Trübe Aussichten auf europäischem Lastwagenmarkt
Trübe Aussichten auf europäischem Lastwagenmarkt
Daimler Truck erkennt keine Signale für Entspannung – In Nordamerika und für Busse dagegen fast ausgebucht
jh München
Die Lkw-Industrie kämpft mit der schwachen Nachfrage in Europa. Zur erhofften Belebung im zweiten Halbjahr kommt es nicht. Die Lage habe sich sogar verschlechtert, sagte Martin Daum, der Vorstandsvorsitzende von Daimler Truck, auf der IAA Transportation in Hannover. „Wir sehen auch überhaupt keine Entspannung aufs erste Halbjahr nächstes Jahr.“
Daum ist noch bis Ende dieses Monats CEO des Lkw- und Busherstellers. Seine Nachfolgerin Karin Rådström, die bisher im Vorstand für die Marke Mercedes-Benz Lkw verantwortlich ist, ergänzte in einer separaten Pressekonferenz, die Situation in Europa sei ziemlich herausfordernd: „Vor allem der deutsche Markt ist am Boden.“ Als Marktführer hierzulande treffe dies Daimler Truck stärker als einige Wettbewerber.
„Marktanteil nicht an erster Stelle“
Rådström betonte die Bedeutung der Preisdisziplin in einer solchen Situation. Als Teil des Daimler-Konzerns sei es für Mercedes-Benz Trucks wichtig gewesen, Marktführer zu sein. Seit der Abspaltung des Nutzfahrzeuggeschäfts stehe die Profitabilität mehr im Mittelpunkt. Dazu gehöre auch eine Ausrichtung auf ertragreiche Service-Angebote und attraktive Kundensegmente. „Der Marktanteil ist nicht irrelevant, steht aber nicht an erster Stelle der Schlüsselkennzahlen.“
„Das Jahrzehnt des Busses“
Im Gegensatz zu Europa sei die Nachfrage nach Lkw in Nordamerika weiterhin sehr gut, berichtete Daum. „Wir gehen mit der gleichen Geschwindigkeit ins nächste Jahr und sind fast ausgebucht fürs nächste Jahr.“ Für das im Vergleich mit Lastwagen kleinere Busgeschäft gelte dies ebenfalls: „Wir sind bis weit ins nächste Jahr ausgebucht“, sagte er. Das Unternehmen erwäge sogar, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. „Wir sprechen inzwischen vom Jahrzehnt des Busses.“ In der Krise während der Corona-Pandemie habe Daimler Truck weiter in Busse investiert und profitiere davon nun mit guten Produkten.
Auf der Messe zeigt der Konzern unter anderem den E-Actros 600. Der Elektro-Lkw ist das neue Flaggschiff von Mercedes-Benz für den Fernverkehr. Die Serienfertigung soll Ende November im Werk in Wörth bei Karlsruhe beginnen. Dass es seit dem Verkaufsstart Ende 2023 schon 2.000 Bestellungen gebe, sei mehr, als sie zu diesem Zeitpunkt erwartet habe, sagte Rådström. Denn die meisten Kunden hätten die Fahrzeuge noch nicht in ihrer Flotte testen können.
Mehr als 1 Million Kilometer
Kunden schätzten die Reichweite von 500 Kilometern mit einer Batterieaufladung. Das sei für die Hälfte des europäischen Fernverkehrs ausreichend. Die Lithium-Eisenphosphat-Batterie sei auch nach mehr als 1 Million Kilometer noch in einem guten Zustand. Für Flottenbetreiber werde der E-Actros 600 trotz des höheren Anschaffungspreises profitabel sein. Um die Elektromobilität voranzubringen, kommt es aus Rådströms Sicht vor allem auf eines an: „Die Ladeinfrastruktur ist noch der größte Engpass und wird die größte Herausforderung sein.“