Restrukturierung

Corona hinterlässt weniger Spuren als Finanzkrise

Die Firmen in den USA und Europa haben die Folgen der Pandemie bislang besser gemeistert als die Finanzkrise 2009. Diese Einschätzung vertritt die Mehrheit (56 %) der vom Sanierungsberater Alix Partners im April befragten...

Corona hinterlässt weniger Spuren als Finanzkrise

ab Köln

– Die Firmen in den USA und Europa haben die Folgen der Pandemie bislang besser gemeistert als die Finanzkrise 2009. Diese Einschätzung vertritt die Mehrheit (56 %) der vom Sanierungsberater Alix Partners im April befragten Restrukturierungsexperten. Hauptgrund für diese Entwicklung sei der verbesserte Zugang zu Liquidität gewesen. Das zumindest geben 80% der befragten Berater, Banker und Anwälte an. Unterstützt wurde diese Entwicklung von umfangreichen staatlichen Stützungsmaßnahmen, aber auch vom niedrigen Zinsniveau. Die gute Nachricht dabei: In Europa wird sich daran nach Einschätzung von mehr als einem Drittel der Befragten in den kommenden Monaten nichts ändern.

Dennoch sind die Sanierungsexperten weit davon entfernt, Entwarnung zu geben. Im Gegenteil: 96 % der Befragten gehen davon aus, dass die Pandemie ihre Kunden in diesem Jahr in Bedrängnis bringen wird. Mehr als jeder Dritte rechnet sogar damit, dass die Hälfte der Kunden, die sich 2020 eine Finanzierung gesichert haben, Ende des Jahres wieder in finanziellen Nöten steckt.

Und wenngleich Deutschland im internationalen Vergleich bislang besser davongekommen ist, hat die Krise auch in den Bilanzen deutscher Firmen Spuren hinterlassen. So hat sich hierzulande die aggregierte Verschuldung aller Firmen außerhalb des Finanzsektors nach Angaben von Alix Partners im dritten Quartal 2020 auf fast 2,15 Bill. Euro erhöht, im Vergleich zu Ende 2019 ist das ein Zuwachs um 5 %. Hinzu kommt der Finanzbedarf für den Wiederaufbau des Working Capital, den die Sanierungsexperten auf 60 Mrd. Euro beziffern. Der Handlungsdruck verdoppelt sich also, müssen die Firmen doch nicht nur die gestiegene Verschuldung abbauen, sondern gleichzeitig das Wiederanlaufen des Geschäfts finanzieren.

Dadurch steige der Druck, neben ergebnisverbessernden Maßnahmen auch die Kapitalproduktivität zu steigern. „Dieses wird aber nicht immer ausreichen, so dass auch strukturelle Maßnahmen wie die Verschlankung des Produkt-Portfolios oder die Anpassung der Wertschöpfungstiefe und darüber hinaus Transaktionen zum Verkauf von Assets zur Liquiditätsgenerierung eingesetzt werden“, sagt Karsten Lafrenz, Managing Director bei Alix Partners.

Von einer drohenden Insolvenzwelle, die im vergangenen Jahr in aller Munde war, wird jedoch nicht mehr ausgegangen. „Das Risiko einer Zombie-Blase schätze ich gering ein. Viele Unternehmen haben sich parallel zur Finanzierung an die Lösung der grundlegenden Probleme gemacht“, sagt Axel Schulte, Global Co-Head für den Bereich Turnaround und Restrukturierung bei Alix Partners, und verweist auf die zahlreichen staatlichen Stützungsmaßnahmen, die sich hierzulande positiv auf die Lage vieler Unternehmen auswirkten.

Ähnlich sieht das der Bundesverband der Insolvenzverwalter. Allerdings sieht der Berufsverband die Gründe hierfür auch in der nachlassenden Gründungsdynamik in Deutschland. Diese stehe in direktem Zusammenhang mit dem Insolvenzgeschehen.

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