ESG

Auch öffentliche Unternehmen haben Nachhaltigkeits­pflichten

Die ESG-Transparenzpflichten erstrecken sich auch auf Gesellschaften aus dem Portfolio des Bundes. Sie sind gehalten, in der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien mit gutem Beispiel voranzugehen.

Auch öffentliche Unternehmen haben Nachhaltigkeits­pflichten

Der (EU-)Gesetzgeber erhöht mit Transparenzpflichten und ESG-Pflichten für Finanzunternehmen den Druck auf Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle für den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft anzupassen. Andernfalls bleibt insbesondere das Pariser 1,5-Grad-Ziel unerreichbar. Auch öffentliche Un­ternehmen, das heißt Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung der öffentlichen Hand, unterliegen diesen Transparenzpflichten. Darüber hin­aus sollen sie bereits heute zu deutlich weitreichenderen Klimaschutz-Maßnahmen verpflichtet sein. Öffentliche Unternehmen werden damit zu transparenten Vorbildern bei der Entwicklung von Nachhaltigkeitsstrategien.

Transparenz gefordert

Wesentlicher Baustein der Dekarbonisierung und weiterer Nachhaltigkeitsziele ist die Transparenz. Die jüngst beschlossene Corporate-Sustainable-Reporting-Richtlinie (CSR-RL) erweitert und standardisiert die Unternehmens-Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit. Gleichzeitig werden mehr Unternehmen zu solchen Berichten verpflichtet. Es sind nicht mehr nur große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern berichtspflichtig. Vielmehr müssen schrittweise alle großen Unternehmen und auch kapitalmarktorientierte KMUs berichten. Die Unternehmen haben unter anderem dezidiert den „grünen“, das heißt Taxonomie-konformen Anteil ihrer Umsatzerlöse, Investitionen und Betriebsausgaben zu ermitteln und zu berichten.

Auch öffentliche Unternehmen sind von diesen Pflichten betroffen. Nach den Vorgaben der Bundes- und zahlreicher Landeshaushaltsordnungen müssen dabei alle öffentlichen Unternehmen wie ein großes Unternehmen den Jahresabschluss und Lagebericht aufstellen und prüfen lassen. Danach kommt es für die Nachhaltigkeitsberichtspflicht öffentlicher Unternehmen nicht auf die Größenkriterien an, die bei privaten Unternehmen entscheidend für die Auslösung der Berichtspflicht sind.

Durch die Transparenzpflichten wird der ESG-Status privater Unternehmen zum Wettbewerbsfaktor. Unmittelbare Dekarbonisierungspflichten ergeben sich daraus für diese Unternehmen nicht. Der deutsche Corporate Governance Kodex sieht insoweit vor, dass der Vorstand „auch ökologische Ziele“ in der Unternehmensstrategie berücksichtigen und die Unternehmensplanung auch „nachhaltigkeitsbezogene Ziele“ umfassen soll. Weitergehende Pflichten zum Beispiel zur Entwicklung konkreter Dekarbonisierungspläne will die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag für eine Corporate-Sustainability-Due Diligence-Richtlinie einführen. Diese Vorschläge gingen dem Europäischen Parlament nicht weit genug, dem Europäischen Rat jedoch bereits viel zu weit. Das Ergebnis der Trilog-Verhandlungen zwischen diesen drei Akteuren bleibt abzuwarten. Bis zu einer eindeutigen gesetzlichen Änderung bleiben private Unternehmen auf das Unternehmensinteresse verpflichtet, und das lautet primär: Steigerung des Unternehmenswerts.

Für öffentliche Unternehmen sieht es hingegen schon heute anders aus. Bereits nach seinem Daseinszweck kann ein öffentliches Unternehmen nicht allein den Unternehmenswert in den Blick nehmen. Eine staatliche Beteiligung ist nur zulässig, wenn damit ein wichtiges öffentliches Interesse verfolgt wird, die bloße Ertragssteigerung und Unterstützung der Staatsfinanzen reichen nicht aus. Konkret will der Bund nach dem Klimaschutzgesetz bei „seinen“ Unternehmen darauf hinwirken, dass sie ihre Verwaltungstätigkeit klimaneutral organisieren. Mittel der Wahl sind die Einsparung von Energie, die Erhöhung der Energieeffizienz, die Nutzung erneuerbarer Energien und die Wahl möglichst klimaschonender Verkehrsmittel sowie ein Verzicht auf Dienstreisen. Die Übernahme dieser Verantwortung, die ebenso für die Bundesverwaltung gilt, dürfte insbesondere die Umsetzung transparenter Strategien bei Gebäudesanierungen implizieren.

Zur Umsetzung seiner Hinwirkungspflicht hat der Bund im Jahr 2020 den Public Corporate Governance Kodex (PCGK) geändert, an den sich Beteiligungsunternehmen des Bundes halten sollen. Der PCGK verpflichtet zur Beachtung der Regelungen der „deutschen Nachhaltigkeitsstrategie“ und der „Sustainable Development Goals“. Gleichzeitig fordert die PCGK-Mustersatzung die Ergänzung des jeweiligen Unternehmenszwecks um die angemessene Berücksichtigung der „Grundsätze nachhaltiger Unternehmensführung“.

Gemäß PCGK-Muster-Geschäftsordnung für die Geschäftsführungen haben diese im Rahmen des (ergänzten) Unternehmenszwecks „für eine nachhaltige Unternehmensführung Sorge“ zu tragen und „insbesondere die klimaneutrale Organisation der Verwaltungstätigkeit der Gesellschaft“, insbesondere die Einhaltung von § 15 Abs. 3 Klimaschutzgesetz anzustreben.

Freiraum schaffen

Wie weit die öffentlichen Unternehmen mit der PCGK-Umsetzung sind, lässt sich zurzeit nicht zuverlässig feststellen. Nach der aktuellen Satzung der Deutschen Bahn wurde ihr Unternehmenszweck bislang nicht gemäß PCGK ergänzt. Die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele ist auch hier ein Prozess. Damit verbunden ist auch jeweils die Frage, ob sich die öffentlichen Unternehmen das ihnen aufzuerlegende Programm aus eigener Kraft erfüllen können.

Die gesetzlichen und politischen Vorgaben sprechen jedenfalls dafür, dass sich die öffentlichen Unternehmen dies leisten können sollten. Wie ihnen das gelingt, wird die neue Nachhaltigkeits- und PCGK-Berichterstattung zeigen. Umso wichtiger erscheint es, den Geschäftsführungen öffentlicher Unternehmen die notwendigen Freiräume zu schaffen, damit sie die Nachhaltigkeitsaufgaben ohne Zielkonflikte erfüllen können.

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