DVFA-Umfrage

Diversity nur selten Thema in Investoren­gesprächen

Gleichstellung und Vielfalt nimmt viel Raum ein in der öffentlichen Debatte, für Investoren ist es im Dialog mit Unternehmensvertretern kein Thema, das ausgiebig erörtert wird.

Diversity nur selten Thema in Investoren­gesprächen

swa Frankfurt – Diversität ist inzwischen für viele institutionelle Investoren ein Anlagekriterium, im Austausch mit den Emittenten wird das Thema aber oft noch totgeschwiegen. Das geht aus einer Umfrage des Investorenverbands DVFA bei seinen Mitgliedern hervor.

Eine diverse Zusammensetzung der Unternehmensgremien spielt in der Unternehmensanalyse und für Investitionsentscheidungen für etwa die Hälfte der Befragten eine Rolle. Für ein Fünftel der Investment Professionals ist Vielfalt in Vorstand und Aufsichtsrat ein herausgehobenes Thema, bei dem sie Standards setzen, die über die gesetzlichen Vorgaben und die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex hinausgehen.

Der Kodex gibt diesbezüglich noch sehr allgemeine Empfehlungen. So soll der Vorstand bei der Besetzung von Führungsfunktionen im Unternehmen auf Diversität achten, dieser Anspruch wird genauso dem Aufsichtsrat für die Zusammensetzung des Vorstands an die Hand gegeben. Der Aufsichtsrat wiederum soll nach den Kodex-Vorgaben für seine Zusammensetzung konkrete Ziele benennen, ein Kompetenzprofil für das Gremium erstellen und dabei ebenfalls auf Diversität achten. Hier haben einige Investoren in ihren Guidelines schon ausgeklügeltere Vorgaben mit Blick auf Vielfalt. So äußerten in der DVFA-Umfrage auch gerade mal 11% der Portfoliomanager, dass ihnen für die Investmententscheidung die Akzeptanz gesetzlicher Vorgaben und Kodex-Empfehlungen ausreicht.

Befragt nach dem Spektrum an Vielfalt sehen mehr als zwei Drittel der Befragte das Geschlecht als wesentliches Kriterium für Diversität. Knapp 70% halten Herkunft/Internationalität für bedeutsam, 56% die Ausbildung und 53% das Alter. Für lediglich 16% steht die soziale Herkunft, für 3% andere Diversitätsdimensionen im Vordergrund. In ihren Kommentaren zu den Antworten auf diese Frage hätten die Beteiligten insbesondere auf die Bedeutung der Qualifikation der Personen für ihre jeweilige Aufgabe hingewiesen, die wesentliches Kriterium für die Beurteilung sei.

Wenig offene Kritik

Gegenstand von Diskussionen mit Emittentenvertretern sind diese Aspekte nur selten. So wird das Thema „unzureichende Diversität“ von knapp der Hälfte der Befragten (48%) im Investorendialog überhaupt nicht zur Sprache gebracht, auch wenn sie die Heterogenität der Führungsgremien eines Unternehmens für unzureichend halten. Nur 17% der Investment Professionals weisen das Management oder die Investor-Relations-Verantwortlichen dagegen aktiv auf das Thema hin. Weitere 34% erwähnen diesen Punkt im Investorengespräch eher am Rande.

Für knapp die Hälfte (48%) der DVFA-Mitglieder sind die Vertreter der Investor-Relations-Abteilungen in den Unternehmen die bevorzugten Ansprechpartner für das Thema. Gut ein Drittel (35%) sucht das Gespräch mit dem CEO oder einem anderen Vorstandsmitglied. Der Aufsichtsratsvorsitzende wird damit zur von nur 15% der Befragten behelligt.

Gespalten ist das Bild, ob Investoren detaillierte Forderungen zur Diversität stellen sollten. Ein Fünftel (21%) der befragten Investment Professionals meint, Investoren sollten konkrete Anforderungen an eine diverse Zusammensetzung der Führungsgremien in ihre Anlage- und/oder Abstimmungsrichtlinien aufnehmen. Wichtig sei es, eine Nivellierung bestehender Nachteile anzustreben. Gut ein Drittel spricht sich zwar ebenfalls für eine Aufnahme von Anforderungen aus, doch sollten diese ihrer Meinung nach eher unkonkret bleiben. 42% lehnen die Aufnahme ab.

Beleuchtet wird in der Umfrage auch, welche Instrumente für sinnvoll gehalten werden, um Diversitätsanforderungen stärker in das Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen einzubringen. Mehr Informationen und Transparenz der Portfoliogesellschaft hinsichtlich Di­versität wünschen sich 58% der Befragten. Ausführlichere Lebensläufe fordert ein Viertel, etwa ebenso viele halten weitere Informationen nicht für notwendig.

Breites Spektrum

Der Blick in den Spiegel bringt ebenfalls ein breites Spektrum zutage. Auf die Frage nach der Diversität in den Führungsgremien des eigenen Arbeitgebers antworteten 27%, Diversität sei angemessen berücksichtigt, 24% erkennen Bestrebungen, um die Heterogenität zu erhöhen – inklusive einer dazu gehörigen Strategie. Lediglich Absichten, aber bisher eher nur Absichtserklärungen sehen 20%. Gar keine Motivation zur Erhöhung der Diversität in der Unternehmensführung erkennen immerhin 30% der Befragten in ihren Unternehmen.

„Unternehmensanalysen und Investitionsentscheidungen, wie sie die Investment Professionals des DVFA tagtäglich vornehmen und treffen, basieren auf weit mehr als der Prüfung von Unternehmenskennzahlen“, fasst Michael Schmidt, Mitglied des DVFA-Vorstands, die Ergebnisse zusammen. Die Bewertung eines Unternehmens sei eng verknüpft mit dessen Governance, die auch an Diversitätskriterien gemessen werde. Das zeige die Befragung, selbst wenn sie im Investorendialog nicht im Vordergrund zu stehen scheine.