Autohändler-IPOs gehen in Serie
cru Frankfurt
Der Gebrauchtwagenhändler Aramis strebt gerade einen Börsengang an der Euronext in Paris an, der rund 500 Mill. Euro einbringen soll – das vierte IPO dieser Art in Europa im Jahr 2021. Investoren hoffen darauf, das der 700 Mrd. Euro schwere europäische Gebrauchtwagenhandel, der erst zu weniger als 2% online abläuft, zunehmend digitalisiert wird. Doch werden wohl nicht alle neuen Spieler den Konkurrenzkampf überleben.
Aramis plant beim IPO eine Kapitalerhöhung und will mit den neuen Aktien rund 250 Mill. Euro einsammeln. Laut Finanzkreisen sollen darüber hinaus bestehende Aktien in etwa gleichem Umfang angeboten werden. Mit dem frischen Kapital soll das Wachstum des Unternehmens finanziert werden.
Der Autokonzern Stellantis, der 2021 aus der Fusion von Fiat Chrysler in Italien und Peugeot in Frankreich hervorging, besitzt 70,5% der Anteile an Aramis und will im Rahmen des Börsengangs keine Aktien verkaufen. Die Aramis-Mitbegründer Nicolas Chartier und Guillaume Paoli gründeten das Unternehmen im Jahr 2001 und besitzen jeweils 13,9% der Anteile. Sie wollen auch nach dem Börsengang Ankeraktionäre bleiben und das Unternehmen leiten. Minderheitsaktionäre besitzen die restlichen 1,7%.
Federführend mit dem Börsengang beauftragt sind Morgan Stanley und Société Générale als Joint Global Coordinators – ergänzt um Crédit Agricole und Citigroup als Joint Bookrunners. Die Vorvermarktung hat am Donnerstag vor fünf Tagen begonnen.
Aramis hat in den vergangenen Jahren bereits mehrere Zukäufe in Spanien, Belgien und Großbritannien gestemmt. Im März 2021 übernahmen die Franzosen die britische Gebrauchtwagenplattform Carsupermarket.com. Schon 2017 war Aramis mit dem Kauf von Clicars in den spanischen Markt eingetreten und hatte 2018 die belgische Firma Cardoen erworben.
Milliardenumsatz wächst
Aramis hat im Geschäftsjahr bis zum 30. September 2020 mit dem Handel von 48000 Gebrauchtwagen einen Umsatz von 1,1 Mrd. Euro gemacht und strebt im Geschäftsjahr bis September 2021 einen Umsatz von mehr als 1,25 Mrd. Euro an. In dem Jahr bis September 2022 sollen es dann 1,5 Mrd. Euro sein. Die bereinigte Marge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll zwischen 2,7% und 2,9% liegen.
Als wichtigster vergleichbarer Konkurrent für Aramis wird der deutsche Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 Group genannt. Auto1 hatte im Februar einen Börsengang in Frankfurt mit einem Emissionsvolumen von 1,8 Mrd. Euro abgeschlossen. Zuletzt notierte die Aktie etwa 16% über dem IPO-Preis bei 44 Euro. Das entspricht einer Marktkapitalisierung von 9,3 Mrd. Euro.
Weniger ermutigend für Aramis ist jedoch, dass ein anderer deutscher Online-Autohändler, der Neuwagenanbieter Meinauto, seinen Börsengang mit geplanten 326 Mill. Euro Emissionserlös im Mai in letzter Minute auf unbestimmte Zeit abgesagt hat. Allerdings geschah dies inmitten eines globalen, vorübergehenden Ausverkaufs von Technologie-Aktien. Die Entscheidung wurde mit dem britischen Finanzinvestor Hg Capital gemeinsam getroffen.
Auch andernorts in Europa kommen neue Online-Autohändler an die Börse. In Großbritannien fusioniert gerade das britische Autohandels-Start-up Cazoo, das mit einer Wachstumsrate von 300% im Jahr 2021 die Marke von 1 Mrd. Dollar Umsatz erreichen will, mit dem an der US-Börse Nyse gelisteten Übernahmevehikel (Special Purpose Acquisition Company) Spac Ajax I zu einer Eigenkapitalbewertung von 8,1 Mrd. Dollar – obwohl der Markt dem Plan kühl gegenübersteht: Die Ajax-Aktien, die im Februar – vor der Ankündigung des Deals – einen Höchststand von 13,60 Dollar erreichten, notieren jetzt bei 9,90 Dollar und damit unter dem IPO-Preis des Spac von 10 Dollar. In Deutschland hatte Cazoo erst vor wenigen Monaten mit der Übernahme des Auto-Abo-Anbieters Cluno Schlagzeilen gemacht.
Bei der Fusion mit dem Spac Ajax soll der Bruttoerlös der Transaktion voraussichtlich bei rund 1,6 Mrd. Dollar liegen. 805 Mill. Dollar kommen laut Mitteilung direkt von Ajax I und 800 Mill. Dollar von weiteren Investoren, die neue Aktien kaufen. „Durch diesen Deal erhalten wir weitere Mittel in Höhe von fast 1 Mrd. Dollar, um unser Wachstum voranzutreiben“, sagte Cazoo-Chef Alex Chesterman, der das Unternehmen erst 2018 gegründet hatte.
Konkurrenz aus USA
Weitere Konkurrenten für europäische Online-Autohändler wie Aramis, Auto1 und Cazoo gibt es in den USA – darunter etwa die börsennotierte Carvana. Das Unternehmen aus Tempe in Arizona hat 2020 fast 6 Mrd. Dollar Umsatz gemacht. Ebenfalls aus den USA stammt der New Yorker Online-Gebrauchtwagenhändler Vroom.