Atomreaktoren in Frankreich fallen länger aus
wü Paris
Neuer Rückschlag für Stromversorger EDF (Électricité de France): Er kann vier Atomreaktoren erst später wieder in Betrieb nehmen als eigentlich geplant. Das wird sich auf die Stromversorgung Frankreichs in den letzten drei Monaten des Jahres auswirken. Dabei ist die Lage auf dem französischen Strommarkt ohnehin angespannt. Am Freitag erreichte der Großhandelspreis für im nächsten Jahr lieferbaren Strom in Frankreich mit 1 000 Euro je Megawattstunde (MWh) einen neuen Rekord. Vor einem Jahr betrug er nur 85 Euro je MWh, während der Preis in den Jahren zuvor normalerweise bei 50 Euro lag.
Trotz der längeren Stilllegung der Atomreaktoren hält EDF an der Produktionsprognose für die 56 von ihr betriebenen Reaktoren fest. Allerdings hat der Versorger die Prognose bereits mehrmals gesenkt. Statt ursprünglich 330 bis 360 Terawattstunden (TWh) erwartet er nur noch 280 bis 300 TWh. EDF räumte jetzt ein, dass die Produktion eher am unteren Ende der Prognose liegen dürfte. Derzeit stehen 32 der 56 französischen Atomreaktoren still.
Grund sind neben normalen Wartungsarbeiten Kontrollen und Reparaturen infolge von Korrosionsanomalien am Kreislauf des Notkühlsystems sowie einem anderen Kühlkreislauf.
EDF hatte zwischen Mitte 2021 und Anfang 2022 durch die Korrosionsprobleme verursachte Risse an fünf Atomreaktoren in Civaux bei Poitiers, Chooz in den Ardennen und Penly bei Dieppe festgestellt und anschließend die Kontrollen anderer Reaktoren ausgedehnt.
Frankreich ist zwar weit weniger abhängig von russischem Erdgas als Deutschland, dafür jedoch umso abhängiger von den Atomkraftwerken. Stromabschaltungen soll es laut Energieministerium nur im Notfall geben. Es will kleine Betriebe und Privathaushalte ermuntern, ihren Stromverbrauch zu drosseln, wenn der gesamte Stromverbrauch im Winter kältebedingt Höchstwerte erreicht. Im Gegenzug sollen sie während des restlichen Jahres vorteilhafte Tarife erhalten.