Babbel büffelt Börsenvokabeln
cru Frankfurt – Die E-Learning-Plattform Babbel plant eine Notierung im Prime Standard der Frankfurter Börse mit einer Milliardenbewertung. Der Börsengang des Sprachlernanbieters aus Berlin soll noch 2021 erfolgen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Das Angebot umfasse „voraussichtlich“ neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung mit einem angestrebten Bruttoemissionserlös von mindestens rund 180 Mill. Euro.
Außerdem werde eine Mehrzuteilungsoption von „bestimmten veräußernden Aktionären“ bereitgestellt. Rund 40% der Anteile gehören den vier Gründern Toine Diepstraten, Lorenz Heine, Thomas Holl und Markus Witte, die das Unternehmen 2007 als Lesson Nine GmbH an den Start gebracht haben. Die übrigen 60% gehören fünf institutionellen Investoren, darunter die Internetdienste-Beteiligungsgesellschaft Kizoo Technology (früher Combots und inzwischen Atevia) aus Karlsruhe. Insidern zufolge könnte die Firma bei der Neuemission auf einen Wert von mehr als 1 Mrd. Euro kommen. Begleitet wird das IPO federführend von den Investmentbanken Morgan Stanley und BNP Paribas.
Mit dem Bruttoerlös will Babbel das Wachstum vorantreiben. „Wir denken, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt ist, um die Expansion zu beschleunigen“, sagte Finanzchefin Hermione McKee der Börsen-Zeitung. Aufgewachsen in Neuseeland, hatte McKee jahrelang für Goldman Sachs und Morgan Stanley in London gearbeitet, wechselte dann nach Berlin zu Hellofresh, war CFO bei dem Berliner Game-Start-up Wooga und beriet anschließend mehrere Start-ups, bevor sie im Januar den Posten als CFO bei Babbel übernahm.
Mehr Firmenkundengeschäft
Das Unternehmen will sein Firmenkundengeschäft und die Produktpalette ausbauen sowie neue Länder erschließen und mit dem US-Geschäft expandieren. „Dafür werden auch Unternehmenszukäufe angestrebt“, sagte McKee.
Babbel war in den 14 Jahren seit der Gründung lange vor allem für ihre Sprachlern-App bekannt und ging 2008 als kostenlose Beta-Version online. Spätestens seit der Coronakrise, die viele Schüler und Studenten an den heimischen Schreibtisch zwang, sind Lern-Start-ups gefragt. Mittlerweile bietet Babbel weitere Sprachlernangebote wie beispielsweise Lektionen zum Selbstlernstudium sowie virtuelle Gruppenkurse an.
Den Markt für das Erlernen von Fremdsprachen beziffert Babbel bis 2025 auf ein Volumen von mindestens 63 Mrd. bis knapp 94 Mrd. Euro. Im vergangenen Jahr hat Babbel nach eigenen Angaben 147 Mill. Euro erlöst – ausweislich Bundesanzeiger waren es 2019 rund 106 Mill. Euro. Ausführlichere Informationen soll es demnächst im Börsenprospekt geben. In den ersten sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres seien die Umsätze um 18% auf 83 Mill. Euro gestiegen. In Berlin und New York beschäftigt Babbel insgesamt 750 Angestellte.
Der Konkurrent Duolingo, der rund 40 Millionen aktive Nutzer monatlich zählt, ist im Juli mit großem Erfolg an die Wall Street gegangen und mit 6,5 Mrd. Dollar bewertet worden. Der US-Rivale kam im ersten Halbjahr 2021 auf einen Umsatz von gut 114 Mill. Dollar (96 Mill. Euro). Die Lernplattform Gostudent sammelte 205 Mill. Euro bei Investoren wie der japanischen Softbank und der chinesischen Tencent ein und wird seither mit mehr als 1,4 Mrd. Euro bewertet. „Wir stemmen den ersten Börsengang eines auf Bildung fokussierten Technologieunternehmens in Deutschland“, sagte CEO Arne Schepker.
Babbel beendet damit die Sommerpause an der Frankfurter Börse, vor der mehr als 15 Unternehmen in diesem Jahr den Sprung auf das Parkett geschafft und damit zusammen mehr als 9 Mrd. Euro eingesammelt hatten – so viel wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Dazu gehörten unter anderen der Funkturmbetreiber Vantage Towers, der Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 und der Online-Modehändler About You.
Kurse in 15 Sprachen
Unter der Marke „Babbel“ – abgeleitet vom hessischen Dialektwort für sprechen – bietet das Unternehmen in seiner App auf Abo-Basis Sprachkurse, Vokabel- und Rechtschreibtests in 15 Sprachen an. Zudem investierte Babbel bereits in eine Sprachreiseplattform und neue Lernmethoden wie Podcasts und Live-Tutoring-Klassen durch Muttersprachler. „Wir sehen auch großes Potenzial im Firmenkundengeschäft. Zudem wollen wir in den USA expandieren. Dort sind wir eins der wenigen Start-ups aus Deutschland, das dort erfolgreich ist“, sagte Schepker.