Ausblick

Chipmangel setzt Autobauern noch lange zu

Reuters Frankfurt – Hiobsbotschaft für die Autoindustrie: Die mit der Corona-Pandemie 2020 ausgebrochene Knappheit an Halbleitern wird nach Einschätzung der Unternehmensberatung Alix Partners auch 2024 noch die Produktion bremsen. Bisher gehen die...

Chipmangel setzt Autobauern noch lange zu

Reuters Frankfurt – Hiobsbotschaft für die Autoindustrie: Die mit der Corona-Pandemie 2020 ausgebrochene Knappheit an Halbleitern wird nach Einschätzung der Unternehmensberatung Alix Partners auch 2024 noch die Produktion bremsen. Bisher gehen die Autobauer und großen Zulieferer davon aus, dass die massiven Lieferprobleme im Laufe dieses Jahres nachlassen und 2023 verschwinden. „Anders als viele Marktbeobachter gehen wir davon aus, dass der Chipmangel auch 2024 noch herrscht“, sagt Alix-Partners-Berater Fabian Piontek zu einer am Dienstag veröffentlichten Studie.

„Wer eine frühere Entspannung schon im kommenden Jahr erwartet, übersieht, dass der Bedarf an Chips pro Fahrzeug steigt.“ Elektroautos, deren Produktion in den nächsten Jahren deutlich zunimmt, bräuchten etwa zehnmal so viele Chips wie Verbrennermodelle. Zudem investierten die Halbleiterproduzenten nicht in eine Erweiterung der Fertigung sogenannter analoger Chips wie sie die Autoindustrie dringend brauche, sondern entsprechend der hohen Nachfrage aus anderen Branchen vor allem in Mikrocontroller (MCU).

Der Halbleitermangel bremst seit vorigem Jahr die Automobilproduktion weltweit. Dadurch herrscht die für die Branche ungewöhnliche Lage, dass das Angebot an Neuwagen nicht mit der Nachfrage mithält. Das bleibt laut dem Experten Piontek vorerst noch so: „Die Automobilproduktion wird die Nachfrage erst 2025 wieder übersteigen.“

Die Chipkrise, eine schwächere Nachfrage in Osteuropa wegen des Ukraine-Kriegs und der Trend weg vom eigenen Auto hin zum Car-Sharing dämpfen der Studie zufolge die Erholung des europäischen Automarktes. Für 2022 sagen die Experten einen Absatz von knapp 16 Millionen Autos voraus. „In Europa wird der Pkw-Absatz in den kommenden Jahren nicht mehr das Rekordhoch von vor der Corona-Pandemie von rund 20 Millionen Fahrzeugen erreichen, sondern sich bei 18 Millionen einpendeln“, erwartet Piontek.

Stärkster Wachstumsmarkt mit einem erwarteten Plus von 7% jährlich bleibe der größte Automarkt China. Hier stehen die deutschen Autobauer – Volkswagen neben General Motors als Marktführer im Volumensegment und BMW, Mercedes und Audi dominant bei teureren Premiumwagen – aber vor einem Problem. „Bei Elektroautos sind die deutschen Hersteller spät dran und können nur schwer Fuß fassen“, sagt Piontek. Sie konkurrierten mit vielen lokalen Herstellern, die E-Autos bereits für weniger als 5000 Euro verkauften.

Skepsis zu Gewinnprognosen

Der Ausnahmezustand des knappen Neuwagen-Angebots bescherte den Autobauern einen kräftigen Gewinnanstieg, denn sie konnten bei starker Nachfrage höhere Preise durchsetzen. Die operative Umsatzrendite der 25 größten Automobilhersteller legte der Studie zufolge 2021 um gut zweieinhalb Prozentpunkte zum Vorjahr zu und übertraf damit den Zehnjahresschnitt von 10,3%.

Autoanalysten gehen nach Berechnung von Alix Partners im Schnitt davon aus, dass sich der Gewinn der Branche weltweit von 2021 bis 2023 auf 89 Mrd. Dollar verdoppeln wird. Der Hochlauf von E-Autos und sinkende Kosten stünden hinter den Prognosen. Piontek sieht das skeptisch: „Um das zu erreichen, müsste das Absatzvolumen deutlich steigen und sehr profitabel sein.“

Alix Partners macht keine Renditeprognose, gibt aber zu bedenken, dass Aufwand und Kosten in der Produktion belasten und hohe Investitionen in E-Autos anstehen. Für die nächsten fünf Jahren seien weltweit gut 500 Mrd. und in Europa knapp 100 Mrd. Dollar angekündigt – etwa doppelt so viel wie vor zwei Jahren.