Beim DB-Schenker-Verkauf wird es ernst
Deutsche Bahn macht mit Schenker-Verkauf Ernst
Deal fürs zweite Halbjahr angepeilt – Konzernverlust von über 2,3 Mrd. Euro – DB Cargo bleibt Problemfall – Finanzschulden deutlich gestiegen
ahe Berlin
Die Deutsche Bahn ist im vergangenen Jahr deutlich in die roten Zahlen gerutscht. Vor Zinsen und Steuern summierte sich der Verlust 2023 auf 964 Mill. Euro, was eine Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr von rund 2,2 Mrd. Euro bedeutete. Unter dem Strich stand sogar ein Jahresverlust von 2,35 (0,23) Mrd. Euro. Im operativen Geschäft schrieben alle Sparten bis auf den Energiebereich und die auf der Verkaufsliste stehende Logistiktochter Schenker rote Zahlen.
Zum Verlust trugen erneut DB Cargo mit knapp 500 Mill. Euro sowie der Netzbereich mit sogar 1,1 Mrd. Euro bei. Hier machten sich die hohen Investitionen in die Modernisierung des Schienennetzes bemerkbar. Verschiedene Streiks drückten das Ergebnis um etwa 200 Mill. Euro. Zugleich erhöhten sich auch die Nettofinanzschulden des Konzerns um 5 Mrd. auf jetzt fast 34 Mrd. Euro.
Vorstandschef Richard Lutz verwies bei der Bilanzvorlage in Berlin auf „das größte und umfassendste Investitionsprogramm seit der Bahnreform 1994“, das gemeinsam mit dem Bund beschlossen worden war und über das nun insbesondere die Schieneninfrastruktur erneuert wird. Dank der starken Aufstockung der Haushaltsmittel könne die Bahn nun in einem ersten Schritt rund 30 Mrd. Euro zusätzlich investieren, betonte Lutz.
Der Konzern hatte 2023 aus Eigenmitteln den Rekordbetrag von rund 7,6 Mrd. Euro netto und damit 16% mehr als im Vorjahr investiert. Die Bahn war dabei in Absprache mit der Bundesregierung mit mehr als 1 Mrd. Euro bei der Schienenmodernisierung in Vorleistung gegangen. Das Geld soll in diesem Jahr an das Unternehmen zurückfließen und ist im Bundeshaushalt für 2024 auch schon eingestellt. Allerdings muss dafür erst einmal das Bundesschienenwegeausbaugesetz grünes Licht vom Bundesrat bekommen. Für 2024 hat die Bahn Nettoinvestitionen von über 11 Mrd. Euro in Planung.
Ergebnis erholt sich 2024
Insbesondere die Ablösung der Vorleistungen durch den Bund soll das Ergebnis 2024 wieder deutlich verbessern: Der Staatskonzern kündigte ein positives operatives Ergebnis von über 1 Mrd. Euro an. Der Umsatz, der 2023 um 13% auf 45,2 Mrd. Euro zurückgegangen war, soll sich wieder auf rund 47 Mrd. Euro erhöhen.
Beim Verkauf der internationalen Speditionstochter DB Schenker wird es in den nächsten Monaten ernst. Nachdem der Konzern Ende 2023 einen Bieterprozess gestartet hatte, hatten sich nach Angaben von Finanzvorstand Levin Holle mehr als 20 Interessenten gemeldet. Diese sollen in den nächsten Tagen weitere Finanzinformationen erhalten. Das Bewerberfeld soll vor der Due-Diligence-Phase dann noch einmal deutlich verkleinert werden. Holle rechnet mit einem Abschluss im zweiten Halbjahr. Der Vollzug der Transaktion finde allerdings nicht mehr 2024 statt, betonte er am Donnerstag.
Auch Schenker muss 2023 operativ Federn lassen
Analysten taxieren den Wert von Schenker auf einen niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag. Die Bahn will einen Großteil des Verkaufserlöses in den Schuldenabbau stecken. Schenker ist im DB-Konzern der aktuell wichtigste Ergebnislieferant. Allerdings musste auch die Logistiktochter 2023 Federn lassen: Das operative Ergebnis sank auf 1,1 (i.V. 1,8) Mrd. Euro, da sich insbesondere die hohen Frachtraten mit Abebben der Corona-Pandemie wieder normalisiert haben. Holle verwies darauf, dass Umsatz und Ergebnis von Schenker aktuell dennoch deutlich über dem Vor-Corona-Niveau lägen.
Ein Problemfall im Konzern blieb auch im vergangenen Jahr die Schienengüterverkehrstochter DB Cargo, die einen operativen Verlust von rund 500 Mill. Euro verbuchte. Wann das Unternehmen schwarze Zahlen schreiben soll, ließ der DB-Vorstand offen. Derzeit läuft ein EU-Beihilfeverfahren, da sich Brüsseler Wettbewerbshüter daran stoßen, dass die Cargo-Verluste immer vom Konzern ausgeglichen werden. Der Konkurrenz-Verband „Die Güterbahnen“ kritisierte am Donnerstag: „Die DB Cargo ist ohne den Tropf zur Staatskasse seit Jahren nicht lebensfähig.“ Das für den gesamten Bahn-Konzern typische Kernproblem sei fehlende Produktivität, die im wettbewerbsintensiven Schienengüterverkehr offenbar immer noch durch nicht kostendeckende Preise kaschiert werde.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kritisierte, die Zahlen der Bahn seien aus wirtschaftlicher Sicht „natürlich nicht zufriedenstellend“. Endlich massiv in die Infrastruktur zu investieren, sei dennoch der richtige Weg. Die Menschen erwarteten schließlich wieder verlässliche und pünktliche Züge. Im Fernverkehr waren 2023 nur noch 64% der Züge pünktlich. Für dieses Jahr peilt der Konzern eine Verbesserung auf 70% an.
Stärkerer Fokus auf Kosten
Wissing betonte, die Bahn müsse künftig „deutlich effizienter mit den Mitteln umgehen“. Finanzvorstand Holle räumte ebenfalls ein, man werde künftig „anders mit Kosten und Ressourcen umgehen“. Dazu werde man nach und nach den Konzern mehr automatisieren, standardisieren und digitalisieren. Erste Effizienzprogramme seien schon gestartet worden. Die auch durch Tarifabschlüsse stark gestiegenen Kosten ließen keine andere Wahl.