Von Anna Perucki, Frankfurt

Der Wechsel an der Spitze von Siemens hatte sich bereits 2019 angekündigt, so dass die Münchener den Übergang sanft gestalten konnten. Im März 2021 wurde mit Joe Kaeser eine der prägendsten Persönlichkeiten des Konzerns verabschiedet. Über 40 Jahre hatte er im Dienst des Unternehmens gestanden, davon sieben als CEO. Roland Busch (57) wurde zu Kaesers Nachfolger.

Auch andere Wechsel an den Dax-Konzernspitzen verliefen geräuscharm. Bereits im April 2020 wurde beschlossen, dass RWE-CFO Markus Krebber (48) im Mai 2021 die Nachfolge von CEO Rolf Martin Schmitz antreten soll. Im September 2020 wurde mit Michael Müller (50) auch ein neuer Finanzvorstand gefunden. Schmitz und Krebber hatten zuvor gemeinsam die Weichen gestellt, um den Kohlekonzern zu einem Unternehmen mit Schwerpunkt auf erneuerbare Energien umzubauen. Auch Wettbewerber Eon wechselte den Chef. Seit April leitet Leonhard Birnbaum (54) den Konzern. Seine Beförderung wurde schon Ende 2020 verkündet.

Bei Merck gibt es indes nicht bloß einen neuen CEO, sondern die erste alleinige Dax-Konzernchefin. Im Mai übernahm Belén Garijo (61) den Geschäftsleitungsvorsitz von Stefan Oschmann, der das Unternehmen nach zehn Jahren – davon fünf als Vorstandschef – verlassen hat. Auch dieser Wechsel hatte sich abgezeichnet, denn Garijo war im Juli 2020 stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsleitung geworden.

Einen überraschenden Wechsel gab es bei Beiersdorf. Nach nur zwei Jahren gab Stefan De Loecker den Posten des Vorstandschefs auf. Vincent Warnery (52) übernahm im Mai das Ruder. Der Vertrag des Franzosen wurde hierbei um fünf Jahre bis Januar 2027 verlängert. Dabei hatte es zuletzt Spekulationen über ein Ausscheiden Warnerys gegeben.

Mehr Aufruhr gab es zum Jahresende bei den im Herbst fusionierten Konzernen Vonovia und Deutsche Wohnen. Zunächst sollten die beiden CEOs ein Führungsduo bilden. Vonovia-Chef Rolf Buch (56) sollte CEO bleiben und Deutsche-Wohnen-Boss Michael Zahn (58) als stellvertretender Vorstandschef fungieren. Vor wenigen Tagen folgte dann die dicke Überraschung: Zahn erklärte seinen Verzicht auf den Einzug in den Vorstand und kündigte seinen Abschied an. An der Spitze des Finanzressorts steht derweil der Deutsche-Wohnen-CFO Philip Grosse (51), während Helene von Roeder (51), die bisher die Vonovia-Finanzen verantwortet hatte, ein neu geschaffenes Ressort leiten wird.

Derweil hat Heinz-Jürgen Bertram (63), der seit mehr als zehn Jahren den Duft- und Aromenhersteller Symrise lenkt, seinen Vertrag vorzeitig verlängert – wenn auch nur um drei Jahre. Somit zeichnet sich ein Ende der Ära Bertram ab. Unter seiner Leitung hat sich Symrise mit Akquisitionen breiter aufgestellt. Zudem gelang im September nach 14 Jahren MDax-Zugehörigkeit der Aufstieg in den Dax.

Auch in der Riege der Finanzvorstände wurde im Dax auf Stabilität gesetzt. So bleibt etwa Ralf Thomas (60) Siemens als CFO erhalten. Der Aufsichtsrat ignorierte in diesem Fall sogar die Regelaltersgrenze für Vorstände und verlängerte den Vertrag bis 2026. Bei Volkswagen folgte Arno Antlitz (51) im April Frank Witter, der seinen Ende Juni ausgelaufenen Vertrag nicht verlängern wollte. Antlitz galt als Wunschkandidat von CEO Herbert Diess, dessen Vertrag im Juli bis Oktober 2025 verlängert wurde. Bei Puma ist seit Juni Hubert Hinterseher (42) für die Finanzen verantwortlich. Er löste Michael Lämmermann ab, der nach 28 Jahren beim Sportartikelkonzern in den Ruhestand ging.

Von März 2022 an fungiert beim Online-Modehändler Zalando Sandra Dembeck als Finanzchefin. Der bis dahin amtierende CFO David Schröder wird neuer COO. Nach Personalchefin Astrid Arndt, die im April in den Vorstand aufstieg, ist Dembeck die zweite Frau in der auf sechs Personen erweiterten Konzernleitung. Zalando-Co-CEO Rubin Ritter hatte das Unternehmen im Juni verlassen. Mit dem Aufstieg in den deutschen Leitindex im September hat Brenntag ein bereits 2012 formuliertes Ziel erreicht. Doch kaum im  Dax, kehrt CFO Georg Müller dem Chemielogistiker den Rücken – „aus persönlichen Gründen“, wie es heißt. Nachfolgerin Kristin Neumann wurde kurz vor Weihnachten ernannt.

Einige Monate früher als geplant – sein Vertrag lief bis Mai 2022 – verabschiedete sich der 61-jährige Lorenz Näger Ende August beim Baustoffhersteller Heidelberg Cement. Als neuer CFO wurde René Aldach (42) berufen. Und vor wenigen Tagen wurde das Continental-Eigengewächs Katja Dürrfeld (49) mit sofortiger Wirkung zur Finanzvorständin und Nachfolgerin von Wolfgang Schäfer ernannt, der im Zusammenhang mit Ermittlungen zum VW-Dieselskandal abberufen wurde.

Über diese bereits vollzogenen oder bevorstehenden Personalwechsel hinaus haben einige Dax-Konzerne bereits neue CEOs angekündigt, deren offizieller Dienstantritt 2022 oder gar 2023 ansteht. So wird Sanjiv Lamba (57) im März 2022 für Steve Angel (66) bei Linde das Steuer übernehmen. Produktionsvorstand Jochen Hanebeck soll im April 2022 bei Infineon auf Vorstandschef Reinhard Ploss folgen.

Verlängert wurden die Verträge von Deutsche-Bank-CEO Christian Sewing (51), Niklas Östberg (41) und Emmanuel Thomassin (52), CEO und CFO von Delivery Hero, Hellofresh-CEO Thomas Griesel (34), Munich-Re-Chef Joachim Wenning (56), Munich-Re-CFO Christoph Jurecka (47) und Telekom-Konzernchef Tim Höttges (59). Wenn Höttges seinen neuen Vertrag erfüllt, wird er 15 Jahre an der Spitze des Bonner Riesen gestanden haben. Eine solche „Amtszeit“ hat im Dax Seltenheitswert. Von den derzeitigen Dax-Chefs können nur Symrise-Chef Bertram sowie Deutsche-Post-CEO Frank Appel (60) eine ähnlich lange Amtsperiode vorweisen. Appels Abschied ist allerdings schon absehbar, denn der CEO wird im Mai 2023 vom bisherigen Post-Paket-Deutschlandchef Tobias Meyer (47) abgelöst werden.