Bundesgerichtshof weitet Auskunftspflicht aus
Von Thomas List, Frankfurt Verkäufer von Wohngebäuden haben gegenüber dem Käufer umfangreiche Aufklärungspflichten. Dabei müssen gegebenenfalls auch ungefragt Mängel genannt werden, hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil festgestellt. Doch was ist, wenn sich der Verkäufer an wesentliche Mängel nicht mehr erinnern kann? Im Falle eines Grundstückskaufs zeigten die Bundesrichter ein gewisses Verständnis für diese Vergesslichkeit und lehnten die Schadenersatzforderungen des Grundstückskäufers ab.Asbestzementplatten in der Fassade eines 1980 errichteten Fertighauses sind ein aufklärungspflichtiger Sachmangel, den ein Verkäufer auch ungefragt offenbaren muss, stellte der BGH in einem Urteil fest (Az. V ZR 30/08). Ein aufklärungspflichtiger Sachmangel seien die Asbestplatten, weil bereits durch einfache Bohrungen in die Wände des Hauses krebserregender Staub austreten könne, schreiben die Rechtsanwälte Marcus Grühn und Björn Raap von Allen & Overy in einem Beitrag der neuesten Kanzlei-Review. Dies gilt laut Urteil auch dann, wenn die Baustoffe zwar bei der Errichtung des Wohnhauses gebräuchlich waren, sich später aber als gesundheitsschädlich herausgestellt haben. Nach Baustoffen fragenAls Folge des Urteils empfehlen die Anwälte Käufern – sowohl geschäftlichen Laien als auch Profis – direkt nach den verwendeten Baustoffen zu fragen und diese Angaben schriftlich festzuhalten. Auf die vom BGH postulierten unaufgeforderten Auskunftspflichten der Verkäufer solle man sich nicht verlassen, schreiben Grühn und Raap.Auf der anderen Seite sollten Verkäufer auch ungefragt Angaben zur Beschaffenheit des Gebäudes machen. Andernfalls drohten Schadenersatzansprüche und sogar die Aufhebung des Vertrags insgesamt.In einem anderen Fall verlangte der Käufer eines gewerblich genutzten Grundstücks Schadenersatz vom Käufer, weil der ihm im Kaufvertrag zugesichert habe, dass ihm erhebliche verborgene Mängel nicht bekannt seien. Tatsächlich handelte es sich um ein (teilweise verunreinigtes) sogenanntes Aufschüttgrundstück. Dies ging auch aus dem Kaufvertrag hervor, durch den der jetzige Verkäufer das Grundstück vor 15 Jahren erworben hatte. Der Beklagte gab an, dass er dies schlicht vergessen habe. Gericht glaubt BeklagtemDer BGH schenkte dem jetzigen Verkäufer in seinem Urteil Glauben (Az. V ZR 14/00). “Zugunsten des Beklagten (ist) davon auszugehen, dass er keine entsprechende Erinnerung besaß.” Auch habe der Beklagte nicht “ins Blaue hinein” versichert, dass er keinen Mangel kenne (dann würde es sich um eine arglistige Täuschung handeln). Vielmehr habe es eben zugetroffen, dass ihm ein solcher Mangel nicht bekannt gewesen sei. Den geforderten Schadenersatz von rund 50 000 Euro verwarf der BGH deshalb.