Energieversorger der Stadt Wien in Not
Reuters Wien – Österreichs größter regionaler Energieversorger, Wien Energie, fordert wegen der Strom- und Gaskrise vom Bund ein Hilfspaket in Milliardenhöhe. Wie viel Geld tatsächlich wann benötigt werde und weshalb es überhaupt zu dieser akuten Notlage gekommen ist, sei noch unklar, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). „Im Raum sind 2 Mrd. Euro an Soforthilfe gestanden und 6 Mrd. insgesamt“, sagte er. Der Bund sei bereit zu helfen und verfüge über die notwendigen Instrumente. Es müssten aber noch Details mit der Stadt Wien verhandelt werden. Vor allem gilt es zu klären, ob Wien Energie Spekulationsgeschäfte betrieben hat und damit den Versorger von Österreichs Hauptstadt in die Bredouille gebracht hat.
Wien Energie, die im Eigentum der Stadt Wien steht, versorgt zwei Millionen Privathaushalte und 230000 Unternehmen im Großraum Wien. Das Unternehmen hält gemeinsam mit dem niederösterreichischen Versorger EVN einen Anteil von 25% an Österreichs größtem Stromkonzern Verbund. Die Notlage der Firma war am Wochenende bekannt geworden. Das Geschehen bringt auch die von der sozialdemokratischen SPÖ geführte Stadtregierung unter Druck.
Am Dienstag dürften vorerst keine Gelder fließen. „Wir wurden heute Vormittag von Finanzstadtrat Hanke informiert, dass es heute keine Notwendigkeit gibt, aber es könnte sein, dass es morgen so weit ist“, sagte Brunner. Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) sagte, man könne derzeit keine Prognose für die nächsten Tage abgeben. Den Vorwurf der Börsenspekulation wies der Stadtpolitiker zurück. „Wichtig ist, es geht um keine Verluste, es geht nur um Liquidität, die zur Verfügung gestellt wird“, sagte Hanke. Das Unternehmen sei gesund, und die Versorgung der Kunden sei sichergestellt.
Grund für die Schieflage dürften Termingeschäfte an den Strombörsen sein. Kritisiert wird unter anderem, dass die Wien Energie dreimal so viel Strom verkauft habe, wie sie selbst im Jahr produzieren könne. Wien-Energie-Aufsichtsratchef Peter Weinelt sieht nach eigenen Worten kein Managementversagen. Er verwies auf die Verdoppelung des Strompreises innerhalb eines Tages. Die Firma benötige die Gelder, um zukünftige Lieferverträge (Futures) für den Bezug von Strom an internationalen Energiebörsen zu sichern. Diese Kautionen seien mit dem Strompreis stark gestiegen. Eine derartige Situation könnte auch für andere Energieversorger existenzbedrohend sein, sagte Weinelt. Das Unternehmen selbst wies Medienberichte zurück, insolvent zu sein.
Rettungsschirm gesucht
Die gestiegenen Strompreise machen Energiefirmen in ganz Europa schwer zu schaffen. Andere österreichische Versorger würden aber keine Unterstützung benötigen, sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Der Verbund-Konzern wies Gerüchte über Liquiditätsprobleme zurück. Branchenvertreter fordern einen Rettungsschirm für alle heimischen Versorger, wie ihn etwa Deutschland gespannt hat. Laut Brunner würde dieses Instrument im Fall der Stadt Wien nichts bringen. „Der Vergleich hinkt“, sagte der Minister, denn spekulative Geschäfte wären auch in Deutschland nicht abgedeckt.