Aumann erhöht Aktienrückkaufangebot
Autozulieferer Aumann erhöht Aktienrückkauf
Geplanter Mittelabfluss trotz schwachem Auftragseingang und erwartetem Umsatzeinbruch – „Sehr solide finanzielle Basis“
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt
Es ist eine schwierige Zeit für deutsche Autozulieferer. Selbst ohne die Zoll-Volten, die US-Präsident Donald Trump schlägt, heißt es angesichts der schwachen Branchenkonjunktur: Geld zusammenhalten. Erst recht, wenn sich ein Unternehmen auf Elektromobilität spezialisiert hat, denn E-Autos erreichen längst nicht die in den vergangenen Jahren vorhergesagten Absatzzahlen. Da ist es schon überraschend, wenn ein relativ kleiner Zulieferer wie der Spezialmaschinen- und Anlagenbauer Aumann aus Beelen im Münsterland mit eine Marktkapitalisierung von rund 200 Mill. Euro ein Aktienrückkaufprogramm aufsetzt und dann noch den Rückkaufpreis erhöht. Dieser stieg von anfangs 12,37 Euro pro Stück in der abgelaufenen Woche auf 14,25 Euro – während die Aktienmärkte täglich erratische Bewegungen machen. Ein Aufschlag von 15% auf die erste Offerte, während sich die Lage der Autoindustrie seit der Ankündigung des Rückkaufangebotes am 14. März noch weiter eingetrübt hat, ist bemerkenswert.
Gesamtwert über 20 Mill. Euro
Den Aktionären wird der Rückkauf von bis zu 1.434.523 eigenen Aktien (etwa 10% des Grundkapitals) angeboten. Das heißt, dass sich der Gesamtwert des Rückkaufs zum erhöhten Preis auf 20,44 Mill. Euro belaufen wird, wenn das Kontingent ausgeschöpft wird. Die Frist für die Annahme des Angebots begann am 25. März und endet am 22. April.
Darüber hinaus hatten Vorstand und Aufsichtsrat beschlossen, knapp 905.000 eigene Aktien, die sich bereits im Bestand des Unternehmens befanden, zum Zwecke der Kapitalherabsetzung einzuziehen. Die Anzahl der Stückaktien hat sich damit von 15,25 Millionen Stück um fast 6% auf rund 14,35 Millionen verringert.
Noch Spielraum für M&A
Wie Aumann auf Anfrage mitteilt, habe man sich entschieden, einen Teil der über die letzten beiden Jahre aufgebauten Liquidität an die Aktionäre zurückzugeben. „Vor dem Hintergrund der soliden Substanz und des hohen Cashflows strebt Aumann mit dem Aktieneinzug und -rückkauf an, den Wert pro Aktie zu erhöhen“, heißt es. Gleichwohl verfüge Aumann auch nach Abschluss des Rückkaufs weiter über eine "sehr solide finanzielle Basis – mit ausreichend Spielraum für zukünftige M&A-Aktivitäten und strategische Investitionen“, wie die Investor Relations gegenüber der Börsen-Zeitung betont.
Der Hauptversammlung am 13. Juni wird eine Dividende von 0,22 (i.V. 0,20) Euro je Aktie vorgeschlagen. „Bei derzeit 14.345.231 dividendenberechtigten Stückaktien entspricht dies einem Gesamtbetrag von 3,2 (2,9) Mill. Euro.“ Auch diese Summe fließt also aus dem Unternehmen ab.
Zur Geschichte von Aumann
Ein Vorläufer der heutigen Aumann AG ist die Claas Fertigungstechnik GmbH, die von der Claas-Gruppe 1992 nach Beelen ausgelagert und 2012 an die MBB-Gruppe verkauft wurde. Der andere Vorläufer ist die 1936 gegründete Aumann GmbH, die 2015 Teil der MBB-Gruppe wurde. Kurz darauf erfolgte der Zusammenschluss der Aumann Winding and Automation Gruppe mit der Claas Fertigungstechnik GmbH (später: MBB Fertigungstechnik GmbH). 2016 erfolgte die Umfirmierung in Aumann AG. 2017 erfolgte der Börsengang; der Emissionspreis betrug 42 Euro. In den ersten Monaten nach dem Listing stieg der Kurs zeitweise auf über 90 Euro, was zur vorübergehenden Mitgliedschaft im SDax führte. Doch schon im Herbst 2017 begann ein langanhaltender Kursverfall. Die MBB SE ist bis heute Hauptaktionär (51,6%) von Aumann. Zu deren Kunden gehören Autobauer wie BMW, Daimler, Stellantis und die Volkswagen-Gruppe, Zulieferer wie Bosch, Continental und ZF sowie Industriekonzerne wie Siemens.
Zurückhaltende Investitionen in Elektromobilität
Dass die Aumann-Führung von der Ermächtigung der letztjährigen Hauptversammlung zum Erwerb eigener Aktien nun Gebrauch macht, wird auch mit dem „sehr erfolgreichen Jahr 2024“ begründet. Nach den Mitte März bekannt gegebenen vorläufigen Zahlen ist der Umsatz im Jahresvergleich um 7,9% auf 312,3 Mill. Euro gestiegen. Das operative Ergebnis (Ebitda) sprang um 73% auf 35,8 Mill. Euro, was einer Marge von 11,5 (7,1)% entspricht. Die Nettofinanzliquidität erreichte dank des Ergebnisses einen Höchststand von 138,2 Mill. Euro. Das Eigenkapital betrug den Angaben zufolge 201,7 Mill. Euro, woraus sich eine Eigenkapitalquote von 62% ergebe. So weit die positiven Nachrichten. Dann jedoch heißt es: „Aufgrund des schwierigen Umfeldes in der europäischen Automobilindustrie und zurückhaltender Investitionen in die Produktionskapazitäten für Elektrofahrzeuge in 2024 sank der Auftragseingang um 41,1% auf 200,1 Mill. Euro. Der Auftragsbestand reduzierte sich um 39,3% auf 184 Mill. Euro.“ Diese dramatischen Rückgänge wären für viele Unternehmen ein Grund, aus Vorsichtsgründen so wenig Geld wie möglich abfließen zu lassen.
„Erholungssignale im Jahresverlauf“
Die Umsatzprognose für 2025 ist wegen des Bestellrückgangs düster: Aumann rechnet mit einem Rückgang auf 210 Mill. bis 230 Mill. Euro. Selbst bei Erreichen des oberen Endes der Zielspanne entspräche dies einem Erlöseinbruch um gut 26%. Dagegen erwartet das Management eine „weiterhin starke Ebitda-Marge von 8 bis 10%“. Der Ausblick für die Branchenkonjunktur – „Im Jahresverlauf erwartet Aumann erste Erholungssignale in der Branche“ – erschien schon im März optimistisch, aus heutiger Sicht ist er mehr Wunsch als realistische Erwartung.
Von Ende 2023 bis Mai 2024 Aktienrückkauf durchgeführt
Der Anbieter von Fertigungsanlagen für die Serienproduktion vor allem elektrischer und hybrider, aber auch klassischer Fahrzeugantriebe hat noch junge Erfahrungen mit Aktienrückkäufen: Vom 22. November 2023 bis zum 13. Mai 2024 wurden insgesamt 463.281 Aktien zu einem Durchschnittskurs von 17,27 Euro mit einem Gesamtwert von 8 Mill. Euro (ohne Erwerbsnebenkosten) zurückgekauft.
Man kann darüber streiten, ob es ein gutes Geschäft für Aumann war – das Angebot sah vor, Aktien bis zu einem Preis von 20 Euro pro Stück über die Börse zurückzukaufen. Wegen des deutlich niedriger liegenden Durchschnittsrückkaufpreises hat das Unternehmen also für den vorgegebenen Kapitalrahmen von 8 Mill. Euro wohl mehr Aktien erhalten als vom Management erwartet worden war. Andererseits ist der Kurs seit Juni vorigen Jahres, als er bei knapp 19 Euro lag, auf Talfahrt gegangen. Im November erreicht das Papier mit 9,60 den tiefsten Stand seit Oktober 2020. Danach blieb die Aktie – bis zur Veröffentlichung des laufenden Rückkaufangebotes – in der Spanne von 10 bis 11 Euro. Insofern hätte Aumann noch deutlich günstiger Aktien zurückkaufen können als von Ende 2023 bis Frühjahr 2024.
Andienen oder halten?
Für die Anteilseigner von Aumann stellt sich die Frage, ob sie ihre Papiere zum erhöhten Preis von 14,25 Euro andienen sollen. Seit sechs Jahren bewegt sich der Kurs – von wenigen kurzzeitigen Ausreißern abgesehen – zwischen 10 und 19 Euro. Der Angebotspreis liegt also ziemlich genau in der Mitte dieser Spanne. Entscheidend dürfte sein, ob die Autoindustrie zumindest ihr Stimmungstief erreicht hat und die Zahlen, insbesondere im Elektroautoabsatz, Ende dieses bzw. Anfang nächsten Jahres wieder anziehen werden – dann sollte man die Aumann-Aktien halten. Oder ob die Branche in einer anhaltenden Krise steckt – dann wäre die Andienung ratsam. Verlässlich beantworten kann diese Frage leider niemand.