Deutsche Post im ESG-Dschungel
ab Düsseldorf
– Mit Treibhausgasemissionen (THG) von jährlich 39 Mill. Tonnen bringt es die Gruppe Deutsche Post DHL auf einen ebenso großen Ausstoß wie die Schweiz. Dass das auf Dauer nicht so bleiben kann, steht für Finanzchefin Melanie Kreis außer Frage – und das nicht erst seit gestern, wie sie in ihrer Keynote anlässlich des 70. Jubiläums der Börsen-Zeitung in Düsseldorf sagte. „Das Interesse der Investoren beschränkt sich schon lange nicht mehr ausschließlich auf finanzielle Performance und KPIs“, sagte Kreis. Vielmehr rücke zunehmend in den Vordergrund, „ob und wie Unternehmen zur Bewältigung gesellschaftlicher Probleme beitragen und welchen ESG-Risiken sie ausgesetzt sind“.
Bedauernswert sei allerdings, dass die verschiedenen ESG-Reporting-Standards und Richtlinien häufig überarbeitet, verbessert und angepasst würden, so dass mittlerweile „ein Wildwuchs an Standards“ entstanden sei, der die Vergleichbarkeit häufig sehr erschwere. Linderung verspreche der grüne Standardsetzer International Sustainability Standards Board (ISSB), der kürzlich seine Arbeit in Frankfurt aufgenommen hat. Vorschusslorbeeren will Kreis jedoch nicht verteilen: „Ich fürchte, das ist ein weiter Weg.“
Bei dem Bonner Logistikkonzern, der mehr als 320 Flugzeuge und über 112 000 Fahrzeuge unterhält, kommt dem Klimaaspekt naturgemäß eine große Bedeutung bei. Dabei hat sich die Deutsche Post zum Ziel gesetzt, die logistikbezogenen THG-Emissionen bis 2050 auf netto null zu senken. Bis 2030 sollen die Emissionen auf 29 Mill. Tonnen reduziert sein. Dafür werden zusätzlich 7 Mrd. Euro für nachhaltige Technologien und Kraftstoffe in die Hand genommen. Der Anteil an nachhaltigen Kraftstoffen in Luft- und Seefracht sowie im Straßenverkehr soll bis zum Ende der Dekade bei über 30 % liegen, 60 % der Fahrzeuge sollen auf Elektromobilität umgestellt und alle Neubauten im Eigenbesitz klimaneutral gestaltet sein.
Klare Strategie entscheidend
Allerdings ginge es auch an der Realität vorbei, die ESG-Thematik auf das E (Environment) zu beschränken. Denn mit 590 000 Beschäftigten weltweit ist die Post der elftgrößte private Arbeitgeber. Entsprechend kommt dem S, das für Soziales steht, eine vergleichbar große Bedeutung zu, wie Kreis deutlich machte. Vergleichbares gilt für das Thema Governance, betreibt der Weltkonzern seine Geschäfte doch in 220 Ländern und Territorien, so dass „gute Compliance entscheidend“ ist.
Angesichts dieser Dimensionen wird schnell klar, dass die Steuerung des „gelben Riesen“ aus Bonn heraus alles andere als trivial ist; insbesondere, wenn es um die grüne Transformation geht. Denn auf diesem Weg müssen nach Möglichkeit alle Beschäftigten mitgenommen werden. Aus Sicht von Kreis ist dabei entscheidend, dass es „eine sehr klare Strategie gibt, die nicht jedes Quartal angepasst wird“. Daher umfassen die Strategiepläne des Konzerns einen Zeitrahmen von fünf Jahren, bauen laut Kreis immer aufeinander auf und bleiben in ihren Kernelementen unverändert.
„Bis das, was wir im Posttower in Bonn kommunizieren, beim Zusteller in Argentinien ankommt, vergeht einige Zeit. Da kann man nicht gleich die nächste Welle lostreten“, veranschaulichte die Managerin.
Umgekehrt gelte es aber auch Leitplanken aufzustellen. „Wir sind sehr klar, welche Dinge aus G-Perspektive nicht verhandelbar sind.“ Der Konzern habe Grundwerte, die global anzuwenden und im internen Code of Conduct wie auch dem Supplier Code of Conduct niedergeschrieben seien. Das zu kontrollieren, sei nicht überall einfach. In „herausfordernden Ländern“ würden daher gezielt Audits durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Leitplanken auch eingehalten werden. Bei den grünen Themen stehe dagegen die Priorisierung der einzelnen Maßnahmen ganz oben auf der Agenda.