Corporate Finance AwardDie Preisträger (6) Digitales

DeepL verdoppelt Unternehmenswert dank präziser Übersetzungen

Das Kölner Start-up DeepL muss sich im Rennen um den milliardenschweren Übersetzungsmarkt gegen US-Tech-Giganten wie Google, Microsoft und OpenAI behaupten. Trotz der finanziellen Übermacht der Konkurrenz haben Investoren im vergangenen Jahr eine große Wette auf die Jungfirma abgeschlossen.

DeepL verdoppelt Unternehmenswert dank präziser Übersetzungen

Corporate Finance Award: Die Preisträger (6) Digitales

DeepL überzeugt Investoren mit KI-Übersetzungen

Namhafte Geldgeber bewerten Kölner Übersetzungs-Start-up mit 2 Mrd. Dollar – Kampf gegen Big Tech womöglich bald auf dem Börsenparkett

Das Kölner Start-up DeepL muss sich im Rennen um den milliardenschweren Übersetzungsmarkt gegen US-Tech-Giganten wie Google, Microsoft und OpenAI behaupten. Trotz der finanziellen Übermacht der Konkurrenz haben Investoren im vergangenen Jahr eine große Wette auf die Jungfirma abgeschlossen.

Es ist die klassische „David gegen Goliath“-Geschichte, die dem Kölner Übersetzungs-Start-up DeepL in den vergangenen Jahren viel Aufmerksamkeit eingebracht hat: 2017 aus dem Übersetzungsdienst Linguee heraus entstanden, hat es die damals nur wenige Mitarbeiter zählende Firma mit niemand Geringerem als der übermächtigen Big-Tech-Konkurrenz aus den USA aufgenommen. Google sowie Microsoft boten zu dem Zeitpunkt schon längst einen eigenen Übersetzungsdienst und waren an der Börse je um die 600 Mrd. Dollar wert.

Dennoch war die Überraschung groß, als sich das Tool von DeepL in der Fachwelt schnell als überlegen herausstellte. „Eine deutsche KI übersetzt besser als Google & Co“ titelte etwa die Wissensplattform „Springer Professional“. „Die KI von DeepL übertrumpft häufig die von Google“, hieß es in einem Artikel der Universität Straßburg. Und auch Anfang dieses Jahres kam die Übersetzungs-Plattform Centus in einer Meta-Analyse zu dem Schluss, dass DeepL „fast alle anderen Übersetzungslösungen“ übertrifft.

Start-up sitzt auf Datenschatz

Als wichtiger Grund für die hohe Präzision der DeepL-Übersetzungen gilt das Online-Wörterbuch Linguee. Es enthält Milliarden von Übersetzungen, mit denen die Software der Kölner gefüttert und trainiert wurde. Linguee kam bereits 2009 auf den Markt. Der heutige DeepL-CEO und -Gründer Jaroslaw Kutylowski startete 2012 als Technikchef bei dem Kölner Unternehmen.

Jaroslaw Kutylowski ist Mitgründer und CEO von DeepL. Der in Polen geborene Informatiker könnte das Start-up laut Medienberichten womöglich schon in diesem Jahr an die Börse bringen.
Quelle: DeepL

Rund fünf Jahre später hob der in Polen geborene Informatiker DeepL als Nachfolgeunternehmen von Linguee aus der Taufe. Der Firmenname ist eine Abkürzung für „Deep Learning“, womit ein Teilbereich des maschinellen Lernens gemeint ist. Dabei geht es darum, die komplexen Entscheidungsstrukturen des menschlichen Gehirns zu simulieren. Dazu nutzt DeepL sogenannte neuronale Netzwerke, die selbstständig und auf Basis des Linguee-Datenschatzes lernen, wie man grammatikalisch korrekt übersetzt. Dabei helfen auch menschliche Experten, die Sprachmodelle von DeepL zu verbessern.

Auf Wachstumskurs

Die Technologie hat den Kölnern in den vergangenen Jahren kräftiges Wachstum beschert. Sowohl 2021 als auch 2022 verdoppelte sich der Umsatz – zuletzt auf etwa 55 Mill. Euro. Mittlerweile nutzen weltweit mehr als 200.000 Unternehmen, Behörden und andere Organisationen die Übersetzungstools von DeepL. Von anfangs etwa 20 Köpfen hat sich das Team auf über 1.000 Mitarbeitende vergrößert.

Ein Teil davon kam im Nachgang der jüngsten Finanzierungsrunde dazu. Im Mai 2024 hat DeepL bei namhaften Wagniskapitalgebern wie Index Ventures aus London und Iconiq Growth aus San Francisco 300 Mill. Dollar eingesammelt. An der Runde beteiligte sich auch der Venture-Arm des kanadischen Lehrer-Pensionsfonds OTPP – einem der größten Pensionsfonds der Welt. Die Kölner wurden bei dem Deal, für den sie den Corporate Finance Award der Börsen-Zeitung in der Kategorie „Digitales“ erhalten, mit 2 Mrd. Dollar bewertet. Das entsprach einer Verdoppelung im Vergleich zur vorherigen Finanzierungsrunde, die Anfang 2023 zustande kam.

Index-Investor Danny Rimer lobte DeepL im Zuge des jüngsten Deals für die „sehr durchdachte“ Entwicklung innovativer KI-Produkte. Aus seiner Sicht ist der Erfolg darin begründet, dass Kutylowski und das DeepL-Team „die Forschung und den kommerziellen Erfolg stets gleichermaßen bedenken“.

Unabhängigkeit als Ziel

Index Ventures ist unter anderem bekannt für Investitionen in den kalifornischen Bürochat-Anbieter Slack sowie in die israelische Cybersicherheitsfirma Wiz. Beiden Unternehmen war jeweils ein milliardenschwerer Verkauf an große US-Tech-Konzerne gelungen: Slack ging Ende 2020 für 28 Mrd. Dollar an den US-Cloudsoftware-Anbieter Salesforce, Wiz soll demnächst für 32 Mrd. Dollar von Google übernommen werden. Für beide Tech-Konzerne handelt es sich um die größte Übernahme der Firmengeschichte.

Wie viel Geld Google nun für DeepL bieten müsste, wollte Kutylowski in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ vergangenes Jahr zwar nicht beantworten. Der Online-Marketing-Plattform OMR erklärte der CEO einige Monate später aber, dass sich sein Unternehmen „eigentlich unabhängig ganz gut“ fühle. Deswegen ziehe er auch einen Börsengang für DeepL in Betracht. Das Online-Magazin „Sifted“ berichtete Anfang April unter Berufung auf Insider, dass das Start-up diesen Schritt schon Ende dieses Jahres oder im kommenden Jahr gehen könnte.

Von Karolin Rothbart, Frankfurt

Bislang erschienen:
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