Bayer kassiert weitere Schlappe
ab Köln
Anders als erhofft rät der oberste Prozessvertreter der US-Regierung dem Supreme Court, die von Bayer beantragte Revision eines Glyphosat-Urteils (Hardeman-Fall) abzulehnen. Die finale Entscheidung über die Revision steht damit zwar noch aus, doch folgt der Oberste Gerichtshof in aller Regel den Empfehlungen des Solicitor General. Damit schwindet die Aussicht auf ein absehbares Ende der Klagewelle, die die Leverkusener seit Sommer 2018 in Atem hält.
„Wir sind weiterhin überzeugt, dass es gute rechtliche Argumente für den Supreme Court gibt, den Fall Hardeman zu überprüfen und das Urteil zu korrigieren“, erklärte Bayer und kündigte an, eine weitere Stellungnahme beim Obersten Gerichtshof einzureichen. „Es bleibt dabei, dass der Supreme Court letztlich entscheiden muss, ob er den Fall Hardeman annimmt, und er wird dafür die Stellungnahmen sämtlicher Parteien berücksichtigen.“
Zumindest die Investoren waren sich am Mittwoch einig, dass sich der Supreme Court an die Empfehlung hält. Zumal es das Gericht war, das den Solicitor General im Dezember in die Causa einband und eine Stellungnahme anfragte. Die Aktie, die sich am Vortag dank guter Geschäftszahlen an die Dax-Spitze gesetzt hatte, gab in der Spitze um 7,7 % nach.
Sorge vor neuen Belastungen
„Das ist ein herber Rückschlag für Bayer. In 90 % der Fälle folgt der Supreme Court den Empfehlungen des Solicitor General“, sagte Markus Manns, Portfoliomanager bei Union Investment. Bayer habe zwar erhebliche Rückstellungen für die noch offenen 30 000 Fälle und für zukünftige Klagen gebildet, dennoch sei die Unsicherheit deutlich gestiegen. Aufgrund der langen Latenzzeit von fünf bis zehn Jahren sei es wahrscheinlich, dass sich in den nächsten Jahren neue Fälle anhäuften und Investoren wieder mit negativem Newsflow wie Klagen, verlorenen Prozessen und Schadenersatzzahlungen konfrontiert würden, befürchtet Manns.
Der Entscheidung des Supreme Court kommt Signalwirkung zu. Für den nun unwahrscheinlicher gewordenen Fall, dass der Gerichtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben hätte, wären auch die Erfolgschancen für neue Klagen geschwunden. Zwar hat Bayer das Gros der anhängigen Klagen im Vergleichsweg abgearbeitet. Im Zentrum der Diskussion steht aber der Umgang mit möglichen künftigen Klagen. Einen für den Umgang mit diesen Klagen ausgearbeiteten Vergleich hatte das zuständige US-Gericht im vorigen Sommer zurückgewiesen. In der Folge hatte Bayer die Rückstellungen für die künftigen, noch nicht anhängigen Rechtsfälle um zusätzliche 4,5 Mrd. Dollar aufgestockt.
Mit einem positiven Urteil des Supreme Court im Rücken hatte Bayer gehofft, die Vorsorge wieder auflösen zu können. Zudem hatten die Leverkusener im Dezember auch eine härtere Gangart in den noch laufenden Vergleichsverhandlungen angekündigt. Ausweislich des Geschäftsberichts wurden bis Anfang Februar 107 000 der 130 000 anhängigen Klagen im Vergleichsweg beendet. Doch auch für den gegenteiligen Fall wähnt sich Bayer auf der sicheren Seite: „Wir haben absolut ausreichend vorgesorgt“, hatte Finanzchef Wolfgang Nickel bei der Bilanzvorlage gesagt. Die Kläger behaupten, das Herbizid Roundup aus den Laboren von Monsanto sei krebserregend, und machen Schadenersatz geltend. Bayer kontert mit zahlreichen Studien, die das Unkrautvernichtungsmittel als sicher einstufen.