Ericsson stärkt Cloud-Geschäft mit Milliardenzukauf
hei Frankfurt – Ericsson blättert 6,2 Mrd. Dollar für den US-Konzern Vonage hin und wagt damit die bisher größte Übernahme in der Unternehmensgeschichte. Mit dem Zukauf will der schwedische Telekomausrüster sein cloudbasiertes Angebot ausbauen, von dem er sich insbesondere Wachstumsimpulse für das Entreprise-Geschäft erhofft. Damit weicht Ericsson die von CEO Borje Ekholm als Nachfolger von Hans Vestberg seinerzeit festgelegte strategische Ausrichtung auf das unmittelbare Kerngeschäft mit Netztechnik wieder auf. Die Anleger reagierten irritiert und stuften die B-Aktie des Unternehmens in Stockholm um bis zu 5% zurück.
Vonage-Titel kletterten an der Nasdaq um ein Viertel auf 20,48 Dollar und blieben damit minimal unter der Offerte von Ericsson, die auf 21 Dollar in bar lautet. Das Vonage-Management unterstütze die Transaktion, teilten die Schweden mit. Ericsson erwartet, dass sich der Deal ab 2024 positiv auf das Ergebnis je Aktie und den Free Cash-flow auswirken wird. Am langfristigen Ziel einer operativen Marge (Ebitda) von 15 bis 18% hält die Unternehmensführung fest. Der Telekomausrüster will Vonage künftig als eigenständige Sparte unter bisherigem Namen führen, um möglichen Friktionen auf der Kundenseite soweit als möglich vorzubeugen. CEO Rory Read soll in den Ericsson-Board einziehen.
Vonage, die vier Fünftel ihrer Erlöse über die cloudbasierte „Vonage Communication Platform“ generiert, zählt den Angaben zufolge weltweit 120000 Kunden, darunter den Dax-Riesen Bayer. Zuletzt setzte Vonage im Quartal 358 (318) Mill. Dollar um Das bereinigte Ebitda lag im gleichen Zeitraum bei knapp 51 Mill. Dollar. Im gesamten Geschäftsjahr per Ende September hat der Pionier von Internettelefonie (Voice over IP) Einnahmen von 1,4 Mrd. Dollar verzeichnet. Vonage hatte vor kurzem versucht, das alte Kerngeschäft zu verkaufen, gab den Versuch jedoch auf, weil kein zufriedenstellender Preis erzielt werden konnte.
Ericsson, die Transaktion in der ersten Jahreshälfte 2020 abschließen will, rechnet mit „Wachstumssynerien“ von umgerechnet 400 Mill. Dollar bis 2025 und „einigen Einsparungen“. Der Nokia-Rivale, der im Kerngeschäft früher als die Finnen von der globalen Nachfrage nach 5G-Netztechnik profitiert hatte, läuft nach Einschätzung von Analysten nun bald wieder in eine Phase schwächeren Wachstums hinein. Ericsson setzte im dritten Quartal 56 Mrd. skr (5,57 Mrd. Eruo) um und fuhr ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 8,8 Mrd. skr ein.
Um weitere Segmente jenseits des Kerngeschäfts vor allem in der Digitalsparte anzuschieben, hatte Ericsson bereits im vergangenen Jahr den IoT-Anbieter Cradlepoint übernommen. Diesen Zukauf hatten sich die Schweden 1 Mrd. Dollar kosten lassen.
Konzernchef Borje Ekholm unterstrich, dass die Erweiterung des Portfolios im Hinblick auf eine als Cloud Service angelegte Kommunikationsplattform (PaaS) insbesondere von steigenden Investitionen in Netze der vierten und fünften Generation profitieren werde. „Vonage ist eine Plattform, die unserer Kunden dabei unterstützt, ihre Investitionen in die Netze zu monetarisieren“, so Ekholm. Diese komme auch der Entwickler-Comunity zugute und werden Kunden aus der Telekommunikationsbranche zu neuen Erlösströmen verhelfen. Darüber hinaus sei die Plattform geeignet, die Digitalisierung auf zahlreichen Feldern voranzutreiben, beispielsweise in Telemedizin und bei virtuellen Bildungsangeboten, aber ebenso im Bereich Gaming sowie Augmented Reality und nicht zuletzt beim autonomen Fahren.
Wertberichtigt Seite 6