Deutsche Konzerne sichern sich Rohstoffe
md/ste/jh Frankfurt/Hamburg
– „Die Transformation kommt voran. Unsere Industrie investiert, um künftig klimaneutral zu produzieren“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei seinem Besuch in Kanada. Die Vereinbarungen seien nicht nur ein wichtiger Schritt für das Stärken der Wirtschaftsbeziehungen, sondern auch für eine zukunftsfähige, nachhaltige Energieversorgung.
Eon und Uniper wollen von 2025 an in großem Stil klimaneutral hergestellten Wasserstoff, der in der Chemikalie Ammoniak gebunden ist, aus Kanada nach Deutschland importieren. Damit soll die Dekarbonisierung vorangetrieben werden. Die Energiekonzerne hätten mit dem kanadischen Projektentwickler Everwind Fuels entsprechende Absichtserklärungen am Rande der deutsch-kanadischen Regierungsgespräche unterzeichnet, teilten die Unternehmen übereinstimmend mit. Die beiden deutschen Versorger strebten jeweils die Abnahme von jährlich bis zu 500 000 Tonnen grünem Ammoniak aus Everwinds Produktionsanlage in der Ortschaft Point Tupper in Nova Scotia (Neuschottland, eine Provinz an der Atlantikküste Kanadas) an. Die Anlage „befindet sich in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium und wird voraussichtlich Anfang 2025 den kommerziellen Betrieb aufnehmen“, teilte Eon mit. Sie werde weltweit eine der ersten sein, um bis 2025 grünes Ammoniak bereitzustellen, hieß es weiter.
Ammoniak ist eine chemische Verbindung von Stickstoff und Wasserstoff und lässt sich leichter transportieren als reiner Wasserstoff.
Über die finanzielle Größenordnung der angestrebten Verträge wurde zunächst nichts bekannt. Eon sieht in der Versorgung des deutschen Mittelstandes mit Wasserstoff einen künftigen Wachstumsmarkt. Uniper will weltweit Wasserstoff beschaffen, transportieren und an Kunden liefern – vor allem in Europa.
Batterien im Mittelpunkt
Eine Grundsatzvereinbarung zur Batterie-Wertschöpfung und Rohstoffabsicherung unterzeichneten in Toronto Volkswagen und die kanadische Regierung. Demnach wollen beide Seiten prüfen, welchen Beitrag das zweitgrößte Land der Erde zu den Batterielieferketten von Europas größtem Autobauer leisten kann. Eine zentrale Rolle soll die Anfang dieses Jahres gegründete Konzerngesellschaft Powerco übernehmen, die in den Aufbau des globalen Batteriegeschäfts bis 2030 rund 20 Mrd. Euro investieren will. Das Batterieunternehmen in Salzgitter treibe die geplante Zusammenarbeit bei Batteriewertschöpfung, Rohstofflieferketten und Kathodenmaterialproduktion in Nordamerika voran, hieß es.
Für die Entwicklung einer nachhaltigen Batterieproduktion soll die Zusammenarbeit von Powerco mit Kanadas Bergbausektor intensiviert werden. Ein Schwerpunkt der Kooperation soll in der Versorgung mit kritischen Rohstoffen wie Lithium, Nickel und Kobalt liegen. Im Raum stehen dem Vernehmen nach Beteiligungen an kanadischen Minen und Minenbetreibern. Im Rahmen eines Gemeinschaftsunternehmens mit Powerco könnten Volumen und Preise langfristig gesichert werden.
Der VW-Konzern sieht den Hochlauf des Batteriegeschäfts als weiteren Beleg für seine Wachstumsstrategie in Nordamerika an. In den USA, wo die Wolfsburger 2021 nach etlichen Jahren aus der Verlustzone kamen und wo nun mit vollelektrischen Fahrzeugen versucht wird, bis 2030 den Marktanteil von rund 4% auf 10% zu steigern, plant VW, nach der 2022 startenden E-Autoproduktion in Chattanooga auch eine eigene Batteriezellenfertigung zu errichten. Mögliche Produktionsstandorte würden derzeit geprüft. Bis Ende des Jahrzehnts strebt der Konzern mit mehr als 25 batterieelektrischen Modellen das umfassendste E-Fahrzeugangebot in Nordamerika an.
Kooperation mit Rock Tech
Auch Mercedes-Benz will sich mit Kooperationen in Kanada Zugang zu Rohstoffen wie Kobalt, Lithium, Nickel, Graphit, Mangan und Kupfer sichern. Das Unternehmen erwartet, dass mit dem Hochlauf der Elektromobilität die Nachfrage nach solchen Rohstoffen stark steigen wird. Die mit der kanadischen Regierung unterzeichnete Absichtserklärung umfasse aber die ganze Wertschöpfungskette – bis zur Produktion und zum Recycling, teilte Mercedes-Benz mit. Ein Ansatzpunkt ist eine Zusammenarbeit mit dem deutsch-kanadischen Start-up Rock Tech Lithium. Im Rahmen der geplanten Partnerschaft, die 2026 beginnen soll, beabsichtige Rock Tech, im Jahr bis zu 10000 Tonnen Lithiumhydroxid für Batteriezellen an Mercedes-Benz und die Partner des Konzerns zu liefern. In Guben (Brandenburg) baut Rock Tech derzeit eine Anlage.