Digital Assets – EU-Regulatorik schafft Vorteile
Digital Assets – EU-Regulatorik schafft Vorteile
Die Markets-in-Crypto-Assets-Regulation der EU stärkt den Anlegerschutz und steigert Investitionen – Doch dieser Wettbewerbsvorteil könnte dahinschmelzen
Sie möchten gerne ein Prozent von einem Matisse besitzen? Ein Zehntel eines Rolls-Royce? Oder einfach nur ein Tausendstel einer Luxusimmobilie? Kein Problem. Dank digitaler Vermögenswerte ist das möglich. Mit ihnen können Sie selbst mit kleineren Beträgen verbriefte Anteile an den unterschiedlichsten Vermögensgegenständen kaufen und handeln. Denn sie alle lassen sich tokenisieren. Das bedeutet: Von einem realen Wert oder Wertpapier wird ein digitales Abbild (der Token) erzeugt, das den Handel des ursprünglichen Werts in winzigen Anteilen ermöglicht. So erhalten Sie Zugang zu Assetklassen und Märkten, die Ihnen bisher nicht zur Verfügung standen.
Weltweiter Flickenteppich
Ob digitalisierte Werte von Immobilien, Kunstobjekten oder Industriegütern: Digital Assets spielen eine immer größere Rolle, obwohl das eine oder andere Tief schon am Vertrauen der Anleger gekratzt hat. Und: Krypto-Assets bringen noch weitere große Herausforderungen mit sich. Neben der hohen Volatilität ihrer Kurse ist das ihre Regulierung. Die rechtliche Situation gleicht einem weltweiten Flickenteppich. Anbieter müssen einen sehr großen Aufwand betreiben, um alle geltenden Vorschriften einzuhalten.
Die europäische Finanzbranche setzt daher große Hoffnungen in die Markets in Crypto-Assets Regulation, kurz Micar. Diese EU-Verordnung ist im Juni 2023 in Kraft getreten und wird bis Ende 2024 vollumfänglich wirksam sein. Ein sehr wichtiger Vorstoß, denn beim Handel mit Kryptowährungen und -Assets gehen manche Kunden allzu offen und angstfrei vor. Der Vorstoß der Europäischen Union (EU) bietet Leitlinien dazu, was bestimmte digitale Vermögenswerte zu Tokens macht und was als Kryptowährungen gilt.
Micar regelt Transparenz- und Offenlegungspflichten für die Emission und den Handel mit digitalen Werten, die Zulassungspflicht von und die Aufsicht über Kryptowerte-Dienstleister und -Emittenten sowie ihre ordnungsgemäße Geschäftsorganisation. Außerdem bestimmt Micar Investoren- und Verbraucherschutzvorschriften für die Emission, den Handel und die Verwahrung von Kryptowerten sowie Vorschriften zur Bekämpfung von Marktmissbrauch auf Kryptohandelsplätzen.
Darüber hinaus legt Micar Standards für Krypto-Asset-Service-Provider (CASPs) und Emittenten von Kryptowährungs-Assets fest. Emittenten von Krypto-Assets sind verpflichtet, Standards zur Offenlegung und Offenheit einzuhalten und vollständige und transparente Informationen über die von ihnen ausgegebenen Krypto-Assets bereitzustellen. CASPs müssen außerdem Sicherheitsmaßnahmen ergreifen und die Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche einhalten.
So kann der Markt für digitale Vermögenswerte dank Micar erwachsen werden: Anbieter genießen durch die Regulierung Klarheit und Sicherheit im Geschäft mit Kryptowerten, eine Steigerung der eigenen Attraktivität am Markt sowie Wettbewerbsvorteile. Und: Mit ihr kommt das sogenannte EU-Passporting. Wer eine Micar-Erlaubnis in einem Mitgliedstaat hält, kann sie auch in den anderen Mitgliedstaaten nutzen. So haben sie die Chance, ihre Position auf dem europäischen Markt erfolgreich auf- und auszubauen. Sie erhalten Zugang zu 450 Millionen potenziellen Anlegerinnen und Anlegern.
Unternehmen, die sich dank Micar erfolgreich auf dem europäischen Markt platzieren, erhalten einen erheblichen Vorsprung gegenüber unregulierten Akteuren. Denn neben der deutlich höheren Rechtssicherheit (und dem damit einhergehenden Interessenszuwachs der Anleger) können sie diese Erfahrung bei der Erschließung von Märkten nutzen, deren Regulierung absehbar ist.
Einer aktuellen Studie des Beratungs- und Softwarehauses PPI AG zufolge erkennen viele Anbieter diese Chancen. Demnach hat bereits mehr als jeder zweite Krypto-Anbieter mit Projekten zur Umsetzung begonnen oder plant diese. Unter den Teilnehmern, bei denen dies noch nicht der Fall ist, wollen rund 60% ihre Produktpalette in Zukunft um Micar-relevante Angebote erweitern. Neben Banken und Börsenplatzbetreibern gehören dazu auch Vertreter von Krypto-Dienstleistern und Fintechs. Auch die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) bewegt sich seit einigen Jahren aktiv im Bereich digitaler Assets und begrüßt die neue Regulatorik.
Europa als globaler Vorreiter
Wichtig ist, dass Deutschland und die anderen EU-Mitglieder die Vorgaben des Micar-Rechtsrahmens schnell auf nationaler Ebene umsetzen. Nur so kann Europa zu einem weltweit führenden Krypto-Hotspot werden. Denn im Gegensatz zu der EU gibt es an den anderen großen Finanzstandorten wie etwa Großbritannien oder den USA noch keine praktikable Gesetzgebung. Während Micar nun die Krypto-Aktivitäten in 27 EU-Ländern regelt, haben die Gerichtsbarkeiten anderer Länder lediglich nationale Krypto-Gesetzgebungen entwickelt. Außerdem müssen ihre Regulierungsbehörden noch lernen, nicht nur Standards umzusetzen, sondern anschließend auch in der Lage zu sein, die Anbieter aktiv zu überwachen und zu beaufsichtigen.
Internationale Vertreter der Krypto-Branche wissen den EU-Vorstoß zu schätzen und fordern ähnliche Vorgaben für ihre Länder. Sie weisen darauf hin, dass deren Krypto-Regulierung nun abgehängt wurde, und sind der Ansicht, dass Micar eine sehr pragmatische Lösung für die Herausforderungen ist, denen sich alle gemeinsam stellen müssen. Die Reaktionen bleiben nicht aus: Erste wichtige Finanzstandorte wie Singapur und Hongkong haben angekündigt, in den nächsten 12 bis 18 Monaten ebenfalls Gesetze zu entwickeln, die einem internationalen Rahmen gerecht werden.