Chinas Internetbehörde bremst Fahrdienst Didi aus
nh Schanghai
Chinas laufende Kampagne gegen führende heimische Technologiefirmen hat mit einem harten Durchgriff des Internetregulators beim frisch an die New Yorker Börse gekommenen Fahrdienstvermittler Didi einen neuen Höhepunkt erreicht. Nur wenige Tage nach dem Handelsstart der Didi-Aktie an der New York Stock Exchange wird der führende Fahrdienstanbieter im Reich der Mitte mit einem Verfahren der China Administration of Cybersecurity (CAC) konfrontiert, das schwere Beeinträchtigungen für Didi mit sich bringen dürfte.
Nachdem die CAC am Freitag bekannt gegeben hatte, dass Didi Gegenstand einer Untersuchung wegen möglicher Verletzung von Datensicherheitsregeln wird, zog die Behörde noch am Sonntag mit einer Verfügung nach, die Didi vorläufig daran hindern wird, neue Kunden in China zu gewinnen. So wurde die gegenwärtig von rund 350 Millionen Chinesen genutzte Didi-App mit sofortiger Wirkung aus den heimischen App-Stores entfernt, so dass für die Dauer des Untersuchungsverfahrens keine neuen Nutzer angezogen werden können. Didi betont, aktiv mit den Behörden zu kooperieren und mögliche Missstände anzugehen, sieht sich nun aber einem Verfahren gegenüber, das nach chinesischen Regularien mindestens 45 Tage in Anspruch nehmen wird und im Zweifelsfall auf 90 Tage ausgeweitet werden kann.
Kapitaler Schlag
Die Maßnahme ist ein kapitaler Schlag für den expansionshungrigen Börsenneuling, der vergangene Woche das bislang zweitgrößte Initial Public Offering (IPO) eines chinesischen Unternehmens in den USA mit einer Kapitalaufnahme von 4,4 Mrd. Dollar (knapp 3,7 Mrd. Euro) gestemmt hatte.
Die Aktie war am ersten Handelstag zwar furios gestartet, konnte letztlich aber nur einen Kursgewinn von 1% verbuchen. Während die Wall-Street-Anleger auf die Ankündigung der CAC-Untersuchung am Freitag nur mit mäßigem Schrecken reagiert hatten, dürfte der harte Durchgriff mit der App-Blockade nun jedoch als Schock ankommen, auf den die Aktie allerdings erst am Dienstag reagieren können wird, da die US-Börsen am Montag feiertagsbedingt geschlossen hatten. In den vergangenen Monaten waren eine ganze Reihe von chinesischen Technologieriesen ins Fadenkreuz der Regulatoren geraten, dabei wurde insbesondere der führende Onlinehändler des Landes Alibaba wegen Missbrauchs von Marktmacht zu einer Rekordstrafe in Höhe von 2,8 Mrd. Dollar verdonnert. Zwar hatten Analysten davor gewarnt, dass auch Didi wegen ihrer dominanten Marktposition im Fahrdienstgeschäft von den Marktregulatoren angegangen werden könne, das nun losgetretene Verfahren der CAC hat allerdings eine andere Dimension.
So rechtfertigt die Behörde ihr Vorgehen mit der Wahrung von Datensicherheit und beruft sich dabei einerseits auf Datenschutzbelange von chinesischen Verbrauchern, andererseits aber auch auf nationale Sicherheit mit Blick auf Didis gewaltigen Datenhort zu Mobilitätsaspekten von chinesischen Verbrauchern und der Wahrung von Datensouveränität. Dabei soll vor allem ein Zugriff von ausländischen Stellen auf Didi-Daten verhindert werden.
Zwei weitere Opfer
Marktteilnehmer vermuten allerdings, dass es Peking weniger um die Schließung von Datensicherheitslecks geht, sondern um eine symbolische Geste, die US-Anlegern verdeutlicht, dass die von ihnen hochgeschätzten chinesischen Techfirmen voll unter der Kontrolle der chinesischen Regierung stehen. Bezeichnenderweise hat die CAC am Montag neben Didi auch zwei weitere chinesische Techunternehmen, nämlich den Lkw-Frachtdienstvermittler Manbang (Full Truck Alliance) und die Jobvermittlungsplattform Kanzhun (Boss Zhipin), mit einer vergleichbaren Datensicherheitsprüfung konfrontiert und aus den chinesischen App-Stores verbannt. Sowohl Manbang als auch Kanzhun waren genau wie Didi erst kürzlich an die New Yorker Börse gegangen.