.