Agrarhandelskonzern im Sanierungsprozess

Baywa kappt Geflecht zu Österreichs Waren- und Agrargenossen

Der um seinen Fortbestand kämpfende Agrarhandelskonzern Baywa löst erste Überkreuzbeteiligungen mit den Warengenossen in Österreich. Das könnte ein Schritt sein, die strategischen Beziehungen auf Dauer zu kappen.

Baywa kappt Geflecht zu Österreichs Waren- und Agrargenossen

Baywa kappt Geflecht zu Österreichs Agrargenossen

Münchner Krisenkonzern verkauft Anteil an RWA für 176 Mill. Euro

sck München

Nach der angekündigten Streichung von 1.300 Stellen in Deutschland beginnt der krisengeschüttelte Münchner Agrarhandelskonzern Baywa im Rahmen seiner Sanierung mit dem Abbau seines Beteiligungsgeflechts. Das trifft zunächst die langjährigen Beziehungen zu den österreichischen Agrar- und Warengenossenschaften. Damit dürfte das zum Genossenschaftssektor gehörende börsennotierte weiß-blaue Konglomerat einen ersten Schritt gehen, die Überkreuzbeteiligungen mit den Partnern aus der Alpenrepublik möglicherweise vollends zu lösen. Das hätte wiederum Rückwirkungen auf die Aktionärsstruktur und auf die Zusammensetzung des Vorstands der Baywa.

Wie die hochverschuldete und defizitäre Baywa wenige Tage vor dem Jahreswechsel ad hoc mitteilte, verkauft sie ihr Paket von 47,5% an der RWA Raiffeisen Ware Austria AG an ein Verbundunternehmen der genossenschaftlichen RWA Raiffeisen Ware Austria Handel und Vermögensverwaltung eGen, die bereits 50% an der Lagerhausgesellschaft mit Sitz im niederösterreichischen Korneuburg unweit von Wien hält.

Kaufpreis von 176 Mill. Euro

Die Bayern streichen für die Transaktion nach eigenen Angaben 176 Mill. Euro ein. Davon verwendet die Baywa 26 Mill. Euro dafür, einen Teil einer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der RWA zu tilgen.

Zum Wochenauftakt reagierten die Anleger auf die Nachricht wohlwollend. Im Xetra-Handel gewann die Aktie des einstigen SDax-Mitglieds zeitweise über ein Fünftel auf 11 Euro an Wert. Zum Vergleich: Vor einem Jahr, also vor Ausbruch der Krise, notierte das Papier noch bei über 30 Euro. Danach ging es für den Titel deutlich bergab.

Verhältnis löst sich auf

Mit der Ankündigung lockert sich eine seit 25 Jahren bestehende strategische Allianz zwischen beiden Warenverbundorganisationen. Der Baywa und der RWA wurde zuletzt nachgesagt, dass es keine überzeugenden Synergien in der Zusammenarbeit mehr gäbe. Der Rückkauf des Baywa-Anteils an der RWA ist für die Genossen im südlichen Nachbarland ein Kraftakt, geht es ihnen derzeit operativ auch nicht so gut. Österreichs Raiffeisen-Banken sind von der Baywa-Existenzkrise ebenfalls betroffen. Die Münchner sollen bei einigen Instituten des österreichischen Finanzverbunds mit insgesamt rund 200 Mill. Euro in der Kreide stehen. Der Finanzschuldenberg der Baywa betrug zuletzt 5,4 Mrd. Euro.

Die in Wien ansässige RWA-Schwestereinheit Raiffeisen Agrar Invest AG ist mit 28,1% noch zweitgrößter Einzelaktionär der Baywa. Größter Aktionär ist ein Beteiligungsvehikel der genossenschaftlichen Primärbanken in Bayern mit einem Anteil von 33,8%. Wie die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ berichtete, ist der langjährige RWA-Chef Reinhard Wolf Ende November von seinem Posten zurückgetreten. Er wollte 2025 in Pension gehen. Wolf, der am 17. Januar nächsten Jahres 65 Jahre alt wird, gehört seit 2013 auch dem Vorstand der Baywa an.

Von Rochaden im Baywa-Vorstand bisher verschont

Solange Österreichs Waren- und Kreditgenossen eine bedeutende Beteiligung an der Baywa halten, solange dürften sie noch Vertreter in das oberste Führungsorgan des bayerischen Konzerns entsenden. Angesichts der Rosskur bei der Baywa könnte sich das aber auf mittlere Sicht ändern.

Von den Änderungen im Baywa-Vorstand blieb Wolf bisher verschont. Wegen des Desasters bei der Baywa musste im Oktober der Vorstandsvorsitzende Marcus Pöllinger nach nur 19 Monaten Amtszeit gehen. Ende März kommenden Jahres verlässt der langjährige Finanzvorstand Andreas Helber das Unternehmen. Seit Anfang November führt faktisch der von den Gläubigerbanken und den genossenschaftlichen Eigentümern des Freistaats installierte Restrukturierungsvorstand Michael Baur den Konzern. Der Sanierungsfachmann kommt von Alix Partners.

Kapitalerhöhung von 150 Mill. Euro geplant

Die hohen Verluste der Baywa nagen an der Substanz. Deshalb will die Baywa ihr Eigenkapital erhöhen. Nach Unternehmensangaben sollen 2025 rund 150 Mill. Euro in bar durch Ausgabe neuer Aktien mit Bezugsrecht erlöst werden. Die beiden genossenschaftlichen Großaktionäre haben sich der Baywa zufolge „verpflichtet, dieses Volumen abzusichern“.

Die Baywa zählt rund 300 Finanzgläubiger. Zu den größten gehören die ebenfalls genossenschaftliche DZ Bank, die LBBW und die Unicredit-Tochter HypoVereinsbank. Die Banken verlängerten ihr Mitte August abgegebenes Stillhalteabkommen mit der Baywa bis Ende April 2025. Das heißt, sie verzichten bis dahin auf Zinstilgungen des Unternehmens. Die gewachsenen Zinsaufwendungen infolge gestiegener Marktzinsen waren ein wesentlicher Grund für die finanzielle Schieflage des Konzerns. Das Finanzergebnis ist seit Mitte 2023 tiefrot.

Frist bis Ende 2027

Baur will die Restrukturierung des Unternehmens bis Ende 2027 abschließen. Zu den Beteiligungen, die möglicherweise auch auf der Verkaufsliste stehen, gehören unter anderem die ebenfalls in Schieflage geratene Solar- und Windkraftanlagentochter Baywa r.e. (Beteiligung von 51%) sowie der neuseeländische Apfelplantagenbetreiber Turners & Growers.